Mit Christus durchs Leben

Das Kirchenjahr  in Lesungen für das christliche Volk

Herausgegeben 1934 von Mönchen des Benediktinerstiftes Maria Einsiedeln

Verlag Otto Walter A. G. Olten/Schweiz 

Die Veröffentlichung aus diesem Buch wurde mir mit gütiger Erlaubnis von Abt Martin, der Wallfahrtsleitung, aus dem Kloster Einsiedeln/Schweiz, genehmigt.

Das heilige Fronleichnamsfest.

 

Philosophie des Kreuzes

 

Gelobtes Land

 

Das hochheilige Osterfest

 

Palmsonntag

 

Verklärung und Heiligung

 

Aschermittwoch

 

Donnerstag nach Aschermittwoch

 

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Die Feste der Heiligen

 

 

Verklärung und Heiligung

Zweiter Fastensonntag.

Das Bild der Verklärung Christi im heutigen Sonntagsevangelium (Matthäus 17,1-8) wird uns zum Trost gereichen und zuversichtlich stimmen, wenn die harte Arbeit der Fastenübungen uns müde machen will. Am Ende der vierzig Tage steht der auferstandene Christus in herrlich verklärter Gestalt als glorreicher König der Ewigkeit.

 

Am Ende unserer menschlichen Erdentage, dieser langen Fastenzeit, steht die eigene Verklärung, wenn wir uns derselben würdig gemacht haben durch ein vollkommenes Leben. Die Verklärung wird nur den Vollkommenen zuteil, denjenigen, die im Stande der Heiligmachenden Gnade diese Welt verlassen.

 

Der heilige Apostel Paulus spricht darum heute ernst zu uns über die Pflicht zum Streben nach immer größerer Tugend und Vollkommenheit: "Brüder! Wir bitten und ermahnen euch im Herrn Jesus: Wandelt so, wie ihr von uns gelernt habt, zu wandeln und Gott wohlzugefallen, auf dass ihr immer vollkommener werdet. Ihr wisst ja, welche Gebote ich euch im Auftrage des Herrn Jesus gegeben habe. Das ist eben der Wille Gottes, eure Heiligung!... Führwahr, Gott hat uns nicht zur Unlauterkeit berufen, sonder zur Heiligung, in Christus Jesus, unserm Herrn." Die Heiligkeit der Seele ist notwendige Voraussetzung für die Verklärung des Leibes.

 

Bei Christus auf dem Berge Tabor durchbrach der Glanz der Gottheit die leibliche Hülle und durchleuchtete das körperliche Gewand der Sterblichkeit. (Matthäus 17,1-8)

Verklärung ist ein Durchscheinen des Geistes durch den Leib. Nur ein ganz reiner Geist, eine ganz mit Gott geeinte menschliche Seele wird eine ähnliche Kraft in sich haben. Nicht die äußere Übungen der Abtötung und der Aszese sind deshalb ausschlaggebend, sonder die geistige Gesinnung.

 

Schon in diesem Leben strahlt oft das Seelische, das Geistige durch die äußere Gestalt. Wie man aus den Augen die Sünde und das böse Gewissen eines Menschen erkennen kann, so offenbart sich auch der seelische Friede, die reine Ruhe, der kindliche Frohsinn in der körperliche Erscheinung, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Nach der Auferstehung des Fleisches wird das in viel höherem Maße der Fall sein. Denn dann setzt der Leib der Seele keine Grenzen mehr. Dann entscheidet allein die Heiligkeit des Lebens, die Vollkommenheit, die wir erreicht. Das bedeutet für die Auserwählten unbegreifliche Glückseligkeit, für die Verdammten ewige Schande und Qual.

 

Darum lohnt sich ernste Fastenarbeit an unserer Seele. Bei Christus, dem Verklärten ist gut sein, wenn man selber der Verklärung würdig ist.

 

Das wirksamste Mittel aber, um dahin zu gelangen, ist die tägliche Vereinigung mit dem verherrlichten Christus im Opfer der heiligen Messe und in der heiligen Kommunion. Das Glück der täglichen Eingliederung in Christus, den Verklärten, muss leuchten aus unseren Augen und aus unserem ganzen Tun!

 

 Wir beten mit dem Psalmisten: "Ich will nachsinnen über Deine Gebote, die ich innig liebe, will aufheben meine Hände zu Deinen Geboten, die ich liebe."

 

 

 

 

 

Gebet

Donnerstag nach Aschermittwoch

 

Neben der äußeren Abtötung unseres  sündhaften Lebens sollen die kommenden Wochen, mehr als die übrige Zeit des Kirchenjahres, dem Gebet geweiht sein. Die heilige Kirche gibt uns jeden Tag eigene Lesungen und Wechselgesänge für den Liturgischen Gottesdienst, während sonst oft im Laufe der Woche die Messgebete des Sonntags wiederholt werden. Schon in den ersten Jahrhunderten der Kirche wurde in der Fastenzeit häufiger das heilige Opfer gefeiert als sonst. Nicht bloß am Sonntag, auch Montag, Mittwoch und Freitag versammelte sich die gläubige Gemeinde. Allmählich erhielten dann auch die anderen Tage ihre eigene Liturgie.

Heute reden fast alle Texte des Messbuches vom Gebet. Der Psalmist hat es an sich erfahren, wie gerne der Herr unser Flehen erhört. Darum die Aufforderung: "Wirf deine Sorgen auf den Herrn, und er wird dich ernähren."

Noch deutlicher zeigt sich die Wirkung des guten Gebetes in der Lesung. Königlag krank danieder: da erschien der Prophet Jesaja im Auftrag Gottes, um ihn den bevorstehenden Tod anzukündigen. Der König aber begann mit aller Inbrunst zu beten: "Gedenke, wie ich vor Dir, o Herr, in Treue wandelte und wie ich tat, was gut in Deinen Augen ist!" Und der Herr erbarmte sich über den König und schenkte ihm weitere fünfzehn Lebensjahre.

Auch unser Gebet wird viel erreichen, wenn wir mit ganzem Herzen beten, und wenn auch wir nicht bloß mit Worten dem lieben Gottdienen, sondern auf unser reines, gewissenhaftes Leben hinweisen können.

So viele Leute meinen, mit dem Beten sei's getan. Der liebe Gott aber schaut viel mehr auf die Werke als auf die Worte.

Wenn wir während der kommende Fastenzeit treu an uns Arbeiten und uns alle Mühe geben, zu bessern, was wir bisher gefehlt, dann dürfen wir mit Zuversicht beten. Um so mehr, als wir nicht erst einen weiten Weg zum Heiland zu gehen haben, wie der Hauptmann im Evangelium, der für seinen Knecht die Gesundheit erfleht. Jeden Tag weilt Christus, der Sohn des allmächtigen Gottes, unter uns, gibt Sich für uns und unser Heil hin im unblutigen Opfer des Neuen Bundes, hält bei uns trotz der Unwürdigkeit Einkehr in der heiligen Kommunion: da muss doch unser Gebet wie Weihrauch aufsteigen aus unserer Seele. Beim Opfergang tragen wir vor allem unser Gebet an den Altar: "Zu Dir, o Herr, erhebe ich meine Seele; mein Gott, auf dich vertraue ich. Alle, die Dich erwarten, sie werden nicht zu Schanden." Die beste Waffe gegen die Nachstellungen des bösen Feindes, der in dieser heiligen Zeit uns mit vermehrter Macht angreifen wird, ist das Gebet.

Darum lehre uns beten, o Herr!  

 

Buße

Aschermittwoch

 

In der alten Kirche Roms wurden zu Beginn der Fastenzeit die öffentlichen Sünder zum Bischof gebracht, wo sie vor der ganzen Gemeinde ihre Vergehen bekannten und dann mit Bußgewändern bekleidet und mit Asche bestreut wurden. Dann ging der Bischof mit ihnen bis vor das Tor des Gotteshauses, weil sie während der kommenden Zeit von der Eucharistie ausgeschlossen blieben bis zum Gründonnerstag. Sie durften fortan nur am Lesegottesdienst teilnehmen und mussten vor der Opferung die Kirche verlassen. Sie wurden als unwürdig angesehen und durften an den heiligen Geheimnissen nicht teilnehmen.

 

Wir erschrecken über solch harte Buße. Heutzutage wohnen so viel unserem Gottesdienst bei, die im Stande schwerer Sünde leben, die nicht daran denken, dass sie eigentlich nicht zur Opfergemeinde gehören, die Christi Leiden und Sterben auf geheimnisvolle Weise erneuert. Der Sinn für die einzigartige Weihe des eucharistischen Opfers ist wohl vielen ganz und gar abhanden gekommen. Wir überlegen uns viel zu wenig, ob wir würdig sind, Glieder der Kirche zu heißen.

 

Da ist die Aschenweihe und der Empfang der gesegneten Asche am Aschermittwoch ein wirksames mittel, uns daran zu erinnern, dass auch wir Buße nötig haben.

 

Wir nehmen freiwillige gute Werke und die Abtötung unseres sündhaften Lebens  auf uns. Die Heiligen sind erfinderisch gewesen und haben sich stets neue Mittel ausgedacht, sich selber weh zu tun zur für eigene und fremde Sünden. Das ist auch der erste, mehr äußere Sinn der heiligen Fastenzeit: Entsagung, Enthaltung, Abbruch an der Speise und Trank und anderen Annehmlichkeiten zur Buße für die begangene Schuld.

 

Buße ist aber auch Rückkehr zu Gott. Die Büßer wurden früher für ein Zeitlang aus der Kirche ausgeschieden, damit sie sich besserten und sich der Teilnahme am kirchlichen Leben wieder würdiger zeigten. Diese innerliche Erneuerung aber sollten wir alle in der heiligen Fastenzeit versuchen zu verwirklichen. Darum wird uns das Aschenkreuz auf unsere Stirn gezeichnet. Die Erinnerung an den bevorstehenden Tod, dessen Tag und Stunde wir nicht kennen, soll uns Besserung des Lebens, zu wahrer innerlichen Buße Bewegen.

 

Darum spricht die heilige Liturgie bei der Aschenweihe und bei der Feier des eucharistischen Opfers immer wieder vom Sündenelend, das die Buße notwendig macht, aber auch von der äußeren Abtötung und der inneren Sinnesänderung. "Wir wollen Bußkleider anlegen; fasten und weinen wollen wir vor dem Herrn. Denn er ist erbarmungsvoll, bereit, nachzulassen unsere Sünden, Er, unser Gott." - "Lasst uns bessern, was wir unwissend gesündigt, dass wir nicht, plötzlich überrascht vom Tage des Todes, Zeit zur Buße suchen und nicht finden. Merk auf uns, Herr, und erbarme Dich; denn wir haben gegen Dich gesündigt."  Dabei legt die heilige Kirche den Nachdruck auf die Gesinnung des Herzens: " Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider, und bekehret euch zum Herrn, eurem Gott!" So spricht der Bußprediger des Alten Testamentes in der Predigt. Und der göttliche Heiland selber mahnt, die äußeren Fastenübungen nicht um der Menschen willen auf sich zu nehmen, sonder für den Vater, der im Verborgenen weilt: "Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird es dir lohnen."

 

"Gewähre, Herr, Deinen Gläubigen, dass sie die heilige Feier des Fastens mit geziemendem, frommen Sinn beginnen, ungestört begehen und beharrlich zu Ende führen. Durch Christus unseren Herrn. - Amen!"        

 

 

 

Das Große Vorbild

Palmsonntag

Die Liturgie des Palmsonntags umschließt einen starken Gegensatz. Erst die sinnreiche Palmenweihe mit der freudig begeisterten Prozession, dann aber die düstere heilige Messe mit der Leidensgeschichte des Herrn und mit seinem wiederholt, eingeführten Sterbegebet, dem einundzwanzigsten Psalm.

Wie die Juden freuen wir uns über den Einzug des Heilandes in Jerusalem, wir jubeln Ihm zu als dem, der da kommt im Namen des Herrn. Wir wissen, dass Er der König der Herrlichkeit ist, dass aber auch wir zu Seinem Reich gehören durch das Glück der Gotteskindschaft in der heiligen Taufe. Wir sind gerne bei Christus, wenn er gefeiert wird, wenn man ihn preist und erhebt. Er wird ja auch uns am Ostertag unserer Auferstehung zu Miterben Seiner göttlichen Herrlichkeit annehmen. Mit Siegespalmen dürfen wir dann unseren Einzug halten in das himmlische Jerusalem.

Aber dies alles doch nur, wenn wir mit Ihm den Leidensweg gegangen sind in unserem Leben, wenn Er unser Vorbild gewesen ist gerade durch sein heiliges Kreuz.

Jesus Leiden und Sterben hat uns erlöst, es soll und muss uns aber auch innerlich umgestalten. Der göttliche Heiland hat die Herrlichkeit des Vaters verlassen und „Sich selbst entäußert, indem er Knechtsgestalt annahm, und den Menschen gleich wurde.“

Was bedeutet schließlich das bisschen Anerkennung, das Christus, der Herr, bei Seinem Einzug in Jerusalem fand, im Vergleich zu der Ehre und Herrlichkeit, die er beim Vater hatte, bevor noch die Erde erschaffen war! Er, der Herr der Heerscharen, hat Knechtsgestalt angenommen und gibt Sich im Gehorsam hin, erniedrigt Sich bis zum Tode am Kreuz.

Wir erleben Seinen Weg der Erniedrigung in der Leidensgeschichte. Wir ahnen Seine seelischen Qualen, wenn Er in den Wechselgesängen betet: „Gott, Mein Gott, schau her auf Mich! Warum hast Du Mich verlassen? Ich bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und ein Abscheu des Volkes. Alle, die mich sehen, verlachen Mich, lästern mit den Lippen und schütteln den Kopf.“ Und im Offertorium: „Auf Schmach ist Mein Herz gefasst und auf Elend. Ich warte auf einen, der Mitleid mit mir hätte, und es war keiner da; einen, der mich tröstete, suchte Ich, und Ich fand ihn nicht.“ Das Leid und die Angst ist groß, dass der starke Gottmensch flehen muss: „Vater, wenn es nicht möglich ist, dass dieser Kelch vorübergehe, ohne dass ich Ihn trinke, so geschehe Dein Wille.“

Wir beten diese Worte des Heilandes bei der Spendung der Heiligen Kommunion, wenn wir uns mit Ihm vereinigen. Ist das nicht die praktische Anwendung jenes Paulinischen Leitgedankens. „Seid so gesinnt wie Christus Jesus.“ – Leiden, Erniedrigung, Verlassenheit, alles kann und muss über uns kommen, wenn wir Gemeinschaft mit Christus haben. Er ist das große Vorbild, nach dem sich unser übernatürliches Leben gestaltet. Nicht die Palmprozession und das Hosanna dürfen den Inhalt unseres Denkens und Verlangens ausmachen, sondern die tiefste Erniedrigung und der Tod am Kreuz.

„Allmächtiger, ewiger Gott, Du hast unseren Erlöser Mensch werden und den Kreuzestod auf sich nehmen lassen, damit er dem Menschengeschlecht ein Vorbild der Demut zur Nachahmung sei: Würdige uns gnädig, dass wir das Beispiel Seiner Geduld an uns wirksam erweisen und so auch an Seiner Auferstehung Anteil haben. Durch Christus, unsern Herrn. – Amen!“

 

  Auf der Sonnenhöhe des Kirchenjahres

        Das hochheilige Osterfest.

 

Ein einzigartiger, beispielloser Jubel erfüllt heute die heilige Kirche und jedes Christenherz, eine Freude, die nicht beim Irdischen stehen bleibt wie die des Wanderers, wenn er am Ostermorgen durch Felder und Wälder zieht und das sanfte und doch so machtvolle Erwachen des Frühlings erlebt. - Nein, es ist eine Freude, die ans Tiefste und Erhabenste rührt, es ist das vollendete Glück des gesicherten Besitzes, wie etwa das Kirchengebet es ausspricht: "Gott, Du hast uns durch den Sieg Deines Eingeborenen über den Tod am heutigen Tag den Zugang zur Ewigkeit aufgeschlossen."

 

Heute stehen wir im Mittelpunkt des Kirchenjahres. Wir haben nach langer, mühsamer Fastenwanderung die oberste Spitze unseres katholischen Glaubensgebäute, dieses herrlichen, geistigen Domes, erstiegen und gewahren mit einem Male die großen Zusammenhänge, erkennen die leitenden Ideen der gesamten Welt- und Menschheitsgeschichte.

 

Die Kirche schaut nur auf das Große am heutigen Tag. Die ganze Ewigkeit rollt sie vor unseren ergriffenen Augen auf. Von Ewigkeit zu Ewigkeit reicht die Bedeutung des göttlichen Ostergeheimnisses: Durch Christi Auferstehung ist das Weltall in seinem ursprünglichen Sinne wiederhergestellt.

 

Die Gotteskindschaft, die Lebensgemeinschaft mit Gott, die Adam als verantwortlicher Stammvater des Menschengeschlechtes weggeworfen, hat Christus, der Herr, durch seinen Opfertod und die glorreiche Auferstehung wiederhergestellt. Die erlöste Menschheit ist durch das Ostergeheimnis wieder mit der ursprünglichen Pracht der Heiligmachenden Gnade ausgestattet, wieder eingesetzt in die unveräußerlichen Rechte der Kindschaft Gottes.

 

Heute, am Osterfest, ist alles so, wie der ewige, allweise Gott, die allerheiligste Dreifaltigkeit, es von Ewigkeit her vorausbestimmt und geordnet hatte. Die Sündengeschichte des Menschengeschlechtes, die ganze Erdenzeit mit ihren zahllosen verfehlten Existenzen und ihren grauenhaften Verbrechen, erscheint wie eine kaum beachtenswerte Episode vor der alles überragenden Tatsache des Erlösungstodes Jesu Christi und Seine heiligen Auferstehung.

 

Der göttliche Geist, die anbetungswürdige Dreifaltigkeit, denkt nicht wie ein Mensch, beschränkt, eins ums andere. Für Gott gibt es kein Vorher und Nachher, nur ein ewiges, gegenwärtiges Jetzt. Für Ihn geschieht darum alles, Jesu Leiden, Tod und seine Auferstehung in unveränderlichen Gegenwart. Es ist, wie wenn das Erlöserleben sich in einem Augenblick vollzogen hätte.

 

"Ich bin auferstanden und bin noch bei Dir, alleluja! Du hast Deine Hand auf Mich gelegt, alleluja. Deine Weisheit ist gar wunderbar, alleluja, alleluja." So spricht der Auferstandene durch unsern Mund Sein erstes Morgengebet an Seinen und unsern Vater.

 

In Ihm sind auch wir immer in Gottes Hand, und wunderbar ist Sein göttliches Wissen um jeden aus uns. Wir alle sind auferstanden in Christus, haben ein neues Leben erlangt im Bad der Wiedergeburt. Der herrliche Sieg Christi ist auch unser Erfolg, weil wir in Ihm leben durch die Heiligmachende Gnade.

 

Darum preisen wir Ihn freudig in der jubelvollen und tief innerlichen Sequenz: "Tod und Leben, in wunderbarem Zweikampf haben sie gerungen: der Fürst des Lebens, - gestorben; Er lebt und triumphiert!" Sonst hat nie ein Mensch aus eigener Kraft die Bande des Todes zerrissen: Er allein, Christus, der sieghafte König, ersteht in Gotteskraft zu neuem, ewigen Leben, nachdem Er die Welt in Seinem Blut erlöst.

 

Alles was der göttliche Heiland in Seinen Erdentagen getan und gelitten, wäre für uns unvollendet geblieben, wenn nicht der heutige, glorreiche Sieg uns die letzte Garantie geboten hätte, daß er wirklich der Sohn Gottes und der Herr der Ewigkeit ist, daß er uns durch Seine Auferstehung die himmlische Wonne rechtskräftig erkauft hat. "Wir wissen, Christus ist wahrhaft von den Toten erstanden. - Du Sieger, Du König, erbarme Dich unser."

 

Die Fülle des Ostermysteriums ist enthalten  im heiligen Meßopfer. Da wird wahr, was Paulus in der Epistel schreibt: "Unser Osterlamm ist geschlachtet, Christus." Das Gotteslamm, das der Welt Sünden trägt, liegt wie getötet auf dem Altar: aber es lebt und gibt das Leben.

 

"Darum laßt uns das Ostermahl halten in Lauterkeit und Wahrheit!" Im eucharistischen Liebesmahl ersteht Christus in uns, vereinigt sich mit uns, um unser mehr und mehr in Sich umzugestalten; Darum "preiset den Herrn,  denn Er ist gut, denn in Ewigkeit währet Sein Erbarmen! Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat; laßt uns frohlocken und fröhlich sein an ihm!"

 

In Rom hielt früher der Papst den Ostergottesdienst im berühmten Heiligtum Santa Maria Maggiore, bei Maria, der Jesus in Seiner Verklärung am Ostermorgen zuerst erschienen ist. Jesus bei Maria, auch am Hochfest des katholischen Glaubens. Sie sind unzertrennlich miteinander verbunden im Werke der Erlösung, wirken darum auch vereint zur Heiligung unseres persönlichen Lebens.

 

"Freu dich, du Himmelskönigin, freu dich, Maria!

Der dich zur Mutter auserkor, alleluja,

Ging lebend aus dem Grab hervor, alleluja,

Bitt Gott für uns, Maria! Alleluja."         

 

Gelobtes Land

Ostermontag

Während des vierzigtägigen Fastens wurden wir mehrmals an die vierzigjährige Wanderung der Israeliten durch die wüste erinnert. Der Kampf gegen die Sünde und die Knechtschaft des Teufels legte uns ähnliche Opfer und Entbehrungen auf, wie sie die Juden damals erdulden mußten. Aber mit der Auferstehung des Herrn sind die Feinde unseres Heils überwunden worden: der Weg ins gelobte Land wurde uns geöffnet in der eigenen Auferstehung durch die Taufe.

 

Die heilige Liturgie führt uns heute mit den Gliedern der Kirche, den weißgekleideten Täuflingen, nachdem sie uns am Karsamstag im Lateran, bei Johannes  dem Täufer und gestern im großen Marienheiligtum der ewigen Stadt versammelt hat, nach Sankt Peter.

 

Petrus ist der Moses des Neuen Testamentes, dem Sich Gott besonders deutlich geoffenbart, der uns als Haupt der Kirche durch das Rote Meer dieser sündigen Welt vorangeht ins gelobte land der Ewigkeit, dessen Schlüssel der göttliche Erlöser ihm anvertraut hat.

 

"Der Herr ist auferstanden und dem Petrus erschienen, alleluja." Vergessen scheint die schwere Enttäuschung, die der Heiland an Petrus hatte erfahren müssen: Er erscheint ihm und bestätigt ihn als Oberhaupt der Kirche: denn er ist gekommen, die Sünder zu erlösen.

 

Petrus predigt darum auch mit so großer Zuversicht in der Epistel: "Alle die an Ihn, an Christus, glauben, erlangen durch Seinen Namen Vergebung ihrer Sünden." Das gelobte Land steht nicht bloß den Sündelosen offen, sondern allen, die auf den Herrn und Sein heiliges Opfer vertrauen. Jesus verzeiht, wie er dem Petrus verziehen.

 

Er teilt mit uns den Weg, Er spricht mit uns,  lehrt uns, speist mit uns und reicht uns Sich selber zur Nahrung in der heiligen Eucharistie. Wahrhaftig: ein Land der Verheißung ist es, in das wir durch die Auferstehung des göttlichen Erlösers und durch die heilige Taufe eingezogen sind.

 

Darum "sei das Gebot des Herrn allzeit in unserem Munde!" Das Gesetz der Knechtschaft des Alten Testamentes, das drückend schwer auf den Menschen lastet, ist gewichen, und ein neues ist uns gegeben: das Gebot der Liebe.

 

Die heiligen Ostersakramente begründen in uns das Leben des Friedens und der Liebe. Wie der Heiland bei jeder Seiner Erscheinungen nach der Auferstehung die Beglückten mit dem Worte begrüßt hat: "Der Friede sei mit euch!", so betet auch die heilige Kirche während der ganzen Osterzeit bei der Spendung der heiligen Kommunion: "Den Geist Deiner Liebe, o Herr, gieße uns ein und mache alle, die Du mit den heiligen Ostergeheimnissen erquickt hast, in Deiner Güte einträchtigen Sinnes."

 

Die vollkommene Nächstenliebe wäre wohl imstande unser Erdenleben umzuwandeln, daß wir die Knechtschaft und Verbannung kaum mehr fühlten und aus volle Überzeugung singen könnten: " Der Herr hat uns geführt in das Land, das von Milch und Honig fließt. Sagt Dank dem Herrn und rufet Seinen Namen an, den Heiden kündet Seine Werke!"

 

In der heiligen Messe erneuert sich täglich Emmaus, öffnet sich das gelobte Land, erscheint der Herr, wie er dem Petrus erschienen: beten wir, daß wir Ihm in der vollkommenen Freiheit der Kinder Gottes ohne Zögern und Widerstreben folgen können:

 

"O Gott, Du hast durch das hohe Osterfest der Welt Heilkräfte gespendet; geleite nun Dein Volk, si bitten wir, auch weiterhin mit der himmlischen Gabe, auf daß es die vollkommene Freiheit erlangen möge und fortschreite zum ewigen Leben. Durch Christus, unsern Herrn. - Amen!"

 

 

Philosophie des Kreuzes

 

Quellen der Weisheit sind uns die gnadenreichen Offenbarungen Gottes im Geheimnis der glorreichen Auferstehung des Herrn, im Sakrament der heiligen Taufe, im stets erneuerten Opfer der heiligen Messe.

 

 Wohl wenige Menschen haben so reichlich von diesem lebendigen Wasser getrunken, sind so tief in die göttliche Weisheit eingedrungen, wie der heilige Paulus, bei dem wir uns heute zur Feier des kirchlichen Gottesdienstes versammeln. In der Epistel predigt er über sein Lieblingsthema, den tiefsten Inhalt der neutestamentlichen  Heilslehre: das Sterben und die glorreiche Verherrlichung des Gottmenschen Jesus Christus.

 

Paulis weiß, daß in Jesu Tod alles Heil für die ganze Welt beschlossen ist, und zwar gerade im schmachvollen Tod am Kreuz. Die Apostel begriffen anfänglich die Tiefe der göttlichen Weisheit nicht. Darum mußte der Herr selber ihnen den Sinn der heiligen Schrift aufschließen. "Und Er sprach zu ihnen: So steht es geschrieben, und so mußte Christus leiden und am dritten Tage von den Toten auferstehen. In Seinem Namen soll Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden unter allen Völkern."

 

Das Kreuz ist die Voraussetzung jeglicher Heiligung. Darum hat auch in uns das übernatürliche Leben mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes begonnen. Bei der Taufe hat der Priester immer wieder das Kreuzzeichen über uns gemacht, über Stirne und Herz, über Ohren, Augen, Nase, Mund, Brust, Schulter und den ganzen Leib. Mit diesem "Zeichen des Glaubens" werden wir auch einmal aus dem Leben scheiden, um einzugehen in die Herrlichkeit des Vaters. "Auferstanden ist der Herr aus dem Grab, der für uns am Kreuz gehangen." "Denn siehe, durch das Kreuz ist das Heil gekommen für die ganze Welt."

 

Katholisches Leben ist Zeichen des heiligen Kreuzes. wie Christus, der Herr, am Kreuz uns erlöst hat, so heiligt er uns in den Sakramenten im Zeichen des Kreuzes, so kann aber auch kein Mensch in den Himmel  und an sein ewiges Ziel  kommen, wenn er nicht nach der Weisheit des Kreuzes leben will.

 

Christus mußte Leiden, so muß auch der Christ Leiden. Das ist christliche Lebensphilosophie.

 

 Diese Philosophie des Kreuzes wird uns dramatisch und lebendig gepredigt und vor Augen geführt im Opfer der heiligen Messe. Da feiern wir jeden Tag Ostern und Karfreitag. Und diese göttlichen Gnadengeheimnisse des Kreuzes werden durch die heilige Wandlung und Kommunion zu gestaltenden Grundkräften unseres eigenen  Seelenlebens.

 

Durch die heilige Taufe sind wir hineinversenkt in den Tod Christi und auferstanden zu einem neuen Leben: das heilige Opfer vermittelt uns aus der Kreuzesliebe Jesu die Kraft, das Geheimnis des Kreuzes auch in unserem eigenen Leben zu verwirklichen. Wir beten mit der heiligen Kirche:

 

"Gott, Du vermehrst Deine Kirche allzeit durch neue Kinder; gewähre Deinen Dienern, daß sie das heilige Geheimnis (des Kreuzes)  im Leben festhalten, das sie im Glauben empfangen. Durch Christus, unsern Herrn. - Amen!"

 

   

      

 

Bis Er wiederkommt

 

Das heilige Fronleichnamsfest.

 

Die heilige Messe ist der Kern unseres Dienstes vor Gott. Wir mögen Weihnachten, Ostern, Pfingsten, ein Fest der Gottesmutter, den Sterbetag eines Heiligen feiern, wie mögen Kirchweih begehen oder einen Toten zur letzten Ruhe bestatten, die Seele einer jeden religiösen Feier ist das heilige Meßopfer. In ihm danken wir immer wieder Gott für alle Gnaden, die uns im einzelnen Geheimnis übermittelt werden.

Es ziemt sich aber, daß wir auch an einem eigenen Fest für die heilige Eucharistie danken. Am Hohen Donnerstag gedachten wir zwar bereits jener höchsten Offenbarung der Heilandsliebe beim Abendmahl in Jerusalem. Aber die Oelbergstunden, die Trauer des Karfreitags, warfen dabei ihre Schatten auf unsren Lobgesang. Nun drängt es uns, an einem Tag, der nur Freude kennt, dem eucharistischen Gott zu huldigen.

So volkstümlich die Fronleichnamsprozession ist, den eigentlichen Höhepunkt des Tages bildet doch wieder das heilige Opfer. Es wird heute Gott dargebracht als begeistertes Lob für nichts anderes, als eben für das heilige Opfer selber und allen Segen, der ihm entströmt. Wir freuen uns über die heilige Messe; sie ist die höchste gottesdienstliche Handlung, der Kult, der ausschließlich dem lieben Gott gebührt, das Mark jeder Andacht und jeder Andacht und jeder Uebung der Frömmigkeit. Ohne das Opfer ist das Christenleben schal und leer, ihm mangelt das kräftige Salz.

Im Evangelium am Fronleichnamsfest  ersteht das Abendmahl lebendig vor unserer Seele. Wir sehen den lieben Herrn, die Apostel und Judas, den Verräter. Und die ganze innere Spannung, alles, was die Herzen bewegt, sie hebt und niederdrückt, ist im wundervoll einfachen Bericht beschlossen: "In der Nacht, in der der Herr verraten wurde, nahm er das Brot, dankte, brach es und sprach: Nehmet hin und esset: Das ist Mein Leib, der für euch hingegeben wird; tut dies zu Meinem Gedächtnis! Ebenso nahm Er nach dem Mahle den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in Meinem Blut; tut dies, so oft ihr trinkt, zu Meinem Gedächtnis!" Das ist das Testament unseres Herrn vom Vorabend Seines Leidens.

Der heilige Paulus hat überraschend klar erfaßt, was Jesus uns damit hinterließ: "So oft ihr dieses Brot esset und diesen Kelch trinket, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis Er wiederkommt."

Der Heiland war schon um dreißig Silberlinge verkauft, stand unmittelbar vor Seinem Leiden am Oelberg, und da reichte Er den Jüngern Seinen Leib, "der für uns dahingegeben wird", Sein Blut, "das für uns vergossen wird zur Vergebung der Sünden." Die Opfertat Christi hat bereits begonnen. Jesus steht als Hohepriester vor uns, der geheimnisvoll jetzt schon den Leib dahingibt und Sein Blut vergießt. Das Erlösungsopfer vollzieht sich schon im Abendmahlssaal und findet mit dem Tod am Kreuz den grausamen blutigen Abschluß.

Was der Heiland vor Seinem Leiden und Sterben im Abendmahlssaale tat, das tun Seine Apostel nachher: Sie verkünden den Tod des Herrn. So wird vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang dem Herrn ein reines Speiseopfer dargebracht, bis Er wiederkommt. Und dies heilige Opfer schließt in sich alle religiöse Sehnsucht verflossener Jahrhunderte, den Ausgang der Gnade für die kommende Zeit und die segensvolle Erfüllung der Gegenwart. Es ist das Allerheiligste, die innerste Mitte im Bau der Weltgeschichte und trägt die ruhende Ewigkeit in sich.       

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Die Feste der Heiligen

So oft wir, liebe Brüder, die Feste der Heiligen feiern, So hoffen wir auf ihre Fürbitte hin vom Herrn zeitliche Güter zu erlangen, doch So, daß die Nachahmung der Heiligen uns würdig machen möge, ewige zu empfangen. Denn nur jene nehmen im wahren Sinn am Jubel der H e i l i g e n f e st e Anteil, die das Beispiel der Heiligen nachahmen. Die Feier zu Ehren der Heiligen ist ein Ansporn zum Heiligwerden. Es Soll uns nicht verdrießen, dem nachzueifern, was wir mit Freuden verherrlichen.

Aber wir möchten mit den Heiligen die Freuden teilen und Scheuen uns, die Trübsale der Welt mit ihnen zu tragen. Doch, wer nicht die Wege der Heiligen beschreitet, so gut er nur kann, wird nie zu ihrer Glückseligkeit kommen. So predigt ja der Apostel Paulus, wenn er sagt: Sind wir Genossen der Leiden, so werden wir es auch der Freuden sein. Und der Herr im Evangelium: Wenn euch die Welt haßt, so wisset, daß sie, vor euch, Mich gehaßt hat. Der weigert sich offenbar, ein Glied am Leibe zu sein, wer nicht mit dem Haupte, das ist mit Christus, Haß ertragen will.

Da möchte einer hinwieder sagen: Wer kann denn den Spuren der Heiligen folgen? Dem antworte ich, daß wir nicht nur die Heiligen, sondern den Herrn selbst, mit Seiner Gnade, nachahmen können. Höre nicht mich, sondern den Herrn Jesus Christus, der dem Menschengeschlecht zuruft. Lernet von Mir; denn Ich bin sanft und demütig von Herzen. Höre auch den Apostel Petrus, der dich mahnt: Christus hat für uns gelitten und euch ein Beispiel hinterlassen, daß ihr Seinen Spuren nachfolgen möget.

                                                       Nach dem heiligen Kirchenlehrer Augustinus.

 

 

 

 

 

Fest Mariä Lichtmeß: 2. Februar.

Fest des heiligen Apostels Matthias: 24. oder 25. Februar.

Fest des heiligen Josef: 19. März.

Fest des heiligen Vater Benediktus: 21. März.

Fest des seligen Bruder Klaus: 22. März.

Fest Mariä Verkündigung: 25. März.

Fest des heiligen Evangelisten Markus: 25. April.

Fest der heiligen Apostel Philipp und Jakob: 1. Mai.

Fest der Auffindung des heiligen Kreuzes: 3. Mai.

Fest Maria, der Mittlerin aller Gnaden: 31. Mai.

Geburtsfest des heiligen Johannes des Täufers: 24. Juni.

Fest der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus: 29. Juni.

Gedächtnis des heiligen Apostels Paulus: 30. Juni.

Fest des kostbarsten Blutes Christi: 1. Juli.

Fest Mariä Heimsuchung: 2. Juli.

Fest Unserer lieben Frau von Einsiedeln: 16. Juli.

Skapulierfest: 16. Juli.

Fest des heiligen Apostels Jakobus: 25. Juli.

Fest der heiligen Mutter Anna: 26. Juli.

Fest der Verklärung Christi: 6. August.

Fest des heiligen Märtyrers Laurentius: 10. August.

Fest Mariä Himmelfahrt: 15. August.

Fest des heiligen Apostels Bartholomäus: 24. August

Fest Maria Geburt: 8. September.

Fest Maria Namen: 12. September.

Fest der Sieben Schmerzen Maria: 15. September.

Fest des heiligen Apostels Matthäus: 21. September.

Fest des heiligen Erzengels Michael: 29. September.

Schutzengelfest  2. Oktober

Rosenkranzfest: 7. Oktober.

Fest der Mutterschaft Maria: 11. Oktober.

Fest des heiligen Evangelisten Lukas: 18. Oktober.

Fest der heiligen Apostel Simon und Judas: 28. Oktober.

Christkönigsfest, am letzten Sonntag im Oktober.

Fest Allerheiligen: 1. November.

Allerseelen: 2. November.

Fest Mariä Opferung: 21. November.

Fest der Kirchweihe.

Fest des heiligen Apostels Andreas: 30. November.

Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariä: 8. Dezember.

 

Auf den Händen der Jungfrau

Fest Mariä Lichtmeß: 2. Februar.Vierzig Tage nach der Geburt Jesu zeigt der kirchliche Kalender das Fest Mariä Lichtmeß an. Die Zahl der Tage entspricht einem Ereignis in der Geschichte des Heilandes, das sich auf das G e s e t z des Moses gründet. Nach ihrer Niederkunft galt die israelitische Mutter für unrein und durfte den Tempel in Jerusalem nicht besuchen. War das Kind ein Knabe, so opferte sie am vierzigsten Tage nach der Geburt zwei Tauben und wurde dann als rein erklärt. Bei ihrem ersten Gang zum Tempel weihte die junge Mutter - ebenfalls nach dem mosaischen Gesetz - ihren erstgebornen Sohn Gott zum aus-schließlichen Besitz, konnte ihn aber durch einen Lösepreis zurückkaufen. In Demut unterwarfen sich Jesus und Mariä diesen Bestimmungen, die für sie nicht galten. Darin liegt das Geheimnis des heutigen Festes. Nach den neugeweihten Kerzen, die beim Gottesdienst brennen, trägt es im Volk den Namen Mariä Lichtmeß.

Trotz der vielen Lichter, die im Chor brennen und trotz der freudigen Prozessionslieder hat der Tag einen ernsten Grundton. Er macht einen scharfen Strich unter die Feier der seligen Weihnachtszeit und führt hinüber Zum Erlöserleiden Jesu Christi. Ist die Passion die Wandlung im Leben Christi, so ist Lichtmeß mit der Opferung vergleichbar: die Opfergabe wird gerüstet, geweiht, auf den Händen Marias dem Vater im Himmel zur Verfügung gestellt, dargebracht. Jesus und Maria sind nun bereit zum Kreuzesopfer, das der Priester Simeon feierlich ankündigt, wo er vom Schwertstich durch das Herz der Mutter spricht. Die Kerzen, die heute geweiht werden, sind allgemein ein Sinnbild Jesu, der das Licht der Heiden genannt wird. Aber auch sie tragen in sich die Bestimmung, im Laufe des Kirchenjahres zur Opferfeier der heiligen Messe zu brennen, sie werden selber ein Opfer, wenn sie sich brennend auf dem Altar verzehren.

Im Alten Bunde hat Gott verfügt, daß aus jeder Familie der Erstgeborene Ihm geweiht werde. Die Erstgebornen stellten die Blüte, die Auslese des ganzen Volkes dar, das in seiner Gesamtheit Gott verpflichtet war. Maria hat am vierzigsten Tage nach der Geburt den Erstgebornen der ganzen Schöpfung, das Haupt aller Menschen Gott geweiht. Darin liegt die Bedeutung, die das Fest Mariä Lichtmeß für deine eigene Seele hat. Jesus vertritt nicht bloß die heilige Familie, sondern alle Familien und Völker und Nationen der Welt. In Ihm und mit Ihm und durch Ihn Sind wir alle Gott dargestellt: Gottgeweihte.

Wie ehrwürdig steht in diesem Augenblick die Gottesmutter vor unsern Augen. Sie erhebt in ihren Händen das Allerheiligste, die Hostie Jesus Christus, ihre Frucht und ihr Eigentum. Sie hat Ihm den Leib zubereitet, der zum Leiden tauglich, zur Schmerzempfindung geeignet ist. Sie wird nach der Darstellung aus ihren Mitteln das Kind loskaufen, nur deshalb, um es aufzuziehen, heranzubilden zum reifen Mannesalter, damit die Opfergabe vollkommen werde. Deshalb wird sie mit Jesus nach Aegypten fliehen, damit Er uns erhalten bleibe. Und wenn sie auf der Flucht Ihn am Herzen birgt, so sorgt sie für uns, denkt an uns und liebt uns in Jesus. Damit Er später für uns leide und blute und sterbe, sucht sie Ihn im Tempel. Wie das alles möglich ist, vermag der menschliche Verstand nicht zu erfassen. Messen wir Maria an der Ewigen Liebe, die den eingebornen Sohn in die Welt gesandt hat, um die Welt zu erlösen.

Das geschichtliche Ereignis der Darstellung im Tempel geschah am vierzigsten Tage nach der Geburt des Heilandes. Aber geheimnisvoll wiederholt es sich heute bei der Feier der heiligen Messe. Da wird Jesus dem himmlischen Vater dargereicht, und in Jesus wird die ganze betende Pfarrgemeinde eine lebendige Opfergabe vor Gott, in Jesus durch Maria. Selbst was das Evangelium von der Freude des greisen Simeon erzählt, wird in der Kirche gnadenvolle Gegenwart, wenn der Welterlöser in der heiligen Kommunion unser beseligender Besitz wird. Wie wunderbar sind doch die Geheimnisse unseres Glaubens!

An Mariä Lichtmeß nimmt das Volk geweihte Kerzen aus dem Amt mit heim in die Familien. Die geweihte Kerze Sinnbildes die beim Gottesdienst empfangenen Gnaden. Sie stellt Christus selber dar, ist ein Symbol des Glaubens und der Kraft des Glaubens, die aus dem Opfer Jesu in das tägliche Leben übergeht. Geweihte Kerzen bringen Segen ins Haus. Sie werden bei der gemeinsamen Familienandacht angezündet. Christliche Bauersleute brennen ein geweihtes Licht, wenn ein Gewitter im Anzug ist. Am Tage nach Mariä Lichtmeß, am Fest des heiligen Bischofs Blasius, lassen wir uns in der Kirche mit den geweihten Kerzen den Segen geben, damit uns Gott vor Halsübeln und jeglicher Krankheit schütze. Und in jedem christlichen Hause sind geweihte Kerzen aufbewahrt, die man einst an unserem Sterbebett anzünden wird, damit die Kraft ihres Lichtes die verderbliche Finsternis abwehre.

Möge unser Leben und Sterben erleuchten und erwärmen das eine Licht,

Jesus Christus!

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Das Los des Herrn

 

Fest des heiligen Apostels Matthias: 24. oder 25. Februar.

Nach der Himmelfahrt Jesu erwählten die Apostel in Jerusalem einen an Stelle des Judas. Es kamen zwei in Frage, die den Dienst übernehmen sollten: Barsabas und Matthias. "Und sie warfen das Los über sie, und das Los fiel auf Matthias, und er wurde den elfen beigezählt." Merkwürdig bleibt, daß die Brüder an die Spitze der "Wahlliste" nicht den Matthias gesetzt hatten, sondern "Josef, genannt Barsabas, mit dem Beinamen der Gerechte". Aber der Finger Gottes hat, unbekümmert um Namen und Titel, das Los nicht dem "Gerechten" zugeschoben. Mit diesem Ereignis hängt zusammen, daß im heu-Sigen Evangelium das Gebet Jesu verlesen wird: "Ich preise Dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, daß Du dies (die Offenbarung, Wahrheit und Gnade) vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Kleinen geoffenbart hast. Ja, Vater, so war es Dir wohlgefällig." In das Verzeichnis der "Kleinen" reiht die Liturgie den heiligen Matthias ein.

Die Großen und die Kleinen, die Armen und die Reichen unserer heutigen Welt haben sich im Kampf ineinander verbissen und ihr beidseitiges Geschrei tönt bis in unsere stillen Kirchen hinein. In der Hitze des Streites werden wir daran festhalten, daß die Kraft unserer heiligen Religion in der ganzen Volksgemeinschaft liegt. Wo Gott seine Gnaden austeilt, gibt es keine Auserwählten dem Stand oder dem Blute nach, sondern nur Glieder der einen großen Gemeinschaft in Christus Jesus. Aber nach dem Wort des Herrn wird es so sein, daß nicht die Mächtigen, die Klugen und Weisen, sondern die Kleinen und Armen ihre Seelen voll Bereitwilligkeit der Gnade entgegenhalten. Es wird immer wieder viele ärgern und viele freuen, daß die Apostel, die ersten Diener der heiligen Liturgie, einfachen Standes waren. Und von der jungen Kirche, der ersten liturgischen Gemeinschaft, schreibt der heilige Paulus an die Korinther: "Seht nur auf eure Berufung, Brüder! Da sind nicht viele Weise im Sinne der Welt, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme. Nein, was der Welt als töricht, als schwach, als niedrig und verächtlich, ja was ihr nichts gilt, hat Gott auserwählt."

Männer, in der Wissenschaft und der Kunst erfahren, loben mit Recht die kulturellen Leistungen der Kirche. Und eine Zeitlang war es in den obersten Kreisen Mode, den katholischen Gottesdienst, die Liturgie, anzustaunen, als "bewunderungswürdig, großartig, tief und zart und innig gedacht". Oft genug betrachtet so ein bewunderndes Auge nur die Schale, nicht den Kern. Das ist äußerlich und unfruchtbar. Das Christentum ist in seinem Inneren und dort, wo es fruchtbar wird, die Religion der Kleinen und Demütigen. Wieviel Würde und Vornehmheit liegt auf unserem Gottesdienst, aber seinen Gehalt erfassen nur die Demütigen. Wer wollte denn etwa im Ernst vor den lieben Gott hinstehen und singen (so wie wir es tun), wenn er sich innerlich nicht einen kindlichen Sinn bewahrt hat? Wer wollte denn die Hände falten und an die Brust schlagen und sich die kleine Hostie auf die Zunge legen lassen, wenn er nicht einfältig und einfach ist? Wer wollte dem Priester leise seine Sünden ins Ohr hineinflüstern, wenn er nicht demütig ist? Wie viel schlichte Art setzt das Verständnis der Zeremonien voraus etwa bei der Taufe oder der Firmung, das Berühren mit Speichel, der Backenstreich!

Das Wort Jesu über die Offenbarung an die Kleinen macht viele Rätsel sonnenklar. Unsere katholische Kirche muß den Großen der Erde "unendlich weltfremd" vorkommen, wie eine "Kindheitserscheinung". Wir brauchen nicht einmal darüber zu staunen, wenn begabte und gescheite Menschen auf den Glauben und die zehn Gebote, auf die Messe und die Sakramente nichts geben, sich durch das alles nicht beunruhigt fühlen. Und wenn viele um dich her sagen, das Leben sei unendlich schwer geworden, sei überhaupt ganz anders als früher, das Christentum sei eine unerträgliche Last geworden, dann fehlt es eben doch am betreffenden Menschengewächs. Denn im heutigen Evangelium sagt Jesus ganz ausdrücklich, das Evangelium sei ein s ü ß e s J o ch - aber offenbar nur für die Kleinen. - Bete mit aller Inbrunst, Gott möge, durch die Fürsprache des heiligen Apostels Matthias, einen demütigen und kindlichen Sinn in dir bewahren.

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Bräutigam der Jungfrau und Gottesmutter

 

Fest des heiligen Josef: 19. März.

Wir verehren die Heiligen um Jesu willen. Er ist der Ursprung, aber auch das Maß der Heiligkeit. Wer im Beten und Arbeiten und Leben Jesus vollkommen nacheifert, ist ein Heiliger, und wer den innigsten Kontakt mit Ihm hat, ist der größte unter den Heiligen. Niemand ist Jesus näher gestanden als Maria, Seine Mutter. Einer der Großen im Reiche Gottes war sicher Johannes der Täufer, der dem Messias die Wege bereitet hat. Erhaben ist der Ruhm der Apostel, die als Freunde und Vertraute und Priester des Herrn die Kirche auf Erden begründet. Aber ganz einzigartig ist die Würde des heiligen Josef.

Sankt Josef ist in Wahrheit der Gemahl der Gottesmutter. Maria war ihm vermählt und angetraut, gehörte ihm zu eigen, wie nur eine Frau dem rechtmäßigen Mann verbunden ist. Damit war aber auch die gebenedeite Frucht ihres Leibes der Treue und Liebe des heiligen Josef anheim gegeben. Jesus gehörte Seinem Pflegevater, und Josef verfügt über den Heiland der Welt. Er ist das Haupt der heiligen Familie, er nimmt rechtmäßig, kraft seines Amtes, die Aufträge über Jesus und Maria aus dem Munde des Engels entgegen. Wie einer, der Macht hat, nahm Josef mitten in der Nacht das Kind und Seine Mutter und floh an den Ort, den Gott ihm gewiesen hatte. JOSEF ist es auch, der dem Kinde Marias den Namen gab, und Jesus war ihm Untertan, wie die Heilige Schrift ausdrücklich Sagt. In der Oeffentlichkeit galt Jesus als der Sohn Josefs, des Zimmermanns. So begreifen wir, daß die heilige Liturgie den einfachen, stillen, aber wunderbar gerechten Mann mit hohen Ehren feiert.

Im Einzugslied zur Messe wird der heilige Josef mit einer Palme oder einer Zeder vom Libanon verglichen, also mit Prachtsbäumen, die mit ihrem hohen Wuchs das Bild vollendeter Schönheit darstellen. Sankt Josef war "gepflanzt im Hause des Herrn, in den Vorhöfen unseres Gottes", das heißt, er reifte in unmittelbarer Nahe des Heilandes zum vollkommenen Manne. Es gab Heilige, denen waren einige Sonnenstrahlen der Gnade vergönnt, dem heiligen Josef war die Sonne Selber zu eigen gegeben: in ihrer Wärme und in ihrem Licht wuchs er auf. Noch in Späten Jahren erinnert sich der Apostel Johannes an jene selige Nacht, die er mit Jesus zum erstenmal verleben durfte. So unvergleichlich war die Gegenwart des Heilandes. Glücklich der heilige Josef, der durch Jahre hindurch Gott Selber Sehen und hören, tragen und behüten und wie ein Vater lieben durfte!

Wenn Jesus irgendwo Einkehr hält, nimmt Er Sein Kreuz mit und läßt die daran Anteil nehmen, die Er liebt. Der Heiland hat in das Haus des Zimmermanns Josef viel Sorgen gebracht. Sie fingen an mit dem Wunden der Mutterschaft Marias. Zur Zeit, als Maria, die Mutter Jesu, mit Josef verlobt war, fand es sich, daß sie empfangen hatte. Wie war das zu erklären? Sollte Maria wirklich nicht die Untadelige sein, als die sie galt? Die Juden waren ein sittenstrenges Volk, und das Gesetz befahl, eine untreue Braut anzuzeigen, damit sie von der Gemeinde gesteinigt werde. Weil Josef "gerecht" war und seine Braut schonen wollte, entschloß er sich, sie in aller Stille zu entladen. Dem sorgengequälten Mann hat ein Engel das Geheimnis erklärt, das Maria in ihrem Schöße barg: ,, Josef, Sohn Davids, furchte dich nicht, Maria, dein Weib, zu dir zu nehmen; denn was in ihr geworden ist, stammt vom Heiligen G e i st e."

Als treuer, selbstloser, keuscher Hüter der Jungfraumutter und als Be-Schützer ihres jungfräulichen Sohnes, hat der heilige Josef zum Werk unserer Erlösung beigetragen. An das erinnern wir uns dankbar, wenn heute auf dem Altar Geburt, Leben und Sterben Jesu sich geheimnisvoll wiederholt. In der heiligen Kommunion empfangen auch wir vom Heiligen Geiste, werden ähnlich wie Mariä Gottesträger. Vom Augenblick an, wo uns das heilige kostbare Gut anvertraut wird, möge Sankt Josef auch uns, wie Maria, in seine Obhut nehmen, daß wir Christus mit keuschem Leib und reinem Herzen durchs Leben tragen:

"Laß uns Hilfe werden, Herr, durch die Verdienste des Bräutigams Deiner heiligen Mutter; und, was unsere eigene Kraft nicht vermag, möge uns durch Seine Fürbitte geschenkt werden. - Amen!"

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Der Liebe Christi nichts vorziehen

 

Fest des heiligen Vater Benediktus: 21. März.

Die Kirche bemißt die Größe des heiligen Benediktus nach der Verheißung des Herrn, von der das Festevangelium berichtet: ,, Jeder, der Vater und Mutter, Haus und Hof um Meinetwillen verläßt, wird Hundertfaches zurückerhalten und das ewige Leben besitzen." Sankt Benedikt hat das schon in zarter Jugend getan, Eltern, Heimat, Studium, Welt verlassen und sich auf drei Jahre in eine wilde Einöde zurückgezogen, um dort allein mit seinem Gott zusammenzuwohnen. In der Stille und Einsamkeit ist er jener abgeklärte Charakter geworden, dem eine ganz seltene Reife zu eigen war. Aus eigener reicher Erfahrung und nach den Zielen eigenen Strebens Schrieb Benedikt dann Seine Regel für Mönche, die einer unabsehbaren Schar von Jüngern Wegweiser zu dem vom Herrn verheißenen Lohne wurde. Darum geht die Herrlichkeit des heiligen Ordensvaters ins Tausendfache, da er Anteil hat am Lohne all derer, denen sein Gesetzbuch die Bahn zum Himmel wies.

Jeder der großen Ordensstifter, Franziskus, Dominikus, Ignatius, hat seine besonderen Verdienste um Kirche und Kultur. "Der Ruhm, Vater des abendländischen Mönchtums und der abendländischen Kultur zu fein, gehört aber Benediktus. Ohne Benedikt lassen sich auch die andern Orden nicht denken." Nach dem Urteil der Wissenschaft kann man die kulturell wertvolle Tätigkeit der verschiedenen berühmten „Klosterreiche" (wie die mächtigen benediktinischen Abteien am besten zu nennen sind) gar nicht hoch genug einschätzen. Das Eigenartige am Werk Sankt Benedikts ist, daß er nicht eine Schule für Pioniere, für Baumeister, Künstler, Gelehrte schaffen wollte, daß er selber nicht ahnte, daß er Vater von Päpsten, Kardinalen und Bischöfen werden sollte. Nicht Diesseitskultur, nicht einmal die Erlangung kirchlicher Aemter schwebte ihm vor, sondern mit aller nur möglichen Deutlichkeit befiehlt er: "Der Mönch soll das ewige Leben mit ganzer, vergeistigter Begierde ersehnen." Im Besitz Gottes lag für den Heiligen Vater selber das Höchste. Davon singt denn auch die Kirche beim Opfergang an seinem Todestag: "Das Sehnen seines Herzens hast Du ihm gestillt, o Herr, und hast ihn nicht um seinen Herzenswunsch betrogen: eine Krone aus köstlichem Gestein hast Du ihm aufs Haupt gesetzt."

Um alle Arbeit und alles irdische Bemühen himmelwärts zu richten, um die Sehnsucht nach der Ewigkeit zu nähren und zu vertiefen, hat der heilige Benedikt in das Tagewerk der Mönche den Chordienst eingeschaltet. Dadurch ist die Gründung des Heiligen Vaters zu einem Markstein in der Ausgestaltung der Liturgie geworden. Nicht als ob Sankt Benedikt seine Mönche ausschließlich auf die würdige Feier des Gottesdienstes verpflichten wollte, aber das Gotteslob ist ihm die vornehmste und erste Aufgabe. Siebenmal des Tages und auch während der Nacht versammeln sich in seinen Klöstern die Brüder zum gemeinsamen, feierlichen Chorgebet, das der Mittelpunkt und die Kraftquelle aller andern Tätigkeit ist. Der liturgische Gottesdienst durchsetzt nicht nur der Zeit nach das ganze Tagewerk, sondern die alltäglichsten Dinge sind im Leben des Benediktiners in der heiligen Liturgie verankert. Die Brüder, die bei Tisch lesen oder aufwarten, erhalten für ihr Amt im Gotteshaus eine eigene Weihe. Gehorsam vor der Autorität und Ehrfurcht vor dem Mitmenschen sind religiös begründet. Im Abt sowohl, als auch im Gast, der an die Klosterpforte klopft, soll Christus geschaut werden, der Hohepriester der heiligen Liturgie. Die heilige Regel schreibt vor, daß sogar die gewöhnlichsten Werkzeuge wie Altargefäße betrachtet werden sollen. So sehr schaut der Mönch im Opfer Jesu Christi die höchste und größte Tat, in die jedes Bemühen einmündet, "damit in allem Gott verherrlicht werde".

Durch sein heiliges Gesetzbuch hat unser Ordensvater seine Söhne zu Trägern des liturgischen Gedankens, seine Klöster zu Heimstätten des würdigen Gottesdienstes gemacht. Daß die Liturgie heilige und zudem lebenstüchtige Menschen zu erziehen vermag, beweist nicht zuletzt Sankt Benedikt und die ruhmvolle Geschichte seines Ordens. Lernen wir vom Patriarchen der Mönche beten und arbeiten in diesem Geiste der Liturgie. Er ist nichts anderes als der Geist des gelebten einfachen Christentums, dessen Inhalt der Heilige in den Satz gesammelt hat: "Ihr sollt der Liebe Christi rein gar nichts vorziehen."

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Mit himmlischen Brot ernährt

Fest des seligen Bruder Klaus: 22. März.

Wir Menschen tragen mehr oder weniger die Eigenart der S ch o l l e an uns, verkörpern den Charakter der Familie und des Volkes, denen wir entstammen. Bruder Klaus ist ein echter Sohn der Schweizerberge und bringt kernige katholische Schweizerart in edelster Form zum Ausdruck.

Im Flüeli, ob Sarnen, in der Urschweiz, ist er geboren. Dort ist aus knorrigen Eichenbalken sein behäbiges Haus gezimmert. Kleine, freundliche Fenster erhellen und wärmen die geräumige, aber niedrige Stube. Der große Eichentisch, festgezimmerte Bänke, das Weihwasserbecken und ein kunstvoll geschnitztes Kruzifix in der Ecke sind stille Zeugen einer kraftvollen Lebensweise, die wenig bedarf und viel Hartes stark und ruhig erträgt. Milch und Brot, gedörrtes Obst bilden die alltägliche Nahrung, selbstgesponnene und selbstgewobene Linnen und Stoffe die rauhe Kleidung. In dieser Umwelt wächst der Heilige auf. Seine große, wettergebräunte, kräftige Gestalt offenbart eine unverbildete, willensstarke Seele und verrät den schweigsamen Mann der Arbeit. So ist die Bauernart unserer Berge.

Die harte und kräftige Lebensweise hat Bruder Klaus mit andern aus Seiner Heimat geteilt. Was ihm aber unter Seinen Volksgenossen früh ein besonderes Gepräge gab, war die Liebe zum Gebet, die wundervoll in Sein Charakterbild hineinpaßt. Der Selige hat das Schweigen geliebt und in der Einsamkeit gebetet. Sein Gebetbuch war nichts anderes als die Schönheit der Heimat und das Kruzifix, wie es in der Stubenecke hing. "Da finde ich meine Nahrung und meine Arznei, die mich täglich ernähren und die mich nicht nur zur Not, Sondern tausendmal mehr erquicken als alle sinnlichen Lustbarkeiten." Die betende Betrachtung des Kreuzes gab diesem Leben harter Arbeit die Weihe.

Bruder Klaus war nicht ein Einzelgänger, er diente der G e m e i n s ch a f t und lebte seiner großen Familie. Das Eheleben ist in seinen Augen ein heiliger, gottgewollter Dienst an der Schöpfung. Zehn Kinder verdanken ihm Leben und Erziehung. Aber auch Gemeinde und Land widmete er seine Arbeitskraft und diente dem Volksganzen als Amtmann und Richter.

Wer Gott im Kleinen und Alltäglichen ständig treu ist, wird von Ihm wohl auch zu Großem und Außergewöhnlichem berufen. Bruder Klaus war schon ein heiliger Mann, wie er noch in seiner Familie lebte und hinter dem Pfluge ging. Aber es gefiel Gott, ihn noch enger an Sich zu Ziehen. Auf den Ruf des Schöpfers verließ der Selige Weib und Kinder, Amt und Würde, um in völliger Einsamkeit nur mehr dem Gebet und der Betrachtung zu leben. Losgelöst von der Welt und endgültig in Gott begründet, bekommt das Beten und Wirken des Heiligen etwas von göttlicher Größe und Weite. Eben erst in der Einsamkeit, als der weltabgeschiedene Beter im stillen Ranft, ist Bruder Klaus der größte Eidgenosse geworden, der wie ein zweiter Moses die Hände für sein Volk zum Himmel hielt und in der Zeit drohender Gefahr als weiser Ratgeber das Land vor Unglück bewahrte.

Wir wissen, wie Bruder Klaus in der Einsamkeit gebetet und betrachtet hat. Seine einzige Furcht war die Trennung von Gott, sein einziges Verlangen die stets innigere Verbindung mit Gott, sein höchstes Glück das Ruhen in Gott. So ist sein wundervoll kräftiges Gebet entstanden: "Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu Dir. Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu Dir. Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen Dir." Knapp, einfach und schlicht geht solch ein Gebet auf das Wesentliche und Ganze.

Jesus Christus ist dem Bruder Klaus das lebendige Verbindungsglied zwischen Gott und Mensch, zwischen Himmel und Erde. Darum grüßte er mit den Worten: "Der Name Jesu sei euer Gruß!" Jesus ist sein Leben, die heilige Messe der Höhepunkt seiner religiösen Betätigung. Es gelang ihm, einen eigenen Kaplan anzustellen, der ihm täglich das heilige Opfer feierte. Die heilige Eucharistie gab ihm jene Gottverbundenheit, die all sein Sehnen und Streben ausmacht. Die heilige Messe und die heilige Kommunion sind aber auch Gemeinschaftsopfer und Gemeinschaftsmahl der Gläubigen unter sich, des geheimnisvollen Leibes Christi. Darum nimmt Bruder Klaus, trotz der eigenen Kapelle und trotz des eigenen Priesters, an allen Sonn- und Feiertagen am gemeinsamen Pfarrgottesdienst teil. Echte katholische Frömmigkeit war auch im fünfzehnten Jahrhundert nicht anders als heute: Christus im gemeinsamen Opfer ist ihr Mittelpunkt.

Gott hat dem katholischen Schweizervolk einen Landespatron gegeben, den man in einem weiteren, ganz außerordentlichen Sinn einen liturgischen Heiligen nennen mag. Wie nämlich einwandfreie Zeugen bestätigen, hat Bruder Klaus während zwanzig Jahren ohne irdische Nahrung, nur mehr von der heiligen Kommunion gelebt. Nicht mehr er selber lebte, sondern Christus lebte in ihm. Mit der Kirche beten wir am Fest des heiligen Landesvaters um immer größere Liebe zu Jesus im Sakrament:

„0 Gott, der Du den seligen Einsiedler Nikolaus mit der Engelsspeise wunderbar ernährt hast, wir bitten Dich, gib, daß wir durch seine Fürbitte den Leib und das Blut des Herrn stets würdig genießen und im Himmel glorreich zu schauen vermögen. - Amen!"

 

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Siehe, ich bin eine Magd des Herrn

 

Fest Mariä Verkündigung: 25. März.

Die guten Menschen unserer Zeit lieben das, was einfach und wahrhaft, echt und rein ist. Alles Unreelle ist ihnen zuwider, alles Gemachte, dessen äußerer Schein nicht dem inneren Wert entspricht. Wem es ernst ist mit dieser Meinung, der wird mit immer neuer Freude das Evangelium von Mariä Verkündigung lesen. Da ist kein einziges leeres Wort, da sind große Dinge schlicht und klar gesagt. Da ist ein reiner Mensch allein mit dem Engel Gottes im jungfräulichen Gemach. Und das Gespräch des Engels und der Jungfrau berührt die Geschicke von Himmel und Erde, und was sich in aller Stille vollzieht, ist von göttlichem Ausmaß. Die biblische Erzählung hat die Kraft der Wahrheit und Einfachheit und ist erfüllt von der Anmut der Jungfräulichkeit.

An Mariä Verkündigung ist das Ewige Wort Fleisch geworden. Jesus wird Mensch und Maria Seine Mutter. Das geschieht im gleichen Augenblick, im gleichen unaussprechlichen Geheimnis; denn Jesus wird durch Maria und in Maria Mensch. Mit der Menschwerdung des Sohnes Gottes beginnt unsere Erlösung und somit auch das Mitwirken Marias zur Rettung der Welt. Es wäre undankbar, wollten wir den Anteil der Gottesmutter am Heilswerk vergessen. Denn sie ist freiwillig und unter Opfern Miterlöserin geworden. Gerade die heilige Messe am Fest Mariä Verkündigung, die sakramentale Erneuerung unserer Erlösung, legt uns nahe, fromm zu überlegen, wie Maria im Augenblick der Menschwerdung Christi zur Errettung der Welt beigetragen hat.

Das Unglück der Menschen begann mit der Sünde im Paradies. Doch schon dort hat Gott Feindschaft gesetzt zwischen Satan und dem Weibe - eben Maria - und zwischen den Teufelskindern und dem Sohne der Jungfrau. Die Strafe, die dann wirklich am bösen Feind vollzogen wurde, bestand darin, daß Gott alles umkehrte, was dieser zum Verderben der Menschen ausgedacht hatte. Es war, wie wenn Gott einen Knoten, den der Teufel geschlungen, wieder Zug um Zug auflöste.

Durch die List Satans hat uns am Anfang ein Mann und eine Frau gar sehr geschadet. Da hat der Herr dazu das genaue Gegenteil aufgestellt: durch einen andern Mann und eine andere Frau ist uns Heil geworden. Durch Adam und Eva sind wir als sündige Menschenkinder geboren, durch Jesus und Maria werden wir begnadete Gotteskinder. Jesus Christus ist der neue Adam, Maria die neue Eva. Zum Falle der Menschen hat ein gefallener Engel mitgewirkt, zu ihrer Rettung der heilige Engel Gabriel. Die Schlange wollte vor allem den Mann verderben, weil er das Haupt des Menschengeschlechtes war. Um zum Ziel zu gelangen, bediente er sich der Frau. Eva war Mittlerin zur Sünde. Jesus ist das Haupt aller Erlösten, aber der Engel kam zuerst zu Maria. Sie ist Mittlerin zur Gnade. Der Versucher kam zu Eva, als sie noch Jungfrau war, der Bote Gottes sprach zu Maria, die immer Jungfrau blieb. Eva ward versprochen, sie werde sein wie die Götter, und die Frau gehorchte der Schlange und widersetzte sich Gott. Maria ward ein Kind verheißen, das Sohn Gottes genannt wird, und sie war dem Engel zu Willen und sagte: "Siehe, ich bin eine Magd des Herrn." So begann mit einer Frau die Not der Sünde, die durch den Mann vollendet wurde, durch eine andere Frau die Fülle der Gnade, die Jesus Christus verliehen hat.

Gott hat bei der Menschwerdung Seines Sohnes eine Rucksicht genommen, die wir nicht genug bewundern können. Er hat die Empfängnis und die Geburt Jesu dem freien Ermessen der Jungfrau anheimgestellt. Maria hat persönlich eingewilligt, Mutter des Erlösers zu werden. Sie entscheidet die Erlösung. Aus eigenem Willensentschluß, aus der Tugend der Gottes- und Menschenliebe heraus, hat sie der Botschaft des Engels zugestimmt. So war denn das Werk der Erlösung von ihr abhängig. Sie wurde in Wahrheit die Ursache unseres Heils.

So ist es denn billig, daß wir Maria für unsere Erlösung danken, ihre Einwilligung loben. Aus ihrem Worte wurde Gott die höchste Ehre, den Menschen aber Gnade und Friede. Die Sehnsucht der vergangenen Jahrhunderte hat sie gestillt, und das Glück aller Zukunft ruht in ihr. Aus ihrem Leib und ihrer Seele gibt sie der Schöpfung alle Erfüllung und tiefe Seligkeit. Maria Zu Lob und Dank trägt darum die Kirche durch die Glocken dreimal des Tages das große Geheimnis der Verkündigung in die Welt:

Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft,

Und sie empfing vom Heiligen Geiste.

Maria Sprach: Siehe, ich bin eine Magd des Herrn,

Mir geschehe nach deinem Worte.

Und das Wort ist Fleisch geworden

Und hat unter uns gewohnt.

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Vier geheimnisvolle Zeichen

Fest des heiligen Evangelisten Markus: 25. April.

Wenn wir den Namen des heiligen Markus hören, so ersteht zugleich vor unsern Augen der prachtvolle, mähnenumflatterte Kopf eines Löwen. Er ist das Symbol des Evangelisten. Etwa im fünften Jahrhundert hat man den Verfassern der vier Evangelien sinnbildliche Lebewesen zur Seite gegeben. Anlaß dazu bot eine Stelle bei Ezechiel, die heute als Epistel bei der heiligen Messe verlesen wird. Der Prophet Sah um den Thron Gottes vier geheimnisvolle Wesen mit dem Antlitz eines Menschen, eines Löwen, eines Ochsen und eines Adlers. Weil der heilige Matthäus sein Evangelium mit dem Geschlechtsregister des menschgewordenen Gottes beginnt, sah man ihn im Menschenantlitz vorgebildet. Im ersten Kapitel beim heiligen Markus begegnet uns die Stelle: "Ich bin die Stimme des Rufenden in der Wüste: bereitet den Weg des Herrn." Der Rufer in der Wüste läßt an die dröhnende Stimme des Wüstenkönigs, des Löwen denken, der darum das "Wappentier" des heiligen Markus geworden ist. Der O ch s ist der Begleiter des heiligen Lukas, weil dessen Geschichte Jesu mit der Erzählung über den Priester Zacharias anhebt. Die Gedankenreihe "Priester - Opfer - Opfertier" führte zu diesem merkwürdigen Symbol. Im Fluge des Adlers endlich erhebt sich der Theologe unter den Evangelisten, der heilige Johannes in die unendlichen Tiefen und Weiten der Gottheit selber. Er hat mit dem klarsten und schärfsten Auge in die Sonne der heiligen Dreifaltigkeit hineingeschaut.

Für ein rechtes Verständnis der liturgischen Gebete und Lesungen ist es von hoher Bedeutung, die heiligen vier Evangelisten in ihrer Eigenart zu erfassen und zu würdigen. Das Fest des heiligen Markus bietet Raum zu einer entsprechenden kleinen Betrachtung. Ihm, dessen Tag wir heute feiern, gelte unser erstes Gedenken.

Das Evangelium des heiligen Markus gilt als das liebenswürdigste Buch der Welt. Der es geschrieben hat, war ein Schüler des Petrus, und man spürt in seinem Buch das Temperament des Apostelfürsten. So herzerquickend ist seine Frische und so sprudelnd seine Lebendigkeit. Es berichtet vom gewaltigen Eindruck, den die äußere Erscheinung des Herrn auf das Volk machte, vom zündenden Blick des Heilandes und von der Liebe und Güte, die aus Seinem göttlichen Auge die Jugend anschaute. Das Markusevangelium hat die Ereignisse im Leben Jesu am genauesten nach der zeitlichen Ordnung niedergeschrieben: Zug um Zug hat sich unvergeßlich in die Erinnerung des Augenzeugen eingegraben. Es ist - dem äußern Umfang nach - kürzer als alle andern: sein Verfasser hat das am schnellsten fließende Blut. Aber trotz seiner Gedrängtheit enthält gerade dieses Buch die meisten Wunderberichte. Es hat den ausgesprochenen Zweck, der ganzen Menschheit den durch Wunder bezeugten Gottessohn zu verkünden.

Das meist gelesene Buch der Welt ist das Evangelium des heiligen Matthäus. Es richtet sich zunächst an die Juden und erweist Christus als den Messias des auserwählten Volkes. Das Alte Testament findet seine Erfüllung in der heiligen Kirche, die Jesus Christus aus eigener Machtvollkommenheit gründet und mit eigenen Gesetzen dem Alten Bund entgegenstellt. Matthäus hat am eindrucksvollsten über die Kirche, das Reich Gottes oder das Himmelreich geschrieben. Etwas vom Teuersten, was er uns so überliefert hat, ist die unvergleichliche Bergpredigt des Heilandes.

Als das schönste Buch der Welt wird das Evangelium des heiligen Lukas gepriesen. Es berichtet am treuesten über Maria, die Gottesmutter und über die Kindheit Jesu. In ihm ist zum erstenmal das Ave Maria, das Magnifikat angestimmt, sowie das Gloria, das in der heiligen Messe über die Erde fortklingt. Vor allem aber hat kein Evangelist ergreifender die zarte Liebe Jesu zu den Sündern und Sünderinnen gezeichnet. Die sinnigen Gleichnisse vom verlorenen Sohn, vom verlorenen Groschen, vom barmherzigen Samariter, vom Pharisäer und Zöllner hat er uns aufbewahrt. Lukas läßt den Herrn, der in Todesqual kaum mehr stammeln kann, zum rechten Schacher sagen: „Heute noch wirst du bei Mir im Paradiese sein." Der heilige Lukas ist ein Paulusjünger, und was sein Evangelium aller Welt verkünden will, läßt sich in die Worte fassen: Jesus Christus ist der Erlöser auch der Heiden.

Der letzte der Evangelisten, Johannes, schrieb das tiefste Buch der Welt. Tiefer ist niemand in das innere göttliche Leben des Heilandes eingedrungen. Er war der Jünger, den Jesus lieb hatte, und er durfte die Geheimnisse des göttlichen Herzens hören. Perlen seines Evangeliums sind die Erzählung von der Heilung des Blindgeborenen und von der Auferweckung des Lazarus. Er weiß, wie Jesus gegen die Ehebrecherin war und gegen die Frau am Jakobsbrunnen. Nur er hat die Worte des sterbenden Heilandes an Seine Mutter überliefert und den Bericht von der Lanze, die die Seite des Herrn durchführte, so daß Blut und Wasser herausfloß. Das Allerschönste ist aber die Einleitung zu seinem Evangelium, die jeweils am Schluß der heiligen Messe gelesen wird: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort."

Lob sei Dir, Christus, für das eine heilige Evangelium, das sich durch Matthäus, Markus, Lukas und Johannes wundervoll zusammenschließt. Mögen dessen Worte, wie es in der heiligen Messe heißt, unsere Sünden tilgen. - Amen!

 

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Herr, zeig uns den Vater!

Fest der heiligen Apostel Philipp und Jakob: 1. Mai.

Das Leben Jesu ist von einer glühenden Leidenschaft beherrscht, von der Hingabe an den Vater. Nichts unterstreichen die Evangelisten so eindringlich wie die heiße, starke Liebe Jesu zu Seinem himmlischen Vater. Mit dem ersten Wort, das wir von Jesus kennen, stellt Er Sich entschieden und unwiderruflich an die Seite des Vaters: "Wußtet ihr nicht, daß Ich in dem sein muß, was Meines Vaters ist?" Und der letzte Atemzug gehört dem Vater: "Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist." Aus Jesu Worten und Handlungen bricht wie ein "leuchtender Goldgrund" Seine innigste Verbundenheit mit dem Vater hervor. Im qualvollen Leiden und Sterben hält Ihn der Wille des Vaters aufrecht: "Vater, nicht wie Ich will, sondern wie Du." Und wenn Sein Herz frohlockt, so strömt der Dank an den Vater über die Lippen: "Ich danke Dir, Vater, Ich preise Dich, Vater." Eine drängende Sehnsucht erfüllt Ihn am Ende Seines Lebens: "Heiliger Vater, jetzt komme Ich zu Dir." So beglückend hat Jesus Seinen Jüngern den Vater geschildert, daß der heilige Apostel Philipp nur mehr den einen brennenden Wunsch kennt: "Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns."

Das Evangelium am heutigen Tag berichtet über diese Bitte des Apostels und teilt auch die Antwort Jesu mit: "Philippus, wer Mich sieht, sieht auch den Vater . . . Glaubt ihr nicht, daß Ich im Vater bin und der Vater in Mir ist? Die Worte, die Ich zu euch rede, rede Ich nicht aus Mir selbst. Der Vater, der in Mir wohnt, Er vollbringt die Werke." Was der Heiland spricht, gibt Ihm der Vater ein, was Er tut, wirkt der Vater. Jedes gute Werk und jedes wahre Wort kommt vom Vater im Himmel. In Jesus offenbart Sich die Macht und Weisheit und Liebe des Vaters. In Seiner tiefen Demut anerkennt der Heiland sogar, daß der Vater all das, was Er in Seinem Sohne wirkt, auch durch andere vollbringen kann: ,, Wahrlich, wahrlich ,,Ich sage euch, wer an Mich glaubt, der wird die gleichen Werke vollbringen wie Ich, ja noch größere." Ganz und restlos will Jesus dem Vater die Ehre geben.

Die beiden heiligen Apostel Philippus und Jakobus der Jüngere, deren Fest wir heute feiern, haben wie Jesus gelehrt und gewirkt. Aber auch sie haben nicht aus sich selber geredet. Und auch ihre Werke hat der Vater vollbracht. Darum nehmen denn auch die Gebete und Lesungen der heiligen Messe auf ihr persönliches Leben wenig Bezug. Sie preisen nur den Vater, der Sich in ihnen offenbart hat: ,, Alleluja, alleluja. Die Himmel rühmen Deine wunderbaren Taten, Herr, und Deine Wahrheit preisen wir in der Gemeinde der Heiligen. Alleluja."

Nach dem Willen Jesu sollst auch du immer und allezeit den Vater loben und dem Vater Dank sagen. Unser religiöses Leben besteht in der Hingabe an den Vater in Christus Jesus. Der Heiland hat uns gelehrt, daß wir zum Vater beten sollen. So rufen wir denn zu Ihm im Namen Jesu, durch das Blut Jesu, durch das allerheiligste Herz Jesu. Was uns wie dem heiligen Philippus voll genügt, ist der Vater. Jesus aber ist der Weg und der Mittler zu Ihm. Es ist vor allem die Liturgie, die diesen Kerngedanken des Christentums uns stets von neuem einprägt. Sie betet immer zum Vater durch Jesus Christus unsern Herrn. In der heiligen Messe reicht sie dem himmlischen Vater unseren Herrn Jesus Christus als Opfergabe dar. "Heiliger Vater, nimm auf diese unbefleckte Opfergabe." So heißt es beim Offertorium. Im Anfang der Stillmesse stehen die Worte: "Dich, gütiger Vater, bitten wir demütig und flehen zu Dir durch Jesus Christus." Und erhebend klingt der Kanon aus:

"Durch Ihn (den geopferten Christus) und mit Ihm und in Ihm wird Dir, Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes, alle Ehre und Verherrlichung von Ewigkeit zu Ewigkeit. - Amen!"

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Wir sollen uns rühmen im Kreuze

Fest der Auffindung des heiligen Kreuzes: 3. Mai.

Am Kreuz und am Kreuzzeichen erkennt man uns Katholiken. Wo man die heilige Religion Christi befeindet, reißt man das Kreuz auf den Schulsälen und zerbricht das Kreuz. Wo am Wegrand das Kruzifix steht und von den Türmen der Kapellen und Kirchen grüßt, da ist katholisches Erbland. Wo die Mutter den Kindern das heilige Zeichen auf Stirne, Mund und Brust macht, Nächst ein katholisches Geschlecht auf. Wo immer das Christentum den Menschen Segnungen bringt, geschieht es im Kreuze. Die Kirche und ihre Gnade ist im Kreuze beschlossen. Das Kreuz ist das Sinnbild der heiligen Re l i g i o n, die unsere Freude und unser Ruhm ist.

Im Eingangslied zum Gottesdienst am heutigen Tage gibt uns die Liturgie die starken inneren Beweggründe zur Ehrfurcht vor diesem heiligen Zeichen: "Wir aber sollen uns rühmen im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus: i n Ihm ist unser Heil, Leben und Auferstehung."

Nach dem Ausspruch der Gottesfreunde der alten Zeit kann die gottliebende Seele nichts Herrlicheres und Freudenreicheres finden, als den hochgebenedeiten Gottessohn, wie Er in den Wunden am Kreuze hängt. Die offenen Wunden Jesu sind ein offenes Buch, in denen Gottes Liebe eingeschrieben ist. An den Kreuzesbalken, die das Blut Jesu aufgesogen haben, wird Gottes Größe in so gewaltiger und lieblicher Weise offenbar, daß sie das gläubige Menschenherz ergreifen muß. Die heilige Liturgie, der doch jeder Ueberschwang der Gefühle fern liegt, formt selten einmal so rührend zarte Gebete wie vor dem Kreuze Christi: "Süßes Holz, von süßen Nageln und süßer Last beschwert."

Das Kreuz Christi ist der Opferaltar des Neuen Bundes, das Werkzeug unserer Erlösung. Wie aus einer Quelle ist von ihm das Leben ausgeflossen, von dem der Heiland im heutigen Evangelium spricht. Als einst die Israeliten zur Zeit des Moses wider Gott gemurrt hatten, sandte der Herr Schlangen mit brennendem Gift unter sie. Und sehr viele, die von den Schlangen gebissen wurden, starben. Da machte Moses auf Gottes Geheiß eine Schlange aus Erz und richtete sie zum Zeichen auf: und die gebissen waren und sie ansahen, wurden geheilt. Nach den Worten Jesu ist die eherne Schlange, die auf einem Prahl aufgerichtet war, ein Vorbild des gekreuzigten Erlösers. Ein jeder, der von der Sünde verletzt, an den erhöhten Menschensohn glaubt, der wird nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.

Die Freude am Leben, das vom Kreuze ausgeht, hat die erste christliche Zeit so ergriffen, daß man im gekreuzigten Jesus nicht so fast den Mann der Schmerzen sah, als vielmehr den Sieger über Tod und Hölle. Deshalb wurde der Gekreuzigte mit einer Königskrone und einem feierlichen Prachtgewand dargestellt. Aus Seinem Antlitz wurden alle Tränen ausgewischt und alle Trauer herausgenommen. Und, statt mit Blutstropfen, wurden die Kreuzesbalken mit kostbaren Perlen und Diamanten besetzt. So kommt es, daß die Kirche ausgerechnet am heutigen Tage, im Anblick der durchbohrten Hände und Fuße des Heilandes, das gewaltige, kraftvolle Offertoriumslied singt: "Die Rechte (die starke Hand) des Herrn wirkt mächtige Taten, die Rechte des Herrn erhöht mich. Ich werde nicht sterben, sondern leben und verkünden die Werke des Herrn, alleluja."

Seit Christus gestorben ist, hat man in allen Ländern der Erde Millionen und Milliarden von Kreuzen roh gezimmert und kunstvoll verfertigt. Jeder, der an Christus glaubt, hat sein eigenes Kreuz, das ihm seine Erlösung bezeugt. Soviel Kreuze und Kreuzlein sind auf der Welt verteilt, daß sich aus ihnen ganze Wälder von Kreuzesbäumen aufstellen ließen, die ein gewaltiges Zeugnis für die Erlösung des Menschengeschlechtes ablegen. Aber die eindrucksvollste Erinnerung an das Kreuz, die lebendige Erneuerung der Kreuzesgnade, der mächtigste Zeuge für den Kreuzessegen ist der Opferaltar in unseren Kirchen. Alles, was uns das Kreuz liebenswürdig und ehrwürdig macht, vollzieht sich in der heiligen M e s s e. Möge das heutige Fest den Glauben an das eucharistische Opfer in uns mehren und fruchtbar vertiefen.

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Der Thron der Gnade

Fest Maria, der Mittlerin aller Gnaden: 31. Mai.

Das heutige Fest ist nicht allgemein im kirchlichen Kalender verzeichnet. Man mag aber nicht daran zweifeln, daß es bald allenthalben das Herz des katholischen Volkes erobern wird. Auf keinen Fall darf es in der Reihenfolge der Marientage unseres Buches fehlen, weil das Bekenntnis zu Maria, als der Mittlerin aller Gnaden, für den Geist des kirchlichen Betens von großer Bedeutung ist. Zudem bietet sich so Gelegenheit, wenigstens einmal im Monat Mai der Mutter Gottes zu gedenken.

Wenn wir Maria als Mittlerin aller Gnaden preisen, so halten wir mit vielen ausgezeichneten Gottesgelehrten dafür, daß uns von Gott keine Gnade verliehen werde ohne die Mitwirkung der Mutter Gottes. Das ist nicht so gemeint, daß wir jedesmal, wo wir eine Gnade erbitten, uns ausdrücklich an Maria wenden müßten, noch auch, daß uns Gott nicht anders erhören könnte. Wir sagen nur, daß die Verdienste und die Fürbitte Christi uns tatsächlich durch die Dazwischenkunft der Gottesmutter zugute kommen. Es soll uns eine Freude Sein, anhand der liturgischen Gebete darüber nachzudenken, wie Maria auf ihre Art vom Himmel her Rosen auf die Erde streut.

Im Eingangslied zur heutigen Messe singt die Kirche: "Gehen wir mit Vertrauen zum Throne der Gnade." Das ist eine Einladung zu Maria. Sie ist der Thron, der unter dem Menschengeschlecht für Jesus zubereitet ward. Als auserwähltes Geschöpf hat sie den Sohn Gottes auf Erden aufgenommen. Es geschah das nicht bloß dem Leibe nach, Sondern mit aller Sehnsucht, Andacht und Innigkeit ihrer begnadeten Seele. Es war, wie wenn die ganze Schöpfung in ihr geistigerweise bereit stand und die Hände nach dem Erlöser ausstreckte. Sie stand in der Mitte zwischen der Schöpfung und dem lieben Gott. Und im Namen aller Menschen empfängt sie vom Heiligen Geist den Heiland und in Ihm alle Gnaden, und nun wendet sie sich den Menschen zu und übergibt ihnen den Welterlöser, nicht bloß äußerlich, Sondern als mütterliche Mittlerin Seines Werkes und Seiner Verdienste. Die heilige Liturgie drückt diesen Gedanken in wunderbar einfacher Form aus, wenn sie Sagt, es habe in Maria ein T a u s ch stattgefunden: sie gab Jesus die Menschennatur (rein und makellos), Jesus aber gibt ihr dafür Seine göttlichen Gnaden und Erlöserverdienste. Als Mutter Jesu gibt sie dem Sohn Gottes Fleisch und Blut, als Mutter der Menschen uns allen Gnade und Erbarmen.

Wie wir am Fest der Sieben Schmerzen Maria näher erklären, hat die allerseligste Jungfrau zum Opfertode Jesu mitgewirkt. Sie hat das Opferlamm zum Altar geführt: dafür empfängt sie alle Kraft des Leidens Christi. Sie gibt das Opfer und empfängt als Entgelt den Opfersegen.

Wem der Baum gehört, dem sind auch dessen Früchte eigen. Maria ist der geheimnisvolle Grund, aus dem der Erlöser herausgewachsen ist, deshalb gehören ihr auch die Erlöserfrüchte. Sie steht jetzt im Himmel zur Seite Jesu Christi, der unser ständiger Fürsprecher beim Vater ist. Wie sie mit dem Heiland das Versöhnungsopfer dargebracht hat, so betet sie jetzt mit Ihm für uns. Und aus diesem Doppelgebet kommt jede Vollkommenheit und Wahrheit, jede Hoffnung auf Leben und Tugend.

Nach der Lehre unseres Glaubens sind wir C h r i st i Leib. Alles, was an Christus (dem Haupte) geschehen ist bei Seiner Menschwerdung, Kreuzigung, Auferstehung am dritten Tag, Himmelfahrt, ist so geschehen, daß in diesen Vorgängen das Leben der Christen (Seines Leibes) enthalten ist. In Christus und mit Christus sind wir zum Leben der Gnade geboren, in Ihm sind wir gestorben, in Ihm sind wir auferstanden. Er wird in uns geboren, Er stirbt in uns, Er aufersteht in uns. Dann ist aber Seine Mutter auch unsere Mutter. Was Maria am Leib des Heilandes getan hat, das tut sie an unserer Seele. Sie gibt uns das Leben der Gnade, sie nährt und hegt und schützt es. Es ist nur ein anderer Ausdruck, wenn wir Maria statt "unsere Mutter" eine "Mittlerin aller Gnaden" nennen. Darum wird denn auch am heutigen Fest jenes Evangelium verlesen, wo Christus am Kreuz uns als Kinder Marias, Maria aber als unsere Mutter bestimmt hat.

Die Verdienste Jesu am Kreuz, die Erlösungsgnaden, kommen uns in erster Linie zu durch die heiligen Sakramente, durch die Weihungen und Segnungen und Gebete der heiligen Kirche. Damit eröffnet sich ein neuer Einblick in das gnadenvolle Wirken der Mutter Gottes unter uns Menschen. Maria lebt inmitten der Kirche. In der mütterlichen Sorge, die die Kirche um unsere Seelen trägt, ist die mütterliche Liebe der Gottesmuster dargestellt. Tag für Tag bringt die Kirche, als Abbild der Gottesmutter, den eucharistischen Heiland hervor und gibt Ihn zum Opfer in der heiligen Messe und wendet uns die Früchte der Gnade zu. Ein tiefes Verständnis unserer heiligen Kirche vermag in uns die Liebe zur Mutter Gottes wunderbar zu vermehren, und je mehr wir in das Leben und Wirken der allerheiligsten Jungfrau hineinschauen, um so größer wird unsere Treue und Anhänglichkeit an unsere heilige Kirche sein.

Wo immer die katholische Liturgie gefeiert wird, betet man sicher zu Maria. Eine innige, glaubensvolle Andacht zur Gottesmutter soll eine Frucht der liturgischen Erneuerung unseres Volkes sein.

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Prophet des Allerhöchsten

Geburtsfest des heiligen Johannes des Täufers: 24. Juni.

Das Geburtsfest des Täufers weckt mitten im Sommer Adventstimmung. Es feiert eine Begebenheit, die aufs innigste zusammenhängt mit der Empfängnis und der Geburt des Herrn. Durch die ganze Gestalt des Johannes leuchtet der kommende Christus. Der Täufer ist dazu geboren, daß er vor Christus verschwindet und Ihm Patz macht. Der Heilige hat es selber mit eindeutigen Worten gesagt: "Er muß wachsen, und ich muß abnehmen." Symbolisch findet dieses Geständnis sprechenden Ausdruck darin, daß das Geburtsfest des Täufers in jenem Zeitpunkt gefeiert wird, wo die natürliche Dauer der langgewordenen Tage wieder umschlägt, wahrend sechs Monate später, am Geburtsfest des Herrn, das Wachsen der Tage beginnt.

Im heiligen Johannes erscheint noch einmal vor Christus die Eigenart der alttestamentlichen Propheten kräftig ausgeprägt. Sankt Johannes ist der größte unter den Propheten. Während die andern in dunklen Bildern vom kommenden Erlöser gesprochen, darf er mit dem Finger auf den gegenwärtigen hinweisen, ja, er darf den Gottessohn taufen. Der Prophet war jeweils Dolmetsch Gottes, von Gott gemacht, in Sein Volk eingesetzt und von Gott geführt. Von großem sittlichem Ernst erfüllt, ist er ganz Kraft und Männlichkeit, furchtlos und herb. In diesem Sinn legt die Kirche dem Täufer eine Art Selbstoffenbarung in den Mund: "Der Herr hat mich berufen vom Mutterleibe an; schon im Mutterschoß gedachte Er meines Namens. Er machte meinen Mund gleich einem scharfen Schwert: mit dem Schatten Seiner Hand bedeckte Er mich. Er machte mich gleich einem auserlesenen Pfeil, in Seinem Köcher barg Er mich. Er Sprach zu mir: Mein Knecht bist du, durch dich will Ich verherrlicht werden."

Der heilige Johannes ist auf außerordentliche Weise im Mutterschoß geheiligt worden durch die Heimsuchung Maria, er hat aber auch in Seinem ganzen Leben, ergreifend, wie niemand anders, zum Ausdruck gebracht, daß der Prophet nicht für Sich da ist, Sondern an Gottes Statt. Für Gott in der Einsamkeit abgesondert, wird Johannes vor die Menschen hintreten mit dem Bekenntnis: "Ich bin die Stimme des Rufenden in der Wüste." Er nennt sich nicht einmal "den Rufenden in der Wüste", Sondern d i e Stimme, das Werkzeug dessen, der durch ihn ruft. Er hält sich nicht für wert, diesem Einen die Schuhriemen aufzulösen. Johannes hat Jünger um sich versammelt, die er gewiß lieb hatte. Aber wie der Heiland in der Wüste erscheint, weist er die Jünger auf Ihn hin: "Seht dort das Lamm Gottes." Er freut sich, daß seine Jünger ihn verlassen und Jesus anhangen. Das ist sein Beruf, durch Demut zur Größe Christi beizutragen. Ist Jesus erst einmal in der Oeffentlichkeit erschienen, so kann der Vorläufer überhaupt abtreten. Er darf sich nicht einmal freuen am Erfolg seines Werkes. Das Werkzeug, das man gebraucht hat und das seinen Zweck erfüllt, wird einfach weggelegt. Johannes kommt so völlig unrühmlich ums Leben. Er wird abgetan, wie wenn er gar nichts zu bedeuten hätte. Ein tanzendes Mädchen, von einer gewissenlosen Mutter aufgestachelt, verlangt sein Haupt, und der Heilige wird hingerichtet. Es gibt wenige Heiligenleben, über die wir so sicher unterrichtet sind und die zugleich so erschütternd wirken, wie das des Täufers in seiner Selbstlosigkeit.

Die Geschichte des heiligen Johannes stellt uns die alles überragende, unumschränkte M a j e st ä t C h r i st i vor Augen. Und die Größe des Täufers besteht darin, daß er Christus dienstbar ist mit völliger Selbstverleugnung und glühendster Liebe. Wahre Heiligkeit ist eben doch ein ungeheures Opfer, aber ein Opfer aus Liebe gebracht.

Nach der Kommunion ist in die heutige Messe der Gesang eingefügt: "Du, Kind, wirst Prophet des Höchsten genannt werden: du wirst vor dem Angesicht des Herrn einhergehen, Ihm die Wege zu bereiten." Die Worte gelten ursprünglich dem heiligen Johannes, aber irgendwie gelten sie doch uns allen. Gestärkt mit dem Fleisch und Blut des Herrn, als Christusträger, sollst auch du Wegbereiter des Herrn sein, wenigstens durch Gebet und Beispiel. Wir alle müssen abnehmen, damit Christus zunimmt, vor Christus zurücktreten und Ihm Platz machen. Und wir werden andern Vorläufer des Herrn sein, wenn wir selber innerlich das tiefe Glück über die Gnade der Erlösung erfahren haben. Darum beten wir mit der Kirche: "Möge Deine Gemeinde, o Gott, aus dem Geburtsfest des heiligen Johannes Freude schöpfen, durch den sie den Urheber ihrer Wiedergeburt erkannt hat, unsern Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn. -Amen!"

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Auf Felsengrund

Fest der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus: 29. Juni.

„Jung bleiben und Kraft bewahren", heißt ein Schlagwort unserer Zeit. Und tatsächlich wächst ein Geschlecht auf, das willens ist, gesund und jugendfrisch zu bleiben. So gelte denn auch die Liebe dieser neuen Generation einer Kirche, die seit dem Tag ihrer Gründung den ursprünglichen Wuchs bewahrt hat. Die Liturgie am Fest der Apostelfürsten führt uns zu den Quellen eines gesunden religiösen Lebens. Was unserer Kirche durch die Jahrhunderte hin Jugendkraft und Bestand sichert, ist nichts anderes als Petrus, der F e l s. Dreimal tönen heute aus den Gebeten der heiligen Messe die bedeutungsvollen Worte des Herrn an Seinen Apostel an unser Ohr: "Du bist Petrus, der Fels, und auf diesem Felsen will Ich Meine Kirche bauen."

Ein Gebäude ist die Kirche Gottes. Aber ihre Mauern mögen noch so kompakt und fest gefügt, die Granitblöcke im Fundament mögen härter sein als Stahl, wenn der Boden nicht hält, auf dem das Ganze ruht, wird es zum Einsturz kommen. Das Haus ist ja allen Elementen ausgesetzt. Schon aus der heutigen Epistel tönt der Schrecken der ersten Christenverfolgung. Die Zeiten sind selten, wo unsere heilige Religion nicht angefeindet wurde. Bald waren es allmächtige Gewaltmenschen, die gegen die Kirche Sturm liefen, bald verhetzte Menschenhaufen. Der Unverstand und die Torheit haben das Brecheisen an ihre Mauern angesetzt, so gut wie die Aufklärung und die Wissenschaft. Aber Jesus ist ein weiser Architekt. Er war ja schon bei der Grundlegung der Welt zugegen. Und Er hat Seine Kirche auf einen Felsen gebaut. Aus ihm kommt Festigkeit und Einheit. In Petrus ist die Fülle der Macht und der Gewalt, die alle Gläubigen kraftvoll erfaßt und zusammenhält.

Es ist aber nicht "Fleisch und Blut" Petri, worauf die Kirche ruht. Die Kirche ist ja ein geistiger Bau, und das, was ihr Halt und Bestand gibt, ist d e r Glaube des Petrus. Der Apostel hatte vor dem Heiland ein ganz außerordentliches Bekenntnis abgelegt. "Für wen halten die Leute den Menschensohn?" Das war die Frage Jesu an den Kreis Seiner Jünger. Und während die übrigen Apostel dies und das äußerten, Tagesmeinungen wiedergaben, war die Antwort des ersten Papstes klar und offen: "Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." Im Glauben des Petrus an die Gottheit Jesu Christi ist unsere ganze heilige Religion eingeschlossen. Die Aufgabe, die Kirche zu leiten, besteht vor allem darin, daß im unfehlbaren Lehramt der Glaube festgehalten wird, daß Christus der Sohn des lebendigen Gottes ist.

Der heilige Leo der Große hat den merkwürdigen Satz geschrieben: "In der ganzen Kirche Sagt Petrus täglich: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." Freilich wußte der heilige Leo So gut wie wir, daß Petrus gestorben ist und Seine eigene Stimme nicht mehr über die Welt hin gehört wird. Aber in einem geistigen Sinn lebt Petrus fort, in seinen Nachfolgern. Der P a p st bewahrt unfehlbar den Glauben an die Gottheit Jesu Christi, und dieser unentwegte Glaube ist der Felsengrund der Kirche. Es gibt kein Christentum ohne treues Festhalten am Glauben Roms. Darin liegt unsere Kraft. Es ist ein kostbares Merkmal unserer heiligen Liturgie, daß sie uns eng an Rom anschließt und Ehrfurcht vor dem Papste lehrt. Jedesmal, wenn sein Name in den kirchlichen Gebeten genannt wird, verneigt der Priester Sein Haupt. Im Kanon der heiligen Messe erflehen wir täglich Gottes Segen für den Diener Gottes, unsern Papst. Er ist der erste Liturge auf Erden, der oberste Hohepriester. Wir feiern den Gottesdienst wie er, unser Meßbuch ist römisch. Wir reden in der Liturgie die Sprache Roms. Und mit den Zeremonien und Gebeten übernehmen wir auch den Glauben des Papstes, der kein anderer ist, als der Glaube Petri; jenes freudige, herrliche Bekenntnis des Apostelfürsten, das unserer Zeit am dringendsten Not tut, daß Jesus ist: Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.

Dein Gelöbnis am heutigen Tage sei treue Liebe und Anhänglichkeit an den Heiligen Vater, den Papst in Rom.

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Die Gnade Gottes in mir

Gedächtnis des heiligen Apostels Paulus: 30. Juni.

Ursprünglich galt beiden Aposteln am gleichen Tag ein Doppelfest, wo der Papst am Grabe des einen und des andern das heilige Opfer feierte. Später ist das Gedächtnis des heiligen Paulus auf den 30. Juni verschoben worden, während der Vortag hauptsächlich der Erinnerung an den heiligen Petrus geweiht blieb.

Der heilige Paulus verdient es wie wenige, daß sein Andenken im Volke wieder Leben und Farbe erhielte. Mit dem heiligen Kirchenvater Chrysostomos möchten wir klagen: "Ich kann nicht sagen, wie leid es mir tut, daß nicht alle Paulus kennen, so wie er es verdient." Leben und Wirken des heiligen Apostels sind überaus mannigfaltig. Was wir in ein paar knappen Worten darbieten, ist dürftig genug.

Den Introitus zur heutigen Messe betet der heilige Paulus selber. Es sind die gleichen Worte, die er einst auf seinem Gang zum Martyrium (zum Lebensopfer) gesprochen hat: "Ich weiß, an wen ich glaube, und ich bin gewiß, daß Er die Macht hat, mein Ihm anvertrautes Gut zu bewahren." Dem Apostel war das Leben eine Aufgabe, nicht ein Genuß. Er hat gelegentlich selber in einem der Briefe einen Katalog seiner Arbeiten und Opfer zusammengestellt. Die Kirche liest ihn in der Sonntagsepistel von Septuagesima vor. Paulus war eine ganz ungewöhnliche Arbeitskraft. Er hat sich nach seinem eigenen Geständnis mehr abgemüht als alle andern Apostel. Er war ein Mann der Pflicht. Und was ihm Lebensgrundsatz ist, stellt er als unerbittliche Forderung auch an andere: "Bestrebet euch, ein stilles Leben zu führen und zu arbeiten: wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen." Mit klaren Zielen geht er willenstark durch sein Leben, und jetzt steht er ruhig und klar am Ende seiner Bahn: "Ich weiß, an wen ich geglaubt habe, und ich bin gewiß, daß Er mächtig genug ist, mir den Ertrag meiner Arbeit als ewigen Lohn aufzubewahren, Er, der gerechte Richter."

Freilich hatte sich der heilige Apostel ein Ziel gesetzt, das die Kraft eines Menschen bis in Seine letzten Fasern anspannen muß. Er wollte die ganze Fülle Gottes der Welt austeilen, die unermeßlichen Reichtümer Christi allen Völkern verkünden. Dabei verzehrte ihn ein solcher Seeleneifer, daß er unter Eid beteuern durfte: "Ich wollte selber mit dem Fluch beladen fern von Christus sein statt meiner Brüder." Paulus nennt sich mit einem heiligen Stolz "Apostel Jesu Christi", und doch faßt er sein Amt auf als Dienst am Mitmenschen, am Bruder: "Obwohl ich in jeder Hinsicht frei bin, habe ich mich doch zum Knechte aller gemacht, um recht viele zu gewinnen." Allen ist er alles geworden. Wie unser Herr Jesus Christus, sah auch er im Opfer sein Lebensziel: "Ich will mit Freuden für eure Seelen Opfer bringen, ja mich selber mit (Christus) aufopfern." Es sind wenige Jünger, wenige Heilige, die ein so treues Abbild Jesu geworden sind, wie der heilige Paulus.

Wer aber im Apostel nur einen rastlos schaffenden, schließlich auch opferwilligen, edlen Menschen sehen wollte, hätte das Letzte in seinem Herzen nicht geahnt. Paulus ist vor allem ein Gefäß der Gnade, die ihm aus freier Güte gegeben ist. Er lebt ganz in der geheimnisvollen Welt der übernatürlichen Gnade. Vom Mutterschoß her hat ihn Gott auserwählt und ihn berufen, um in ihm Seinen Sohn zu offenbaren. Wie bestimmt gesteht der große Mann: "Aus uns selbst, aus eigener Kraft, sind wir nicht fähig, auch nur einen (guten) Gedanken zu fassen; all unser Können und Vermögen stammt vielmehr von Gott." Durch die Gnade Gottes ist Sankt Paulus, was er ist.

Der Völkerapostel ist eine jener Gestalten, die uns am häufigsten bei der Feier des Gottesdienstes begegnen. Wie vielfach ist doch die Epistel zur heiligen Messe seinen Briefen entnommen! Möchte doch, so oft wir den Namen Paulus hören, in uns vor allem eine heilige Ehrfurcht vor dem Wirken der Gnade mitklingen. Unerforschlich ist die Stunde und das Maß der göttlichen Gnade, und unsichtbar sind ihre Wege. Und doch hat Gott Seiner Kirche sichtbare Zeichen und hörbare Worte gegeben, die uns die Sicherheit des inneren Gnadenwirkens verbürgen. Kein persönliches Gebet und kein Bußwerk vermag uns innerlich so sehr die Gewißheit der ewigen Auserwählung, die Ruhe und den Frieden der Seele mitzuteilen, wie der Empfang der heiligen Sakramente. Mit unbegrenztem Vertrauen schöpfen wir darum aus den sieben heiligen Quellen, damit auch unserer Glaubensüberzeugung die Festigkeit und die Zuversicht des Apostels zuteil werde:

"Ich weiß, an wen ich glaube, und ich bin gewiß, daß Er die Macht hat, mir den Ertrag meiner Arbeit als unvergänglichen Lohn aufzubewahren, Er, der gerechte Richter."

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Im Blute erlöst

Fest des kostbarsten Blutes Christi: 1. Juli.

Im feierlichen Gottesdienst unserer Kirche ist Leiden und Sterben des Heilandes wiederholt der Gegenstand frommer Erwägung. Dabei wurde im Lauf der Jahrhunderte bald dieser, bald jener Schmerz mit gläubigem Sinn besonders überdacht, bald das trauervolle, mit Dornen umwundene Antlitz des Herrn, bald die heiligen fünf Wunden oder das durchbohrte Herz. Volkstümlich ist schon früh auch die Verehrung des heiligsten Blutes geworden. Ihm gilt das heutige Fest.

Das kostbare Blut bringt uns in Erinnerung, daß der Erlöser mit dem ganzen, vollen Einsatz Seiner Person Sich für uns hingegeben hat. Es ging um Blut und Leben. Als der Herr tot am Kreuze hing, öffnete Ihm der Soldat mit der Lanze die Seite, und sogleich floß Blut und Wasser heraus. Damit war das Letzte geopfert. Der Kelch des heiligen Herzens vollständig geleert, die kostbare Traube bis zum äußersten ausgepreßt. Im Gewimmel der Vereine und Parteien gibt es heute große und kleine Führer, die schließlich eine Unsumme von Arbeit für andere auf sich nehmen. Aber wo gibt einer sein Blut? Im Christentum geht es immer um ein Ganzes. Im Blut sind wir erlöst. Treue bis aufs Blut fordert von uns die heilige Glaubensüberzeugung. Alle Halbheit und Lauheit und Unfertigkeit ist schmachvoll im Anblick des sterbenden Christus.

Im kostbaren Blut wird uns offenbar, wie erschreckend grausam das Leiden Jesu war. Nach dem Gesetz des Moses mußte einem Opfertier gleich zu Anfang aus einer Wunde alles Blut ausgelassen werden. Jesus aber, unser Opferlamm, verlor Sein Blut tropfenweise. Da war erst die Todesangst am Oelberg, die unter erschütternder innerer Qual Blutstropfen auspreßte, langsam und schmerzlich. Dann floß das Blut bei der Geißelung und Dornenkrönung. Es kam schon reichlicher aus vielen kleinen und großen Wunden. Endlich wurden eiserne Nagel durch die Hände und Fuße des Herrn geschlagen. Und jetzt rieselte das Blut in Bächlein zur Erde, bis Jesus völlig erschöpft, Sein Haupt neigte und starb. Das Blut Jesu Christi ruft es in alle Welt hinaus, wie barmherzig und gut der Herr ist.

Im Weltkrieg haben mehr als .26 Millionen Menschen Blut vergossen. Ganze Blutströme hat der Erdboden geschluckt. Es war ein furchtbares Massen-Opfer. Aber furchtbarer und größer ist doch das Opfer Jesu am Kreuz, wo d a s Blut Gottes fließt. Und was alle Schmerzen und Tränen der Welt nicht vermögen, gibt uns das Leiden des Gottmenschen. Es allein wäscht uns rein von der Sünde. So gewaltig ist die Sündenschuld, daß der allmächtige, ewige Gott nur durch das Blut Seines Eingebornen Sohnes versöhnt werden will.

Das Schönste und Tiefste bei der Feier des heutigen Festes besteht darin, daß wir wirklich und wahrhaftig am Geheimnis des heiligen Blutes teilnehmen. Bei der Opferung in der Messe wird außer dem Brot auch Wein für Gott ausgesondert und in ihnen werden wir selber für die heilige Wandlung zubereitet und geweiht. Und wenn dann durch die Worte des Priesters das Brot der Leib und der Wein das Blut Christi wird und Sein Opfertod auf dem Altar sich wieder vollzieht, dann sterben auch wir geistigerweise mit Ihm vor dem ewigen Vater und opfern uns mit voller Hingebung bis zum letzten Blutstropfen an den Willen des ewigen Vaters. Bei der Kommunion ladet uns der Herr zum Mahle und zeigt uns übergroße Liebe und Erbarmung. Er gibt uns Sein Fleisch zu essen und Sein Blut zu trinken. Christi Blut durchströmt und erwärmt uns und gibt uns ein neues Leben. Wenn wir das Blut Jesu trinken, nehmen wir teil am Leben Jesu. Die Kraft Jesu wird in uns wirksam, so daß wir befähigt werden, wie unser Herr und Meister zu leben und Zu leiden. Und einst wird dann die Freude und die Liebe, die wir schon jetzt beim Genuß des Leibes und Blutes unseres Heilandes empfinden, aufquellen zur nie endenden Seligkeit.

Der Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus bewahre unsere Seele zum ewigen Leben. - Amen!

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Den Schöpfer des Weltalls getragen

Fest Mariä Heimsuchung: 2. Juli.

Im christlichen Empfinden des Volkes ist Mariä Heimsuchung vor allem ein Fest der Frau, der gesegneten Mutter. Wer als sie sollte tiefer erfassen, was die Worte bedeuten: "Den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast"? Die Mutter wird die Mutter verstehen. Auf der Begrüßung der beiden Frauen, Mariä und Elisabeth, liegt soviel gegenseitige Ehrfurcht, soviel Innigkeit, die allein daraus zu erklären ist, daß beide das Große erkannt haben, das Gott in der gesegneten Mutter wirkt und vorbereitet.

Den Inhalt des heutigen Felles erzählt das Evangelium so: "In jener Zeit machte sich Maria auf und ging eilends ins Gebirge, in eine Stadt des Stammes Juda." Ein frommer Künstler hat Maria auf ihrem Gang über das Gebirge gezeichnet. Und er läßt vor der allerseligsten Jungfrau Engel dahinschweben, die Blumen auf den Weg streuen. Sicher haben die Blumen um die Wette geblüht und geduftet, wie Maria vorbeigezogen ist: große feuerrote Anemonen, blaue Zyklamen auf den Felsvorsprüngen, niedere weiße Nelken auf der Flur, Rosen und Narzissen. Der Hauch des Frühlings liegt auf der jungen Mutter mit dem Kind unter dem Herzen, das der Welt neues Leben bringen wird. Im Geiste folgen wir Maria und versenken uns in das, was sie in diesem Augenblick sicher erfüllt: die Größe der göttlichen Mutterschaft.

Niemand anders als Luther hat die folgenden Worte geschrieben: "Mutter Gottes Sein, ist ein so hohes, So unermeßliches Vorrecht, daß es alle Fassungskraft übersteigt. Keine Ehre, keine Seligkeit kann einer Solchen Erhabenheit nahekommen, unter dem ganzen Menschengeschlechte die einzige, über alles erhabene Person zu Sein, welcher niemand in jenem Vorrecht gleich kommt, daß sie mit dem himmlischen Vater einen gemeinsamen Sohn hat ... In diesem einzigen Worte also ist alle Ehre für Maria enthalten und niemand könnte zu ihrem Lobe Herrlicheres verkünden, und wenn er auch soviel Zungen hätte, als es Blumen und Grashalme auf Erden, Sterne am Himmel und Sandkörner am Meere gibt." Was bei der Heimsuchung im Schöße Marias lebt, was von ihr lebt und zehrt, ist Gott. Jesus Christus ist Gott durch den ewigen Vater, Mensch durch Maria, aber Er ist ganz Sohn Gottes und ganz Sohn der Jungfrau. Er hat die Welt und alles, was ist, erschaffen und nimmt Fleisch und Blut aus Maria an. Der Abglanz des ewigen Vaters, ein reines Licht, wird im Schoße der Mutter Mensch. O Wunder, wie das Ewige Wort in Maria herabgestiegen ist, So daß die Jungfrau Gott geboren hat, den Unfaßbaren, Unerforscht lichen, Unsichtbaren! Maria ist die Mutter ihres Schöpfers geworden. Aber sie ist nicht bloß Mutter Gottes, Sondern auch Kind Gottes und Braut Gottes. Und Jesus ist nicht bloß ihr Kind, Sondern ihr Alles, Gott, das höchste, liebenswürdigste Gut. O Maria, wie vermagst du die Last Gottes zu tragen! Wie vermag ein Schwaches Gefäß den lebendigen Gott zu tragen, so w i e e i n e gesegnete Mutter ihr Kind trägt!

Doch wir begleiten die allerseligste Jungfrau zum Endziel ihrer Reise. "Sie trat in das Haus des Zacharias und grüßte Elisabeth. Und es geschah, Sobald Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Schöße auf." Woher kommt die Freude des kleinen Johannes unter dem Herzen feiner Mutter? Er hat die Gegenwart Christi gespürt und verkündet zum erstenmal den Er-löser, dessen Vorläufer er wurde. Schon jetzt, im Schoße der Mutter, ist er zu feinem Prophetenamt geweiht und geheiligt und, nach der allgemeinen Lehre der Kirche, zugleich von der Erbsünde befreit.

Jesus Selber hat diese Gnade gewirkt, aber dabei hat Er zum erstenmal Maria in Sein gnadenvolles Wirken einbezogen. In der Heimsuchung Mariä ist für alle Zeiten vorgebildet, daß uns Christus und Seine Gnade durch die Liebe Seiner Mutter zukommt. Wann immer uns Jesus heimsucht, sucht uns Maria mit ihrer Liebe heim. Die Mutter Gottes hat teil an der geistigen Geburt des Johannes, nachdem sie an der Menschwerdung Jesu teil hat. Zum erstenmal erscheint Maria vor menschlichen Augen als die Mutter der Auserwählten. Wir begreifen, daß Elisabeth bei der Offenbarung dieser Würde die Gottesmutter preist: "Du bist gebenedeit unter den Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes. Wie hab ich verdient, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt?" Und Maria hat der begeisterten Zunge ihrer Base keinen Einhalt getan. Sie antwortet ihr vielmehr mit jenem wundersamen Lied, das die Kirche Tag für Tag bei der Vesper singt und das wir jetzt andächtig mitsprechen:

"Hoch preiset meine Seele den Herrn.

Und frohlockt hat mein Geist in Gott, meinem Heile.

Denn Er hat angesehen die Niedrigkeit Seiner Magd:

Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter.

Denn Großes hat an mir getan, der da mächtig ist:

und heilig ist Sein Name.

Und Seine Erbarmungen von Geschlecht zu Geschlecht über jene,

welche Ihn fürchten.

Er hat Gewalt geübt mit Seinem Arm,

Er hat zerstreut, die da stolz waren in ihres Herzens Sinn.

Von den Thronen hat Er die Mächtigen gestürzt,

und die Niedrigen hat Er erhöht.

Er hat die Hungrigen erfüllt mit Gütern

und die Reichen entließ Er leer.

Er hat Sich angenommen Israels, Seines Knechtes,

eingedenk Seiner Barmherzigkeit.

Wie Er zugesagt hat unsern Vätern,

dem Abraham und dessen Nachkommen in Ewigkeit."

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Gnadenstätte

Fest Unserer lieben Frau von Einsiedeln: 16. Juli.

Im Herzen der Schweiz steht das Heiligtum der Gnadenmutter von Einsiedeln. Inmitten der großen, lichtdurchfluteten Barockkirche der Benediktinermönche erhebt sich ein kleiner, vornehmer, mit schwarzem Marmor bekleideter Bau, die Gnadenkapelle. In ihr thronet über dem weißen Marmoraltar, im vergoldeten Wolkenkranz, das alte, in Holz geschnittene Bild der Gottesmutter mit dem Jesuskind. Das Gnadenbild ist ein Meisterwerk religiöser Kunst; vorab aus dem Antlitz der Jungfrau spricht ergreifend ernste Würde, Einfachheit und zarte Anmut. Die Statue ist der kostbare Schatz des tausendjährigen Stiftes, der Edelstein, dem die mächtigen weitausgedehnten Gebäulichkeiten als Fassung dienen, und der Glanz und die Pracht des Mariendienstes erscheint wie als Huldigung der ehemaligen Fürstabtei.

Maria-Einsiedeln ist seit alter Zeit ein geheimer Magnet, der Millionen hilfesuchender Menschen angezogen hat. Schon im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert ist vermerkt, daß ein breiter Pilgerstrom das ganze Jahr ununterbrochen fließe. Von jedem Lande der Christenheit wallten fromme Beter nach Einsiedeln, nicht nur aus der Schweiz, sondern vorab aus den Niederlanden, aus den großen Handelsstätten der Ost- und Nordsee, aus Lothringen, Elsaß, ganz Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Frankreich, Italien, Spanien. Im Jahre 1460 wurden in einem Zeitraum von vierzehn Tagen 130,000 Pilger gezählt. Und unter der großen Schar Unbekannter, die am heiligen Orte gekniet sind, begegnen uns bis in die neueste Zeit Namen von höchstem Klang, Kardinale, Bischöfe, Könige und Fürsten und immer wieder Heilige. Das Hochtal von Einsiedeln ist ein Berg des Herrn geworden, zu dem die Völker hinströmen, ein "Haus der Versöhnung" für die Menschen aller Länder und Zungen.

Aber keinem Volk ist die Gnadenstätte So tief ins Herz gewachsen, wie der landeigenen Nation. Vorab Seit dem vierzehnten Jahrhundert wurde Einsiedeln das Landesheiligtum der Eidgenossen, Zu dem sie in ollen Nöten und Anliegen ihre Zuflucht nahmen und wo sie wiederholt ihre Tag-Satzung abhielten. In einem Brief an den Herzog von Mailand aus dem Jahre 1417 betonen die Eidgenossen, daß sie die Gnadenkapelle als die kostbarste Blume im Kranze ihrer Länder betrachten und daß sie überzeugt seien, alles Glück, So ihnen zuteil geworden, fließe aus dieser gebenedeiten Kapelle.

In den Schrecken der Kriegszeiten pilgerte das einheimische Volk "für unsere liebe Frau zu Einsiedeln hin, die den frommen Eidgenossen ihre Hilfe und Gnade mitgeteilt". In fremdem Dienste hefteten sie das Gnadenbild auf die Regimentsfahne. Und wenn die Pest ihren tödlichen Einzug in die Städte gehalten hatte, So beschlossen Rat und Schultheiß, daß Männer und Frauen mit Buß- und Bittgesängen nach Einsiedeln aufbrechen Sollten. Zur Zeit der Religionskriege kamen die dem alten Glauben Treugebliebenen in Scharen barfuß und im wollenen Bußgewand zum Heiligtum im Finstern Wald, um Gott zu bitten, Er möge durch die Fürbitte Seiner würdigen Mutter den Eidgenossen die Gnade geben, daß sie zur Einigkeit kommen und Frieden und Ruhe unter ihnen erhalten bleibe. Fast nach jedem kriegerischen Erfolg wallten die Stände Zur Gnadenkapelle, und mehr als einmal Schickten sie ins Heiligtum Siegestrophäen als Weihegeschenke. Zum Zeichen treuer Verehrung ließen die katholischen Orte große Wachskerzen, mit Wappenschildern geziert, vor dem Gnadenbilde ständig brennen, und weit ins Mittelalter zurück reichen die jetzt noch üblichen alljährlichen Bittgänge einzelner Kantone und Städte.

Warum ist Einsiedeln ein Brennpunkt religiösen Lebens geworden? Sicher deshalb, weil überreicher Segen vom heiligen Orte ausgeströmt ist. Unzweifelhaft sind hier Wunder geschehen, nicht bloß an kranken Leibern, sondern mehr noch Gnadenwunder an kranken Seelen. Wenn wir aber fragen wollten, warum hier Gott, mehr als anderswo, Gnaden ausgeteilt hat, so werden wir antworten, daß Gottes Heimsuchungen sich nicht errechnen und mit irdischen Gedanken begründen lassen.

Vielleicht hat jener heilige Einsiedler, der zuerst den Finstern Wald bewohnt und durch Buße und Gebet eingeweiht hat, die Gnadenquelle aufgegraben. Vielleicht hat Gott an die Liturgie, die seit uralter Zeit im Gotteshaus gefeiert wird, an die unzähligen Meßopfer Seinen sichtbaren Segen geknüpft. Sicher hat sodann das jahrtausendlange Beten von Millionen Wallfahrern einen unermeßlichen Reichtum aufgeschichtet, an dem der einzelne immer noch teilnimmt. Tief veranlagte Menschen hat oft allein schon das Alter der heiligen Stätte, der Gedanke an die Kämpfe, Opfer und Leiden, die hier ausgetragen wurden, mehr als irgendwo anders der Gnade zugänglich gemacht. Oft ist es die andauernde Frömmigkeit der Pilger, das lebendige, rührende, inbrünstige, ergreifende Beten, das sich in der großen Kirche wie eine Flut erhebt und das dann zu eigenem Glauben und eigenem Gottvertrauen mitfortreißt. Manchmal macht es den Anschein, als ob alle Leiden und Schmerzen, alle Nöten und Trübsale, alle Kämpfe, alle Liebe und Hoffnung, welche über den Erdball ausgebreitet sind, auf diesem einen Punkt sich zusammendrängen und das Gebet des einzelnen eben deshalb mit großer Kraft und Gewalt ans Herz Gottes rührt.

Geheimnisvoll sind Gottes gnadenvolle Heimsuchungen. Was uns Menschen vor ihnen erfüllt, ist tiefe Ehrfurcht und immerwährender, inniger Dank.

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Ein gutes Wort für uns

Skapulierfest: 16. Juli.

Der heutige Tag heißt im Meßbuch "Gedächtnis der allerseligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel". Er feiert die Gottesmutter in ihrer Beziehung zum Orden der Karmeliten, der sich in ganz besonderer Weise der Marienverehrung weiht. Schon vor Jahrhunderten hat sich an den Karmelitenorden eine Bruderschaft angeschlossen, deren Abzeichen das Skapulier oder die Skapuliermedaille ist. Ungezählte tragen heute diese Abzeichen, und stets neue Mitglieder werden am Skapuliersonntag in die Bruderschaft eingereiht. Das Skapulierfest ist eine Erinnerung an die Gnaden, die Maria ihrem Orden und der Bruderschaft erwiesen hat. Es mag uns überhaupt daran erinnern, wieviele religiöse Werte im Gebrauch einer Medaille oder eines Skapuliers liegen, und wie die rechte Zugehörigkeit Zu einer Bruderschaft, nach dem Ausdruck des kirchlichen Gesetzbuches, lobenswert ist.

Medaille oder Skapulier, die wir tragen, sind ein äußeres Bekenntnis zur Gottesmutter. Wir gehören zu ihrer Partei, stehen in ihrem Dienste, zu ihrer Sache. Und das zu einer Zeit, wo jeder zweite Mensch, der uns auf der Straße begegnet, durch irgend ein Abzeichen die Zugehörigkeit zu dem oder jenem Verein zur Schau trägt. Die Medaille, die wir zeitlebens tragen, ist der Ausdruck des unentwegten Vertrauens auf die Macht und Güte Marias, und sie stellt uns offenbar unter den besondern Schutz Unserer Lieben Frau. Es gibt unbedingt zuverlässige Berichte, die dartun, wie das Skapulier oder die Medaille, in Gefahr des Leibes und der Seele, den Segen des Himmels auf die Menschen herabgezogen hat. Manch armer Sünder fand durch sie auf dem Sterbebett den Weg zur Reue und Bekehrung. Es sind wahrhaft nicht die geringsten unter den Gottesgelehrten, die vorab das Skapulier mit seinen Gnaden und Privilegien stets in Schutz genommen haben.

Das Skapulier oder die Medaille in einer bestimmten Form sinnbildet nicht bloß allgemein Liebe und Verehrung zur Mutter Gottes, sie bezeugt unsere Zugehörigkeit zu einer Bruderschaft. Die Skapulierbruderschaft - das gleiche gilt von jeder ähnlichen religiösen Vereinigung überhaupt - ist aus dem Geist des Mönchtums herausgewachsen. Irgendwie erstrebt sie, was den religiösen Orden als groß und heilig vor Augen steht. Sehr oft waren die Bruderschaften ein wirksamer Schutz für die Klöster, trugen ihre Gedanken in die breiten Massen und machten das Ordensleben volkstümlich. Im besondern ist das Skapulier dem Mönchskleid nachgebildet und wie dieses ein Symbol der Unschuld und Demut und der Weltverachtung. Aehnlich den Ordensleuten sollen die Mitglieder der Bruderschaft in Gemeinschaft mit andern nach Vollkommenheit streben, in einem wachsamen, frommen und heiligen Leben. Darum erinnern die Gebete bei der Aufnahme in die Bruderschaft an die heilige Ordensprozeß.

Im Uebernatürlichen, Religiösen liegt der letzte Sinn einer Bruderschaft. Wer sich überdies die Mühe nimmt, in den Blättern der Vergangenheit zu lesen, wird staunen, wieviel Großes die religiösen Vereinigungen unserer Kirche nicht nur in Werken allgemeiner tätiger Liebe, sondern in jeglicher Kunst und Kulturarbeit geschaffen haben. Die Geschichte der Gegner der katholischen Bruderschaften ist nicht ruhmvoll.

Mit dem Tragen des Skapuliers oder der Medaille und der Zugehörigkeit im besondern zur Skapulierbruderschaft ist uns ein nicht gewöhnlicher Beistand der Gottesmutter versprochen in der Schwersten Stunde unseres Lebens, i n d e r T o d e s st u n d e , ja, sogar über das Grab hinaus in jenem Reich der Schmerzen, das wir F e g f e u e r nennen. Das Sterbebett ist dem katholischen Volke das Machtgebiet der allerseligsten Jungfrau Maria. Wir werden daran erinnert am Schluß eines jeden Ave. Die Gottesmutter ist der Trost der S t e r b e n d e n , seit sie beim Tode Jesu unter dem Kreuz gestanden. Heilige Männer und Frauen haben darum einen eigenen Vertrag mit Maria abgeschlossen, daß sie in allem die Gottesmutter ehren wollen, daß aber anderseits Unsere Liebe Frau selber oder durch einen heiligen Engel sie in ihrem letzten großen Augenblick stärken möge. Das Siegel dieses Vertrages sei die geweihte Marienmedaille, die wir alle Tage unseres Lebens andächtig verehren.

,, Jungfrau, Mutter (im Augenblick unseres Todes) denk daran, daß du vor Gottes Angesicht ein gutes Wort für uns einlegest, damit Er von uns Seinen Grimm abwende. - Amen!"

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Könnt ihr den Kelch trinken?

Fest des heiligen Apostels Jakobus: 25. Juli.

Bei der Feier der heiligen Messe wird heute ein Evangelium verlesen, das besonders jeder Mutter verständlich sein wird. Der Heiland hatte von Seinem Reich gesprochen. Das hatten die Apostel, ganze Juden, in ihrem Sinne erfaßt. Mit kühner Phantasie bauten sie auf Jesu Wort Luftschlösser, träumten von Ministerposten am neu zu gründenden Königshofe, von Kronrat, von allerhöchster königlicher Gunst und Gnade. Mit glühendsten Farben hatte aber eine Frau sich das Reich des Messias ausgemalt, die Mutter der Söhne des Zebedäus, die Jakobus und Johannes hießen, und da regte sich in ihr aller Ehrgeiz und alle Eitelkeit, die im Herzen einer Mutter Platz haben können. Nicht für sich suchte die Frau Vorteile, sondern für ihre beiden Söhne. Zuversichtlich rückt sie heraus mit der Bitte: "Herr, sag, daß von diesen meinen zwei Söhnen einer zu Deiner Rechten und einer zu Deiner Linken in Deinem Reiche sitze." Wir nehmen die Mutter durchaus in Schutz. Es war zwar menschliche, aber echte Kindesliebe, die sie jegliche Rucksicht und jegliches Zaudern vergessen ließ.

Jesus hat denn auch die Frau keineswegs hart angefahren - aber aufgeklärt. Die höchsten Stellen in Seinem Reiche seien jenen zugedacht, die den Kelch bitterster Leiden trinken können. Es ist hohe Würde, auch nur irgendwie Jesu Vertrauter und Freund Zu sein, aber die höchsten Würdenträger in Seinem Reich sind die K r e u z t r ä g e r. Und jene, die in Seine tiefsten Geheimnisse eingeweiht sind, sind in der Regel auch Todgeweihte. Die Frau aber, die Mutter unseres Apostels, hat ihr Ziel irgendwie doch erreicht, und sie brauchte sich ihrer Söhne später nicht zu schämen. Jakobus, mit dem Zunamen der Aeltere, war unter den zwölf Auserwählten der erste Märtyrer. Und Johannes, sein Bruder, hat als letzter der Apostel für den Glauben gelitten.

Unser Herr hat durch die Apostel Verfolgung, Mißhandlung, Lästerung zum ständigen Anteil Seiner Kirche gemacht. Leiden gehören zur Religion Jesu Christi, wie die Frucht Zur Blüte. Die edelsten Seelenkräfte, die schönsten Tugenden entfalten sich nicht im Wohlleben, sondern reifen im Leiden. Der Volksmund hat diese Weisheit in den Spruch gefaßt: "Finstere Kirche, lichte Herzen; hölzerne Kelche, goldene Priester!" Am opferwilligsten und größten waren die Christen in der Verfolgung. Wenn die Kirche die Braut Jesu Christi ist, so offenbart sich in der Heimsuchung am tiefsten ihre hingebende bräutliche Liebe.

Die Kirche wird Mutter genannt. Und das große Lebensgesetz, das der Schöpfer aufgestellt hat, gilt auch für sie: daß ihre Kinder in Schmerzen geboren werden. In mütterlicher Zartheit nennt der mannhaft starke Apostel Paulus seine Christen "Kindlein", für die er Geburtsschmerzen ertrage, bis Christus in ihnen geformt sei.

Man erzählt von alten Völkern, sie hätten beim Bau ihrer starken Wehrtürme W e i n in den Mörtel gemischt. Unsere Kirche ist mit Blut aufgebaut. Die Treue zu ihr ist mit Blut besiegelt. Das bietet Gewähr für ihren Bestand. Ein Reich, das mit soviel Opfern, unter Blut und Tränen der Besten aufgebaut ist, wird auch weiter standhalten.

Jedes Märtyrerfest sei uns ein Tag ernster Besinnung auf unser persönliches religiöses Innenleben. Unsere heilige Religion verlangt unumwunden Opfer. Opfer bringen heißt im christlichen Sinn eine große Gnade erfahren. Und die Sünde und Unvollkommenheit ist im Grunde nichts anderes als die Verweigerung eines Opfers an den heiligen Willen Gottes.

Wir denken zu oft schwächlich und armselig von Gottes Größe. Er, der Allheilige, Allmächtige, Grundgütige muß in erhabener Majestät und unfaßbarer Würde in der Mitte unserer Seele stehen. Gott ist ein reines Licht ohne jeden Schatten und Mangel, und nur wer selber ganz rein ist, darf bei Ihm wohnen. „Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist", mahnt der Heiland. Vollkommene Reinheit ist aber nur dort, wo vollkommene Opfergesinnung ist, wo unser eigener Wille versenkt bleibt in Gottes heiligen, gerechten und liebenswürdigen Willen.

Es ist nur einer, der dieses Ganzopfer aus eigener Kraft auch für uns gebracht, der Knecht Gottes, Jesus Christus. Zur Sühne für unsere Sünden und Mängel, zur demütigen Anerkennung der unumschränkten göttlichen Allgewalt, zum Dank für das ewige Erbarmen opfern wir Ihn in Reue und Demut bei der Feier der heiligen Messe dem Vater auf. Und was uns dazu an eigener Opfergesinnung gebricht, möge der heilige Märtyrer Jakobus durch seine Ver-dienste ersetzen:

„Die Feier der heiligen Messe gereicht uns zwar immer zum Heile. Doch hoffen wir zu Dir, o Gott, daß sie uns größeren Nutzen bringen, wenn der heilige Jakobus mit seiner Fürsprache hilft. - Amen!".

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Wie Schätze aus weiter Ferne

Fest der heiligen Mutter Anna: 26. Juli.

Aus der religiösen Ehrfurcht vor Maria hat sich die Verehrung der heiligen und würdigen Stammutter Jesu, der heiligen Anna entwickelt. Die religiöse Malerei hat liebliche Bilder geschaffen, wo die jugendliche Maria sich an ihre heilige Mutter lehnt, auf ihrem Schoß aber wieder selber das Jesuskind trägt, so daß die Mutter Anna als die Wurzel erscheint, aus der wie ein Bäumchen die Gottesgebärerin mit der gebenedeiten Frucht ihres Leibes herauswächst. Die heilige Liturgie preist Sankt Anna auch als den Stern, der am Nachthimmel das Morgenrot ankündigt, aus dem Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, hervorgeht. Die Kirche hat Ehrfurcht vor der Familie, in ihrer uralten patriarchalischen Form, wo die dritte und vierte Generation unter den Augen der von Gott gesegneten Ahnfrau aufwächst. Die heilige Anna ist - im geistigen Sinn, als Stammutter des Erlösers - die Ahnfrau eines großen Geschlechtes, das zahlreich ist wie die Sterne am Himmel.

Die Gebete zur heiligen Messe singen heute ganz allgemein das Lob der tugendhaften F r a u. Dies gilt besonders von der Epistel, die den Sprüchen Salomons entnommen ist und das goldene A-B-C der Frau genannt wird, weil jeder Vers dieses heiligen alten Liedes mit einem andern Buchstaben des hebräischen Alphabetes beginnt und in stets neuen Wendungen die Frau preist. Wer Frauenlob vernehmen will, sollte nicht in Romanen blättern, die viel Sündhaftes und Verlogenes über das weibliche Geschlecht berichten. Größeres und Schöneres hat über die Frau niemand gesagt als Gott selber in der Heiligen Schrift. Und was Gott geoffenbart hat, läßt die Kirche, während der erhabenen Feier des Gottesdienstes, verkünden, und zwar vom Priester, der selber ehelos ist:

"Ein starkes (das heißt tugendhaftes) Weib, wer wird es finden? Wie Schätze aus weiter Ferne, ja von der äußersten Grenze der Erde her, so ist ihr Wert." Andere Stellen aus der Bibel mögen diese Worte verdeutlichen. So nämlich spricht der Heilige Geist weiterhin: ,, Anmut über Anmut ist e i n heiliges und keusches Weib; kein Preis wiegt ihre enthaltsame Seele auf; die Anmut ihrer Sittsamkeit ist wertvoller als Gold. - Haus und Habe sind Erbstücke von den Eltern, eine gute Frau aber ist eine besondere Gabe vom Herrn. - Eine wackere Frau ist die Krone des Mannes."

Der heutigen, modernen Frau mag es aber immerhin merkwürdig erscheinen, daß die heilige Liturgie das weibliche Geschlecht fast restlos in seinem häuslichen Wirken preist. Die Frau nach dem Herzen Gottes "trägt Sorge für Wolle und Flachs und schafft mit kundiger Hand. Noch ist es Nacht, und schon steht sie auf und gibt Nahrung ihren Hausgenossen. Sie schaut nach einem Acker aus, und von ihrer Hände Fleiß Pflanzt sie einen Weinberg. Sie legt ihre Hand an große Dinge, ihre Finger erfassen die Spindel". Neben dem häuslichen Sinn lobt die Schriftlesung an der Frau das Wohltun, Klugheit und Liebe im Reden: "Sie öffnet ihre Hand dem Dürftigen, sie tut den Mund auf zu weiser Rede und das Gesetz der Milde ist auf ihrer Zunge." Das Fest der heiligen Anna ist der Ehrentag der stillen, gütigen, schaffensfrohen Hausfrau und Mutter, die im Schoß der Familie unverzagt arbeitet, in Haus und Hof sich einsetzt und Hand anlegt und nie müde wird, Opfer zu bringen.

Bei der Feier der heiligen Messe legt heute die christliche Hausmutter die stillen Opfer ihrer heiligen Pflicht auf den Altar. Was sie bringt, ist wahrhaft nicht die geringste Gabe. Im Opfer Jesu Christi wird auch ihr Teil aufgehen, geläutert und verklärt und verwandelt, zum Lob der Herrlichkeit Gottes. Und mit der heiligen Kommunion gestärkt, wird sie mit neuem Mut und neuer Freude in ihrem Bereich Gott dienen und mit stets wachsender Liebe Gott suchen:

"Gestärkt mit der geheimnisvollen Himmelsspeise, bitten wir, Herr, unser Gott: Laß uns auf die Fürsprache der heiligen Anna, die nach Deinem Willen die Mutter Deines Sohnes geboren hat, zum ewigen Heile gelangen. - Amen!"

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Miterben des Königs der Glorie

Fest der Verklärung Christi: 6. August.

Wenn wir den geschichtlichen Verlauf des Lebens Jesu mit dem Kirchenjahr in Einklang bringen wollen, so gehört die Erinnerung an die Taborstunde in die Fastenzeit hinein. Nicht lange vor der Passion hat nämlich unser Heiland das Wunder Seiner Verklärung gewirkt, um dem schwachen Glauben der Jünger Kraft und Ausdauer zu verleihen. Aber es ist wohl begründet, daß wir dieses bedeutungsvolle Ereignis noch einmal während des Jahres festlich begehen. Der verklärte Christus hat uns viel zu sagen.

Man wirft dem heutigen Geschlecht vor, es sei genußsüchtig, opferscheu, es suche die Lust und fliehe die Last. Ob die Menschen im Grund genommen je anders waren, mag der liebe Herrgott wissen. Daß wir der Freude nach-gehen, ist uns zunächst allen angeboren. Der große heilige Kirchenvater Augustinus sagt in seiner geistreichen Art, daß der Mensch selbst dann, wenn er eine Sünde tue, sein Glück suche. Freilich jedesmal, wo der arme Sünder ein Gebot Gottes übertritt, sucht er ein Scheingut, eine Freude, die ihn betrügt. Das Ende der Sünde ist Verderben und nicht Leben, Haß und nicht Liebe, stockdicke Finsternis und nicht Licht. Aber wir wollen in unserer Seele drin alle Sehnsucht und alles Heimweh nach wahrem Glück tragen, nach Seligkeit und Verklärung. Wir wollen das Verlangen nach Glückseligkeit noch größer und stürmischer und rücksichtsloser machen. Unsere heilige Religion ist durchaus auf die Freude abgestimmt. Das kirchliche Gebet und der Gottesdienst sind mit Freude getränkt. Wir sind wirklich für die Freude geschaffen, für jene beseligende Freude, die heute den Heiland, auf dem Berg Tabor, in Seinem Innersten so durchglüht und durchdringt, daß Sein Antlitz leuchtet wie die Sonne und Sein Gewand weiß wird wie Schnee. Nach einer Zeit des Hoffens, des Weinens, der Demütigung, des Schmerzes und der Gebrechlichkeit werden wir mit jenem überschwenglichen, ewigen Glück erfüllt werden, das Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben.

Ein Kennzeichen unserer Zeit liegt in der Geringschätzung der Seele und des Geistes. Weit umher gelten feste Muskeln mehr als ein fester Charakter, wird ein gesunder Leib höher eingeschätzt als eine gesunde Seele. Ein Sieg im Wettspiel wird höher gepriesen als ein Sieg über die Leidenschaft. Und was im Spiel geschieht, ist nur ein Widerschein von viel ernstern Dingen im wirklichen Leben, wo in schweren Sünden die Seele unter die brutale Gewalt des Leibes erniedrigt wird. In diese verkehrte Welt leuchtet heute der verklärte Christus. Sein Leib ist ganz von der Kraft der gotterfüllten Seele erfaßt, ist vergeistigt. Und diese Vergeistigung und Verklärung wird einmal auch unser Anteil sein. Wir glauben an den Vorrang der Seele vor dem Leib. Und besonders beim Empfang der heiligen Sakramente machen wir den Leib der Seele und der Gnade gefügig und legen in ihn hinein den Keim zur eigenen Verklärung und Unsterblichkeit.

Wie Christus auf dem Tabor in seliger Freude, mit verklärtem Leibe Sich offenbarte, da staunten die Jünger über Seine vollendete S ch ö n h e i t. Den gesund und natürlich empfindenden Menschen ist die Freude am Schönen von Gott in die Seele gelegt. Gott selber ist schön, und Er hat die Schöpfung ursprünglich in Kraft und Majestät, in Ordnung und Anmut geschaffen. Die Kirche läßt auch den Sinn für das Schöne in uns keineswegs verkümmern, sondern pflegt und entwickelt und veredelt ihn. Sie schmückt sich selber Zum Gebet und zum Opfer, und ladet, alle Künste ein, um die heilige Liturgie möglichst schön zu gestalten. Was immer das Auge erfreuen kann, haben die bildenden Künstler in den Dienst der heiligen Religion gestellt. Musik und Gesang jubeln mit uns im Gottesdienst. Die Sprache der Liturgie ist reich an Schönheit, und mit ausgesprochener Freude am Schönen vergleicht sie etwa den Heiland mit einem kostbaren Edelstein, bekleidet die allerseligste Jungfrau mit der Sonne und läßt uns in das himmlische Jerusalem hineinschauen, das mit Gold und Smaragden und Saphiren erbaut ist. Einst, zur feierlichen Liturgie im Himmel, wird Gott auch unsern Leib Schön gestalten, damit es ein vollkommener Gottesdienst Sei und der Allerhöchste nur mit Majestät und Würde und Anmut umgeben werde.

Voll Verlangen, dem verklärten Christus, der heute auf dem Altar gegenwärtig ist, ähnlich zu werden, beten wir zum Vater im Himmel: "Gott, mache uns gnädig zu Miterben des Königs der Glorie, zu Genossen Seiner Herrlichkeit. Amen!"

 

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Hostie Christi

Fest des heiligen Märtyrers Laurentius: 10. August.

Den berühmten heiligen Diakon der Stadt Rom kennen wir schon von früher Jugend an. Wenn in den klaren Nächten um Sankt Lorenz Sternschnuppen niederfallen, so nennt sie das Volk "Laurentiustränen", als ob der Himmel jetzt noch bitterlich weinte über das grausame Martyrium des Heiligen. Und als Kindern hat man uns erzählt: wer am Laurentiustag in die Erde grabe, stoße auf Kohlen, als ob die Spuren des furchtbaren Feuert das den Leib des heiligen Märtyrers verkohlt hat, vom Erdboden nicht mehr ausgetilgt werden könnten.

In einem gewissen Gegensatz zu den Tränen und zu den Kohlen steht der festliche Jubel des heutigen Gottesdienstes. Ueber dem Grab, wo in Rom die heiligen Gebeine des Märtyrers ruhen, hat sich im Lauf der Jahrhunderte eine prächtige Basilika gewölbt. Dort zunächst und dann auf dem ganzen Erdenrund entfaltet heute die Liturgie ihren Glanz: "Hoheit und Schönheit sind vor dem Antlitz des Märtyrers, Heiligkeit und Pracht in seinem Heiligtume." Die Kirche nennt das Martyrium glorreich, und in der Freude ihres Herzens gibt sie dem Todestag der Heiligen den Namen "Geburtstag". Trotz aller Qual wurde das Martyrium den Heiligen zur Freude. Na dem alten Bericht hat Laurentius, wie man ihn auf dem eisernen Rest über das Feuer hinstreckte, gebetet: "Ich danke Dir, Herr, daß ich verdient habe, in Deine Wohnung einzutreten. Ich freue mich wahrhaftig, daß ich eine Hostie Christi geworden bin. Als man mich vor das Verhör stellte, habe ich Christus bekannt, und als man mich auf dem Feuer briet, habe ich Dank gesagt. Ich habe mich Gott zu einem Opfer dargeboten, zu einem kostbaren Opferduft." Der Märtyrer ist nie den Schmerzen erlegen, sondern Gott hat ihm Kraft gegeben, die Feuerqual der Leiden zu überwinden. Der Glaube ist eine Kraft, die die Welt und ihre Verfolgung bezwingt. Die Glaubenszeugen sind n i ch t Besiegte, sondern Sieger. Sie waren nicht Unterlegene, sondern Ueberlegene.

Das Martyrium ist eine Gnade Gottes, und zwar eine außerordentlich hohe. Im Leben des heiligen Laurentius erscheint sie geradezu als Lohn und als Ernte für eine reichliche Aussaat, die nichts anderes ist als die Wohltätigkeit. Kraft seines Amtes oblag dem Leviten Laurentius die Armenfürsorge, die Verwaltung der Kirchengüter. Das war ein Grund mehr, warum die Verfolger des Heiligen habhaft werden wollten. Aber als man ihm nach seiner Verhaftung die Schätze abforderte, ließ Laurentius eine Schar armer Leute vorführen, in deren Unterhalt das Vermögen der Kirche aufgegangen war. Diese Begebenheit gehört zum Schönsten, was uns aus der christlichen Urzeit überliefert ist. Sie lehrt uns, daß der Reichtum der Kirche schon damals das Wohltun war. Die Seele allen Christentums ist die werktätige Liebe. Auch Zur Zeit der Märtyrer. Was den heiligen Laurentius zum Christen machte, war seine Liebe; sein Martertod war nur der Erntesegen.

Nach der Ueberlieferung wurde vor Laurentius sein Bischof zum Martyrium geführt. Da soll der Diakon dem Scheidenden nachgerufen haben: ,,Wohin gehst du, Vater, ohne deinen Sohn, wohin heiliger Priester ohne Leviten?" Dieser Bischof, der im Leiden vorangegangen ist, bedeutet für uns den Heiland. C h r i st u s war zuerst, wie es heute im Evangelium heißt, das Weizenkorn, das in Seinem Leiden und Sterben in die Erde gefallen ist. Aus dem gestorbenen Samen ging überreiche Frucht hervor. Und das Brot aus dieser Frucht essen viele, ungezählte, täglich in der heiligen Kommunion. Im heiligen Laurentius ist der Tod Jesu Christi nachgebildet. Auch er ist in Leiden in die Erde gefallen und gestorben. Der Diakon ist aber in einem gewissen Sinn auch dem eucharistischen Heiland gleich geworden. Wie das Brot, das zur Messe dient, durch die Hitze des Feuers gebacken wird, so wurde der Heilige auf dem Feuerrost eine reine "Hostie Christi", wie die Liturgie sich ausdrückt.

Immer und immer wieder prägt uns die Feier des Gottesdienstes den Opfergedanken ein: Was dem Leibe Christi, das ist Seiner heiligen Kirche, noch mangelt, sollen wir durch unser eigenes Leiden, am eigenen Fleisch ergänzen, damit jeder Mensch als vollkommenes Opfer erfunden werde in Christus Jesus.

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Den besten Teil erwählt

Fest Mariä Himmelfahrt: 15. August.

Der älteste und größte Liebfrauentag ist das Fest Mariä Himmelfahrt. Wohl nie sonst zeigt sich so allgemein, was die Mutter Gottes dem Volke gilt. Da ist kein Weg zu weit Zum Mariendom. Mit heiligem Ernst kommen die Männer und Frauen zum Tisch des Herrn, der Mutter Gottes zu Ehr. Sie schlingen dazu den Rosenkranz um die Finger; man hört sein Klirren um die Kirchenbänke und Beichtstühle. Die Kinder und Jungfrauen tragen Blumen und Kräuter in mächtigen Bündeln zum Gotteshaus, der Mutter Gottes zu Ehr. Und die Marienlieder tönen so freudig und kräftig, wie kaum einmal während des Jahres. Der Introitus zur heiligen Messe ist tatsächlich aus dem Herzen des Volkes gesungen: "Laßt uns alle im Herrn frohlocken am Ehrentag der seligen Jungfrau Maria: über ihre Aufnahme freuen sich die Engel und jubeln dem Sohne Gottes zu." Was da jedes einzelne an Liebe zu Maria ins Gotteshaus trägt, faßt die Kirche in ihrer heiligen Liturgie auf. Und ihr schönstes Marienlob ist die Feier der heiligen Messe. In ihr wird Gott ein vollkommener Dank für die Verherrlichung Seines Geschöpfes. In ihr erscheint unter uns wahrhaft, wirklich und wesentlich der gleiche Christus, der Seine Mutter im Himmel gekrönt hat, mit gleicher Verheißung ewiger Freude für uns alle.

Der Himmelfahrtstag ist der "Heimgang" Mariä, ihr Ruhefinden in Gott. Nun ist alles vollendet, was von der heiligen Jungfrau vorhergesagt und was ihr Gott zugewiesen hat. Wie ein Strom in den Ozean, so ergießt sich ihr Leben in ein endloses Meer von Glück und Seligkeit. Ein solches Maß von Himmelswonne ist keinem anderen Geschöpf zuteil geworden. Gott, wir loben Dich, wir preisen Dich, wir beten Dich an, wir verherrlichen Dich, wir sagen

Dir Dank für die große Herrlichkeit, die Du in freier Güte Deiner Mutter geschenkt hast! Bei diesem Gotteslob darf uns ein Gedanke innerlich mit Freude erfüllen: Alles, was die Himmelsseligkeit Marias ausmacht, ist in der Hostie eingeschlossen, die bei der Wandlung auf dem Altare liegt und die bei der heiligen Kommunion unser Anteil wird. Was ist der Himmel anders als eine ewige Kommunion!

Die Liturgie nennt das heutige Fest Aufnahme Mariä. In diesem Wort liegt eine Auszeichnung Marias. Nach dem Tode ging nämlich nicht bloß ihre Seele den Weg zu Gott, sondern ihr Leib wurde in den Himmel aufgenommen. So ist es frommer Glaube der Kirche seit den ältesten Zeiten. Nachdem das Leben Mariä erlöscht war, so erzählt die Ueberlieferung, wurde ihr Leib beigesetzt. Als man aber nach drei Tagen das Grab öffnete, fand man den Leichnam nicht mehr, und der Ort, wo er gelegen, war mit duftenden Rosen bedeckt. Mit ehrfurchtsvollem Staunen wagte der gläubige Sinn nur das eine zu denken, Gott habe vor der allgemeinen Auferstehung den Leib der Gottesmutter unversehrt dem Grabe enthoben. Das war doch so angemessen, weil der Schöpfer selber aus der Jungfrau Fleisch und Blut angenommen hatte. Der Leib, der Gott das Leben gab, durfte nicht verwesen. Vielmehr hat Jesus ein heiliges Verlangen darnach gehabt, Seiner Mutter zuerst, ganz und voll, die Frucht der Erlösung mitzuteilen, um so mehr als das Erlösungsopfer auch das Opfer Mariä war. Unsere Liebe zur Mutter Gottes führt zu dieser Annahme. Und wer immer mit klarem Verstand und offenem Sinn die Wahrheiten unseres Glaubens überlegt, wird von Maria nicht anders denken können. Die leibliche Aufnahme Mariä in den Himmel ist ein Gnadenvorzug, so gut wie ihre Unbefleckte Empfängnis, oder die ewige Jungfrauschaft, oder die Muttergotteswürde. Trotzdem würden wir fehlgehen, wollten wir Maria in ihrem Leben und in ihrer Vollendung nur als Empfangende sehen. Was Gott in sie hineingelegt, hat sie selber zur Entfaltung gebracht. Sie ist gewachsen an Gnade und Tugend. Und wenn sie auch die Irrwege der Schuld und der Sünde nicht gehen konnte, und wenn jedes verkehrte Empfinden ihrer Seele fern lag, so ist ihr Leben doch außerordentlich reich an Entsagung und Kraft, an Erfahrung und Verdienst. Sie ist die Königin aller Heiligen. Es ist ein Wunder der göttlichen Allmacht, wie soviel seelische Größe in ein alltägliches Menschenleben eingespannt war, gewöhnlich in Pflicht und Recht, in Freud und Leid. Maria ist durch die Erdentage gegangen als einfache, schwer geprüfte Frau und Mutter aus dem Volke. Erst am Himmelfahrtstage bricht all das, was innerlich verhalten und verborgen war, in überwältigender Schönheit hervor. Auf die V e r d i e n st e der Gottesmutter stützt sich unser Vertrauen in ihre mächtige Fürbitte.

Seit Jahrhunderten ist mit dem Feste Mariä Himmelfahrt in unsern Kirchen die Kräuterweihe verbunden. Die Liturgie selbst regt zu diesem heiligen Brauche an, da sie die verklärte Gottesmutter mit der Zypresse, der Zeder, der Palme, der Rosenstaude vergleicht. Blüten gehören ja überhaupt zu Maria und zu ihren Festen. So durchstreifen wir denn vor dem Liebfrauentag im August Flur und Feld und winden einen Strauß der Himmelskönigin zu Ehren. Unter die Blumen stecken wir Heilkräuter gegen allerlei Gebrechen und Seuchen. Die Kraft dieser Pflanzen wird Gott durch den Segen des Priesters vermehren. Unser Strauß wird zugleich wie ein Opfer an den Vater im Himmel sein, von dem alles Gedeihen und Wachsen nicht nur für Felder und Wiesen kommt, sondern aller Segen für Haus und Hof. Und wenn Krankheit und Unglück uns heimsuchen, greifen wir zu den geweihten Kräutern, die den Segen Gottes und Seiner heiligen verklärten und glorreich gekrönten Mutter in sich tragen.

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Ihr seid Christi Leib

Fest des heiligen Apostels Bartholomäus: 24. August.

Geschickte Techniker haben in neuester Zeit Menschen aus Stahl gebaut, mit beweglichen Gliedmassen. Aus dem Inneren des metallenen Brustkorbes tönen wohlklingende Worte, ja, Sogar Lieder. Eine Rechenmaschine läßt sich einschalten, die aufgegebene Ziffern zuverlässig zusammenzählt. Der Maschinenmensch leistet exakte Arbeit, vermag riesige Lasten zu heben und Hiebe auszuteilen, die ein Menschenleben im Nu zerstören. - Ein Triumph der Technik! Aber ein Triumph, der mit Grauen erfüllt. Was bleibt uns Menschen nun noch zu tun übrig, wenn die Maschinen rechnen und reden und arbeiten und totschlagen? Irgendwie ist dieses Stahlskelett ein Angriff gegen die Menschenwürde. Es ist, wie wenn dem lebendigen Menschenleib Seine Geheimnisse entrissen wären. Und als nebensächlich und wertlos wird das eingeschätzt, was die Technik nicht gibt: Seele, Herz, edles, warmes Empfinden und Fühlen, hoher, freier Sinn und Gaben des Geistes.

Trotz des heiligen Aposteltages will mir der Gedanke an die M a s c h i n e n nicht aus dem Kopf. Er Soll uns zu einer fruchtbaren geistlichen Erwägung behilflich sein. - Ein vernünftiger Mensch wird die Maschinen nicht Unter-Schätzen, aber sie haben weit herum den Sinn des Volkes verdorben. Nicht durch ihre, Sondern durch unsere Schuld. Die gewaltige Arbeit, die die Maschine leistet, hat den Menschen imponiert. Dieses kunstvolle Ineinandergreifen der Räder, aus dem, ohne Ermüdung, todsicher, nach Größe und Schwere genau berechnet, fix und fertig, alle möglichen Artikel herausgeworfen werden, hat mit Staunen erfüllt. Und deshalb hat man angefangen, lebendige Menschen zu einer Maschine zusammenzustellen. Und der Vater und die Mutter daheim, Knechte und Mägde, Arbeiter und Handwerker wurden nach und nach eingeschätzt wie Bestandteile einer Maschine. Und jetzt konnte es losgehen. Mechanisch haben die Menschen zusammengearbeitet, So wie Räder ineinandergreifen. Die Produktion wurde gewaltig gesteigert. Jedes Rad hat gesurrt, jeder Riemen war angespannt, jeder Hebel in Bewegung. Aber es ist natürlich keinem Maschinenteil in den Sinn gekommen, an den ändern zu denken, wie Menschen für einander fühlen und empfinden Sollen. Das Höchste war allenfalls, daß die gegenseitigen Beziehungen gestimmt haben, daß sie korrekt waren, wie bei einer Maschine, die geölt und in tadellosem Zustand ist.

Ihr Menschen im Zeitalter der Maschinen, horchet nun auf! Die heutige Epistel hat euch etwas zu Sagen. Es tönt wie aus einer ändern Welt, und wenn es verwirklicht würde, müßte es den heutigen Menschenbetrieb auf den Kopf stellen. Dieses Wort der Epistel aber lautet so: "B r ü d e r,  i h r  s e i d  e i n  L e i b." Brüder, ihr gehört zusammen, wie die Glieder eines Leibes, nicht wie die Räder einer Maschine. Die Priester und alle Gläubigen ohne Unterschied bilden eine lebendige Gemeinschaft, wo eines am Los des ändern teilhat, wo keines leidet, ohne daß das andere mitfühlt, wo keines sich freut, ohne daß das andere mitjauchzt. Nicht bloß dem Mitmenschen nicht Schaden, Sondern ihn fördern, ihm helfen! Wir haben keine größere Pflicht, als unsern Brüdern in Liebe zu dienen. Das Schönste, was wir geben können, ist Wohltun und Wohlwollen, Vertrauen, eine alles überwindende Liebe.

Der Apostel Sagt aber: ,,Brüder, ihr seid C h r i s t i L e i b.'' - Siehe, nun fangen die Geheimnisse an! Die Gemeinschaft der Liebe und Treue, die wir untereinander bilden, Schließt sich an Christus an, So wie der Leib an das Haupt, oder So, wie die Zweige und Äste eines Baumes aus dem Stamm herauswachsen, oder wie die Wasserbäche an der Quelle sich füllen. Was am Christen gesund ist, hat Saft und Kraft und Leben aus Christus. Von Ihm kommt alle Gnade. Und jede Gnade und Gabe Gottes ist nicht für dich allein bestimmt, Sondern zum Besten des ganzen Leibes. Aber die höchste der Gnadengaben Gottes ist die Liebe.

An unsere Einverleibung in Christus werden wir heute bei der heiligen Messe voll Ehrfurcht denken. Wie das Brot, das bei der Opferung zum Altar getragen wird, aus vielen Weizenkörnern geworden, und der Wein im Kelch des Priesters aus vielen Traubenbeeren zusammengeflossen ist, So sollen wir Christen Zusammen e i n e O p f e r u n g bilden: eins im Willen, Gottes Gebot mit innerer Opferbereitschaft zu erfüllen. Brot und Wein sind ein Sinnbild der in Liebe geeinten Opfergemeinde. Aber wenn dann bei der heiligen Wandlung Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt sind, So ist aus dem bloßen Sinnbild Wirklichkeit geworden. In Christus sind wir in Wahrheit eins geworden und mit Ihm geopfert, weil Er das Haupt, wir aber Seine Glieder sind.

Wahrhaftig ein großes Geheimnis ist unsere heilige katholische Kirche, wie Sie die Apostel begründet haben. Jedes Apostelfest sei ein Tag innigen Gebetes, daß wir unsere Gemeinschaft in Christus stets tiefer erfassen und ihrer würdig leben. Möge der Geist der Apostel Jesu Christi in Seiner Ursprünglichkeit und gnadenvollen Kraft in der Kirche lebendig bleiben:

„Allmächtiger, ewiger Gott, Du hast uns am heutigen Tag mit der Festfeier Deines heiligen Apostels Bartholomäus eine hohe und heilige Freude bereitet; gib nun Deiner Kirche, so bitten wir, daß sie liebe, was er geglaubt, und verkünde, was er gelehrt hat. - Amen!"

 

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Aus Maria geboren

Fest Maria Geburt: 8. September.

Neun Monate nach der Empfängnis feiert unsere Kirche die Geburt Maria. Die Heilige Schrift erzählt uns nichts über diesen Tag, und das Evangelium, das bei der Feier der heiligen Messe verlesen wird, enthält ein Geschlechtsregister, merkwürdigerweise mit dem Stammbaum des heiligen Josef, nicht etwa dem der Gottesmutter. Und doch ist Jesus nur durch die Mutter blutsverwandt mit Seinen Ahnen aus dem Hause Davids und ein Sproß des auserwählten Volkes. Aber das heilige Evangelium führt trotzdem zum Kern des heutigen Marienfestes, wenn es mit wenigen, knappen Worten Sagt, daß Josef der Mann Marias war und daß aus ihr geboren wurde Jesus, der genannt wird Christus. Das Kind, dessen Geburtstag wir heute feiern, ist nur deshalb da, daß es Mutter Jesu werde. Maria ist für Jesus geboren, dazu hat sie Gott ausgedacht und vorherbestimmt und erschaffen. Wir können uns Jesus nicht denken ohne Maria und Maria nicht ohne Jesus. Sie ist der Tempel, den Gott ausschließlich für den Zweck erbaut hat, den Heiland der Welt aufzunehmen. Sie ist die Wurzel, die nichts anderes treiben Soll, als das Gottesblümlein Jesus.

Es hat darum tiefen Sinn, wenn wir das Geburtsfest der Gottesmutter durch die Feier der heiligen Messe begehen. Das ganze Leben Marias ist nur von Jesus aus verständlich. Aus dem eucharistischen Heiland, der heute unser Opfer und unsere Speise wird, leuchtet das Bild Seiner erhabenen Mutter.

Es ist in der Natur begründet, daß die Kinder der Mutter nachschlagen. Jesus hat von Maria die Beschaffenheit Seines Leibes geerbt, das Temperament, den Charakter. In voller Hingabe und in tiefer, ungestörter, jungfräulicher Ruhe hat sich diese Mutter auf den Sohn übertragen. Der heilige Paulus versichert ausdrücklich, daß der Heiland im Äußern wie ein Mensch erfunden wurde. Dann war Er sicher Seiner Mutter ähnlich, ihr Ebenbild. Nicht umsonst fragte das Volk beim Anblick Jesu: ,,Ist das nicht der Sohn Marias?" Jesus war ein vollkommener Mensch, und um Seinetwillen war Maria eine vollkommene Mutter Ihr Leib war in der vollendeten Harmonie der Kräfte gebildet, gesund und Schön. Alle Anmut, die sonsthin über die sichtbare Schöpfung verteilt ist, lag über sie ausgegossen. Es war in ihr Würde und Einfachheit. Reinheit leuchtete von ihrer Stirn, aus ihrem Auge, aus ihren Worten und Gebärden. Welch edle Gestalt mußte die Mutter jenes Kindes Sein, dessen Vater Gott ist!

Jesus hat aber von Seiner Mutter mehr empfangen als bloß die Statur. Ehe der Sohn Gottes leiblich mit Maria verbunden wurde, mußte sie geistig, innerlich mit Ihm eins Sein. Und weil die l e i b l i ch e Verbundenheit zwischen Mutter und Kind die denkbar innigste ist, gab sie für die s e e l i S ch e das Maß und die Größe ab. Die heiligen Väter Sagen darum, daß Maria den Heiland Zuerst in der Seele und dann im Leib empfangen habe. Um Jesu willen wurden Verstand und Wille und Gemüt der Gottesmutter So reich ausgestattet, daß unter Menschen und Engeln keine höhere Schönheit sich findet, als sie die Seele der Mutter Gottes umschloß. So hohe Weisheit, Gerechtigkeit, Starkmut wohnten in ihrem geordneten Innern. Was die Tugenden der Treue, des Friedens, der Herzensgüte, der Demut und Geduld, des Edelsinnes noch nie ausgeteilt hatten, legten sie in die Seele Marias. Und in diese Schöne Menschennatur senkte Gott eine Gnadenfülle ohne Maß und Vergleich. Noch nie hatte ein tieferer Geist geglaubt, nie ein starkmütigerer Wille an der Hoffnung festgehalten, nie ein reinerer Charakter Gott geliebt.

In Maria war Jesus Christus vorgebildet. Wie Gott die Seele und den Leib der Gottesmutter schuf, dachte Er an Christus. Er legte soviel Herzensreinheit und Herzensgüte in die Jungfrau, weil Christus rein und herzensgut sein sollte. Und Er gab in die Seele der künftigen Mutter Sanftmut und Demut, weil ihr Sohn sanft- und demütig sein sollte. So trifft denn zu, was die Väter mit Ehrfurcht aussprechen: Jesus war nicht bloß der Abglanz des Vaters, sondern auch das Ebenbild Seiner Mutter.

Seit Jahrhunderten haben Künstler und die besten unter den Gottesgelehrten Maria darzustellen gesucht im Bild und in geistvoller Betrachtung. Aber wir werden nie ganz erfassen, was es um diese heilige Jungfrau ist. Da müßten wir erst Jesus voll und ganz kennen.

Die innere Anteilnahme am Gottesdienst wird uns immer würdiger machen, Maria zu loben, und von Jahr zu Jahr werden wir mit reinerer Freude in das Lied der heiligen Liturgie einstimmen:

,,Alleluja, alleluja. Glücklich bist du fürwahr, Maria, heilige Jungfrau, und alles Lobes wert; denn aus dir ging hervor die Sonne der Gerechtigkeit, Christus, unser Gott. Alleluja.''

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In mir ist alle Hoffnung des Lebens

Fest Maria Namen: 12. September.

Die Kirche kennt ein eigenes Fest, das dem bedeutungsvollen Namen Jesu geweiht ist. Aehnlich feiert sie auch das Fest Seiner heiligen Mutter. Nach der Erklärung der Sprachkundigen heißt Maria soviel als "e r h a b e n e H e r r i n'' oder "S c h ö n e". Sicher ist dieser Name der allerseligsten Jungfrau nicht zufällig gegeben worden, sondern durch göttliche Fügung. Nie war eine Frau vor oder nach der Mutter Gottes in tieferem und reinerem Sinn schön und erhaben.

Nächst dem Namen Jesu ist kein Name auf Erden heiliger und verehrungswürdiger als der Name Maria. Ungezählte haben ihn ausgesprochen und in ihm Freude und Licht gefunden. In der jungfräulichen Stille eines Gemaches hat ihn der Engel Gabriel in Ehren genannt, und damit ist er von Mund zu Mund weitergegeben worden durch Jahrhunderte durch alle Erdteile hin. Er ist das Sinnbild aller Verehrung und Treue und Liebe, die der Gottesmutter entboten wurden, von der ersten christlichen Zeit an bis in unsere Tage.

Solange Jesus auf Erden weilte, blieb Maria verborgen, zurückgezogen, wie es der Jungfrau geziemte. Nichts Sollte in den Augen der Schwachen irgendwie den großen Eindruck der Person Jesu Christi stören. Die Schriften des Neuen Testamentes heben würdig und klar das Außerordentliche an Maria hervor, sie bilden die breite Grundlage für alle Ehrung Späterer Jahrhunderte, und doch tritt auch hier die Mutter zurück, deren einzige Ehre ihr Sohn war. Aber nachdem einmal die Lehre vom Einen Gott und Seinem C h r i s t u s sich tief in den Gemütern der Gläubigen verankert hatte, entwickelte sich die Marienverehrung in der heiligen Liturgie in stetem Wachstum. Die Vorzüge und Gnaden der Gottesmutter wurden laut verkündet, mit Liebe und Begeisterung gepriesen. Ein Marienfest schloß sich ans andere. War Schon an die Wände der Katakomben das Bild der Jungfrau mit dem Jesuskind mit frommem Pinsel gemalt worden, So erstanden jetzt die Marienkirchen. Eine Verehrung wie keinem der Heiligen wurde der Gottesmutter zuteil, die über jede andere Ordnung der Gnade erhaben ist.

Was die Mutter im H e r z e n der Familie, das gilt Maria der Kirche. Sie bringt das Herzinnige, Zarte und Traute in die kirchliche Frömmigkeit. Immer und immer wieder Schauen wir zu ihr auf, so wie die Augen der Magd zur Herrin, die Augen des Kindes zur Mutter gerichtet Sind. Siebenmal im Laufe des Tages stimmt die Kirche das feierliche Gotteslob an, und vor jeder Gebetszeit grüßt sie Maria. Sie Schließt ihr Breviergebet am Morgen und am Abend mit einem Lied an die Gottesmutter. Bei jeder heiligen Messe, im Schuldbekenntnis des Staffelgebetes und vor und nach der heiligen Wandlung gedenkt sie der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria. An zahlreichen Festen feiert sie ihr zu Ehren das heilige Opfer. Jeder Samstag ist in den heiligen Zeiten ihr geweiht. Nach dem Vorbild des Breviers kennt die Kirche Sogar eine eigene Gebetsweise, das Marianische Offizium, das jeden Tag zu Ehren der Gottesmutter heiligt. Die Würde Marias, ihre Gnadenfülle, ihre Majestät als Königin des Himmels, ihre bittende Macht, Barmherzigkeit und Milde erfüllen die Liturgie mit immer neuer Bewunderung. Sie mahnt zur Liebe und zum Dank einer Solchen Mutter gegenüber und zu kindlichem Vertrauen, wo der ärmste Sünder verzagt.

Aus dem Gotteshaus hat das katholische Volk die Marienverehrung ins Leben hineingetragen. Es betet daheim das Ave Maria, den englischen Gruß, den Rosenkranz, es trägt das Skapulier und ziert das Bild der Gottesmutter und brennt am Samstag ihr zu Ehren ein geweihtes Licht. Der Mai und der Oktober gelten der Marienverehrung. Und wer sich in Treue und Liebe zur Mutter und Herrin im Himmel nicht genug tun kann, weiht sich und all Sein Arbeiten, Streben und Beten der allerseligsten Jungfrau und ihrem Dienste. Ungezählte Scharen ziehen Jahr für Jahr zum Marienheiligtum und knien voll Vertrauen vor ihrem Gnadenbilde.

Die Marienverehrung ist wesentlich katholisches G l a u be n s g u t , und es ist ihr etwas über alle Maßen Kostbares verheißen. Die Ueberlieferung hält dafür, daß treue und echte, innerliche Andacht zu Maria ein Zeichen der ewigen Auserwählung sei. Es ist unmöglich, daß der verloren geht, der sich an Maria wendet, auf den sie ihr Auge richtet. Wie Soll der Herr den verderben, der unter dem Schütze Seiner Mutter steht? Wie Soll Er den von Sich stoßen, der Maria gehört? Maria ist der Stern, der zum ewigen Leben geleitet. Wer sie gefunden hat, wird das Heil erlangen. Es sind vorab die Heiligen Petrus Damiani, Anselm, Laurentius Justinianus, Alfons Maria von Liguori, die allen aufrichtigen Marienverehrern den Himmel zusichern.

Wir mögen noch so tapfer sein und Mut haben, das Menschenleben ist doch ein endloser Wechsel zwischen Freud und Leid, Hoffnung und Furcht. Das Verzagen löst das Wagen ab. Da sei denn in aller Unbeständigkeit der liebe Name Maria unser bleibender Trost:

„Allmächtiger Gott, wir bitten: verleihe, daß Deine Gläubigen, die des Namens und der Schützenden Macht der heiligsten Jungfrau Maria sich freuen, durch ihre mütterliche Fürsprache auf Erden von allen Uebeln befreit werden und in Gnaden zu den ewigen Freuden des Himmels gelangen. - Amen!"

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Siehe da deine Mutter

Fest der Sieben Schmerzen Maria: 15. September.

Nach der Empfängnis Jesu und dem ersten mütterlichen Walten Marias um ihr Kind feiert die Kirche allgemein kein Ereignis aus dem Leben Maria außer deren Leidenstagen. Das christliche Volk sieht in Maria mit Vorliebe die Schmerzensmutter. Und wenn irgendwo in einer halbdunklen Nische des Gotteshauses, in einer Kapelle oder Grotte ihr Bild mit den verweinten Augen und dem durchbohrten Herzen aufgestellt ist, so zieht es die kummergedrückten Menschen mächtig an. Die volkstümliche Andacht kennt sieben Stationen auf dem Leidensweg der Gottesmutter: 1. bei der Weissagung Simeons; 2. bei der Flucht nach Aegypten; 3. beim Suchen des zwölfjährigen Jesusknaben; 4. beim Anblick des kreuztragenden Heilandes; 5. bei Seiner Kreuzigung; 6. bei der Abnahme Seines Leichnams vom Kreuze; 7. bei Seiner Grablegung. Vielerorts werden die sieben Schmerzen auch in ändern Ereignissen gesehen. In den Gebeten und Lesungen des heutigen Gottesdienstes wird im allgemeinen das unblutige Martyrium gefeiert, welches die Selige Jungfrau Maria unter dem Kreuz des Herrn in ihrer Liebe und in ihrem Mitleid erduldet hat.

Die heilige Liturgie nennt das Leid der schmerzhaften Mutter „groß wie das M e e r". Unsere Zeit hat weit herum ein zartes Fühlen der Menschen abgestumpft und verdorben. Der Leib und die Seele Mariens waren aber ein ursprüngliches Meisterwerk Gottes, in nichts verbildet, allem edlen Empfinden offen. Sie hatte die Hingabe und den Zartsinn der Jungfrau. Und zudem war sie Mutter mit aller Tiefe und allem Reichtum eines mütterlichen Herzens. Wer will die Liebe dieser jungfräulichen Mutter zu ihrem Kinde ermessen! Aber noch inniger als durch Fleisch und Blut war Jesus als Gott mit der gottliebenden Seele Mariens verbunden. Welch namenloser Schmerz mußte sich in die Tiefe ihrer Seele einbohren, als die unglückliche Mutter zum armen Todesopfer am Kreuze aufsah. Die brennenden Wunden am Leibe, die Verachtung des Gekreuzigten, die Seelennot Seiner Gottverlassenheit hat Maria miterduldet. Und durch ihre mitleidsvolle Teilnahme war sie selber ein geistiges Opfer, das mit dem Blute Christi zum himmlischen Vater um Erbarmen rief und Gottes Segen auf die Erde herabzog.

Der Anblick der Schmerzensmutter muß uns innerlich erschüttern, und unser Mitleid wird die allerseligste Jungfrau als ein Zeichen kindlicher Liebe erfreuen. Aber in der Andacht zur schmerzhaften Mutter liegt letzten Endes mehr als eine Klage über Maria. Unter dem Kreuze wird erst die hohe Würde der Gottesmutter vollendet. Da wird der Reichtum an Gnade und Segen, der von ihr auf die Welt übergehen soll, gleichsam freigelegt.

Man darf Maria unter dem Kreuz nicht in allem mit einer irdischen Mutter vergleichen, der ihr Sohn mit Gewalt entrissen wird. So wie Jesus freiwillig in die Hände der Sünder gekommen ist, so hat Maria Ihn freiwillig zum Tod hingegeben. Jesus ist ihre Opfergabe, und sie hat Ihn wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt, ähnlich wie einst Abraham seinen Sohn Isaak. Jesus ist das Eigentum Seiner Mutter, und sie verzichtet auf Ihn, opfert Ihn mit Seinen Leiden, die auch ihre Leiden sind. In der Bedrängnis und der Mühsal des Volkes hat Maria sich Selber nicht geschont und den Untergang abgewendet vor dem Angesichte unseres Gottes.

So wie Gott nun einmal die Erlösung der Menschen angeordnet hat, ist das Opfer am Kreuz ohne Maria nicht möglich, weil Jesus das, was an Ihm sterblich ist, von Seiner Mutter erhalten hat. Gleicherweise nur durch Maria ist Jesus in das Menschengeschlecht eingereiht worden. Deshalb ist der Heiland am Kreuz u n S e r Opfer, das Opfer der ganzen M e n s ch h e i t geworden. Wir verdanken es der Mutter Gottes, daß wir bei jeder heiligen Messe beten dürfen, Gott möge das Opfer in Gnaden annehmen, das w i r Ihm darbringen.

Jesus ist der Heiland der Welt, aber auch dein Heiland. Deine persönlichen Sünden waren auf Ihn geladen; Er hat für dich gelitten und dich erlöst. Wenn du das recht überlegst, steht auf einmal diese Frau und Mutter unter dem Kreuze viel ehrwürdiger vor dir, ihr Schmerz kommt dir noch heiliger vor. Dann verdankst d u Maria, daß d u zum Leben gekommen bist. Unter dem Kreuz ist Maria deine Mutter geworden, unter großen Schmerzen. Sie ist nicht mehr allein "Maria, die Mutter Jesu". Sie ist jene gesegnete Frau des Neuen Bundes, die Gott zur Mutter aller Lebendigen aufgestellt hat. Seinem Jünger, den Er lieb hatte, wurde dieses Geheimnis zuerst offenbart, als Er ihn Seiner Mutter und die Mutter ihm empfahl. Aber die Worte, die der Herr dabei sprach, gelten uns allen, allen, die Jesus lieb hat. Vom Kreuz herab, heute beim Opfer der heiligen Messe, sieht Jesus Seine Mutter und dich, den Er lieb hat. Und Er spricht zu Seiner Mutter: "Weib, siehe da dein Kind." Hierauf spricht Er zu dir: "Siehe da deine Mutter." Und von dieser Stunde an sollst du Maria in dein Eigentum aufnehmen.

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Unter Zöllnern und Sündern

Fest des heiligen Apostels Matthäus: 21. September.

In der ruhmreichen Schar der Apostel war der heilige Apostel Matthäus Zunächst wie Saul unter den Propheten. Die Pharisäer haben sich gewundert, wie er in der Gefolgschaft des Herrn gesichtet wurde. Aber wie um das Ungewöhnliche voll zu machen, hat der Heilige Geist dem Auserwählten in der Folgezeit noch das Amt des Evangelisten übertragen.

Was stand denn in den Augen der Welt der heiligen Laufbahn des Apostels im Wege? - Viel! Er war ein Zöllner aus Kapharnaum. Das war ein Beruf, der Anstoß erregte. Die Römer erhoben als Herren von Palästina auf alle Waren, die aus dem Land oder in das Land gingen, Zolle. Und wenn auch ein gesetzlicher Zolltarif bestand, so konnten die Abgaben doch nach der Willkür der Unterbeamten, der Zollner, in die Höhe geschraubt werden. Mit dem Haß gegen diese Blutsauger verband sich im national gesinnten Volke Abscheu vor ihnen auch deshalb, weil sie die Interessen der Römer vertraten. Und nun kommt Jesus zur Zollstätte, ruft den Matthäus, der auch Levi heißt. Der folgt Ihm mit voller Hingabe, ohne jegliches Bedenken. Als ein Mann von guter Lebensart hält er dem Herrn ein Freudenmahl, zu dem in loyaler, kameradschaftlicher Weise Seine alten Standesgenossen, die Zollner, und die neuen Kollegen, die Jünger, eingeladen sind. In der Oeffentlichkeit macht er nicht den geringsten Hehl aus seinem Kurswechsel, der vom Geldtisch weg zu den Füßen des Heilandes abbog. Aus dem Zollner wurde der Apostel, aus dem Sünder der Heilige.

Ueber die Auserwählung des Matthäus stellen wir eine kleine Erwägung an. Die Apostel sind der Grundstock der Kirche, ihre ersten Glieder. In ihnen ist irgendwie vorgebildet, was Später, im Laufe der Jahrhunderte, im Christentum und an den Christen geschehen ist. Jesus hat den Matthäus aus dem Volk der Sünder und Zollner ausgehoben. Mit Vorbedacht. Diese Menschenklasse war dem Herrn lieb. Ein anderer Zollner, Zachäus in Jericho, von dem das Evangelium jeweils am Feste der Kirchweihe erzählt, fand gleichfalls den Weg zum Herzen Jesu. Und im Gleichnis, das am zehnten Sonntag nach Pfingsten verlesen wird, stellt der Heiland den reumütigen Zollner, der hinten im Tempel an die Brust schlägt, über den Selbstgerechten Pharisäer. Offen erklärt unser Herr: "Ich bin nicht gekommen die Gerechten zu berufen, Sondern die Sünder. Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken." Durch alle Jahrhunderte hin hat Jesus in Seiner Kirche die Sünder nicht bloß gesucht und geliebt, Sondern sie höchster Gnaden gewürdigt. Aehnlich wie den heiligen Matthäus hat er etwa einen heiligen Augustin aus der Gesellschaft der Sünder abgesondert und in der Kirche Gottes als Säule aufgestellt. Die Kirche war nie ein Garten mit lauter Unschuldslilien, und zum Trost der reumütigen Sünder wurde der Zollner in ihr Fundament eingefügt.

Jesus mochte aber bei der Berufung des Matthäus noch Seine besonderen Absichten haben. Der Apostel war ein Jude, aber er stand im Dienst einer fremden Nation, der Römer. Das machte den Zollner unter seinen Volksgenossen zum räudigen Schaf. Die Juden waren so fest überzeugt von ihrer Einzigartigkeit, daß sie darüber ihr Höchstes und Bestes verloren haben. Und es war eine merkwürdige Fügung Gottes, daß ihre meistgehaßten nationalen Feinde die Hüter jenes kostbaren Schatzes wurden, der zunächst dem auserwählten Volke zugedacht war.

Jesus, der Sohn einer jüdischen Mutter, der Sprosse des nationalen Königshauses, hat über die Grenzen Seines Volkes hinausgeschaut. Und Er befiehlt den Aposteln: „Predigt das Evangelium jeglichem Geschöpf." Die Ueberlieferung berichtet, wie die Apostel von Anfang an den ganzen Erdkreis als Missionsgebiet unter sich aufgeteilt haben, von Spanien bis nach Indien. Das war der Anfang der katholischen Kirche.

Ein ordentlicher Mensch schätzt und pflegt, was ihm Heimat und Abstammung an Eigenart in Leib und Seele hineingelegt haben. Wo Charakter ist, da ist auch Bodenständigkeit. Soviel Herzerfreuendes am katholischen Gottesdienst, die wundervolle Mannigfaltigkeit unserer Kirchenbauten wäre nie erstanden, wenn nicht jede einzelne Nation gerade ihre Eigenart, geläutert und veredelt, zum Lobe Gottes beigetragen hätte. Aber über allem völkischen Sonderbesitz steht der Glaube. Mag da was immer für Blut in unsern Adern fließen, wir alle müssen eins werden in der Gnade, im heiligen Opfer, in der heiligen Kommunion.

 

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Fürst der himmlischen Heerscharen

Fest des heiligen Erzengels Michael: 29. September.

Der Ruhm eines Königs ist die Pracht Seines Hofes. Den glänzendsten Hof hat sicher der König aller Könige. Sein Gefolge sind eine endlose Schar von Engeln. „Tausendmal tausend dienen Ihm, und zehntausendmal hunderttausend stehen vor Ihm." Gott hat die Dienste der Engel (wie die der Menschen) i n w u n d e r v o l l e r O r d n u n g verteilt. Nach dem Maß der Einsicht und der Willenskraft sind sie in neun gewaltigen Chören vor dem Throne Gottes. Gott ist ihre Mitte, und wie ein unermeßliches Spiegelfeld strahlen sie Seine Größe wider. Den vollkommensten unter ihnen hat Gott die größte Ruhe gegeben; sie bleiben unabläßig versunken in die Betrachtung des höchsten Gutes. Was sie Selber in Gottes Plänen und Absichten geschaut haben, teilen sie den ihnen Zunächst stehenden Engeln mit, und So werden Gottes Gedanken, von Stufe zu Stufe weiter hinaus in die Schöpfung getragen. Im Reiche der Gnade, im Walten der Naturkräfte, im Kampf gegen die bösen Geister, allüberall verwirklichen Engel Gottes heiligen Willen.

Einer der sieben großen Engel, die vor Gottes Thron stehen, ist d e r  h e i l i g e M i ch a e l. Die Heilige Schrift nennt ihn einen Fürsten, einen der hervorragendsten Fürsten, den Anführer der Engelheere, von dem viel Herrliches zu berichten ist.

Die glorreichste Tat Michaels ist ohne Zweifel die Besiegung L u z i f e r s. Mit einer Schar abtrünniger Engel wollte Luzifer Gott gleich sein und erhob sich in Hochmut gegen Seinen Schöpfer. Da entstand ein großer Streit im Himmel. Michael aber stieß den Satan, jenen großen Drachen, die alte Schlange, den Teufel samt Seinem Anhang in die Hölle.

Seither ist Sankt Michael der T e u f e l s b e s i e g e r. Mag die aufgeklärte Welt daran glauben oder nicht, der Teufel, unser Widersacher, geht doch ständig umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Da bitten wir denn den heiligen Michael, daß er den Söhnen des Volkes Gottes als großer Fürst zur Seite stehe und uns im Kampfe Schütze, damit wir vor Gottes Gericht nicht zu Schanden werden. Der heilige Michael wird sicher dort vor allem unser treuer Helfer sein, wo wir dem furchtbarsten Angriff der Hölle ausgesetzt sein werden, in der Todesstunde. Ja, Sogar über den Tod hinaus empfiehlt uns die Kirche seiner Macht und nennt ihn den Geleitsmann Gottes für die Seelen der Gerechten. So heißt es im Offertorium der Totenmessen: „Herr Jesus Christus, König der Herrlichkeit, befreie die Seelen aller verstorbenen Gläubigen vor den Strafen der Hölle, befreie sie vom Rächen des Löwen, daß sie nicht der Finsternis anheimfallen. Vielmehr möge sie der Bannerträger Sankt Michael ins heilige Licht geleiten." Und in den Sterbegebeten fleht der Priester über den Dahinscheidenden: „Es möge ihn aufnehmen Sankt Michael." Im Brevier, das die Kirche betet, wird der heilige Erzengel geradezu "Vorsteher des Paradieses" genannt.

Es ist bezeichnend für den kraftvollen Geist der katholischen Frömmigkeit, daß dieser wehrhafte Himmelsfürst ein hohes liturgisches Amt ausübt. Nach der bilderreichen Sprache der Heiligen Schrift steht Sankt Michael im Himmel zur Seite des Brandopferaltars, mit einem goldenen Rauchfaß in der Hand, und der Duft des Weihrauches steigt zum Antlitz Gottes auf. Dieser Weihrauch ist ein Sinnbild für die Gebete der Heiligen, die der Engel Gott darbringt. Sankt Michael ist einer der großen Mittler, die das Gebet und das Opfer der Kirche zum Throne Gottes tragen. Darum wird bei jedem heiligen Meßopfer, im Schuldbekenntnis an den Stufen des Altars, der heilige Michael angerufen. Und wenn im feierlichen Amt der Priester den Weihrauch Segnet, bittet er dabei um die Fürsprache Sankt Michaels. Nach der Wandlung Sind es wieder "des heiligen Engels Hände", die auf das Gebet der Kirche hin unsere Opfergaben vor den erhabenen Altar Gottes bringen.

Seit Papst Leo XIII. wird an jede Stillmesse ein eigenes Gebet angefügt, das unser Leben mit großer Eindringlichkeit dem heiligen Erzengel anbefiehlt. Ohne Zweifel wirkt sich heute das Geheimnis der Sünde und der offenen Empörung gegen Gott furchtbarer aus, als je zu einer andern Zeit. Da sei Sankt Michael unser Hort im Kampf für das Gute. Und nachdem wir im Kreis der heiligen Engel das Opfer dargebracht haben, sei das unsere inständige Bitte:

"Heiliger Erzengel Michael, Schütze uns gegen die Bosheit und die Nachstellungen des bösen Feindes! Du, o Fürst der himmlischen Heerscharen, stürze den Satan und alle andern bösen Geister, die zum Verderben der Seelen in der Welt umhergehen, mit Gottes Kraft in den Abgrund der Hölle. - Amen!"

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Hab acht auf deinen Engel

Schutzengelfest (2. Oktober)

Wenn der Psalmist die Menge und Größe der göttlichen Gnaden und Wohltaten betrachtet, So ruft er staunend aus: „Die Welt ist voll der Barmherzigkeit des Herrn." Einem besonderen Werke der Erde und Himmel erfüllenden Liebe Gottes ist der Schutzengelsonntag geweiht. Es ist Lehre der heiligen katholischen Kirche, daß Gott jedem Menschen einen Engel mit ins Leben gibt, der vor uns herzieht, uns auf dem Wege behütet und uns an den Ort der ewigen Bestimmung führt. Wo immer menschliches Leben sich auftut, mag es auch in Not und Armut und Elend eingewickelt fein, stellt der Schöpfer Seinen Engel zur Seite und Er zieht ihn nicht wieder zurück, wenn Ihm auch die Lauen und Gleichgültigen so zum Ekel werden, daß Er sie ausspeien möchte. Selbst neben den Sündern geht in stillem Gebet und Gotteslob der heilige Schutzengel, damit auch dort, wo die Füße der Verworfenen stehen, Gott ohne Ende verherrlicht wird.

Von unseren heiligen Engeln Sagt der Heiland im heutigen Evangelium das Schönste mit den Worten: „Sie schauen immerfort das Angesicht Meines Vaters, der im Himmel ist." - Dir Zur Seite geht jemand.

Neben dem K l e i n m ü t i g e n, V e r z a g t e n und G e ä n g s t i g t e n wacht der heilige Engel, der in ungestörter, ungetrübter Ruhe immer auf Gott hinschaut und allein Schon durch Seine Gegenwart zu ruhigem, festem Gottvertrauen mahnt. Und wo einer in d i e S o r g e n um das I r d i s ch e verstrickt ist, wird ihn der Schutzengel lehren, wie klein und unzulänglich und ohne Bestand alles ist außer Gott. Und er mahnt und redet, wie einer, der Erfahrung hat. Wenn aber der Mensch von Seinem Schöpfer abfällt und Sündigt, So wird der Engel nicht trauern, sondern in stets gleicher Freude betet er Gottes Gerechtigkeit an, die den Sünder zu strafen weiß, er bewundert die Langmut und Güte des Herrn, die den Sünder erträgt und Sucht. So wird es ja auch am Ende der Zeiten sein. Der Schutzengel wird nicht weinen über den Untergang des Verdammten, So wenig wie Gott Selber. In Gott ist ein ewiges Glück und eine ewige Freude, ohne den Schatten eines Wechsels. Und an Seiner Heiligkeit, Gerechtigkeit, Liebe und Weisheit werden die Engel und alle Guten sich freuen in Ewigkeit.

Die Sorge des Engels um jede unsterbliche Seele ist so groß, daß er nach den Worten der Liturgie den Schützling auf seinen Händen trägt, daß er nicht etwa den Fuß an einem Steine anstoße. Die Mahnung der Heiligen Schrift ist darum nicht umsonst:

„H a b  a ch t  a u f  d e i n e n  E n g e l  u n d  h ö r e  a u f  s e i n e  S t i m m e, u n d  g l a u b e  n i ch t,  i h n  m i ß a ch t e n  z u d ü r f e n."

Lieblinge der heiligen Engel sind sicher vor allem die Kinder. Die Schutzengel mahnen die Mutter an ihre Mutterpflichten, daß keines der Kleinen Schaden leide. Und Sollte nicht der Mutter jedes Kind auch deshalb ehrwürdig Sein, weil es von einem Engel Gottes behütet ist? Der wird einst Zeuge für oder gegen die Eltern Sein bei der großen Abrechnung vor dem Richterstuhl Christi. Bei den A r m e n und K r a n k e n, bei den W i t w e n und W a i s e n, beim L e h rl i n g und beim S ch ü l e r , beim G a t t e n und bei der G a t t i n steht stumm und ernst der heilige Weggefährte, der jedes unserer Werke beachtet, jedes Wort und jeden Gedanken. Hab acht auf den Engel Gottes!

Mitten unter uns bilden die heiligen Engel ein Reich voll des Friedens, der Freude und der Liebe. Schließen wir uns an sie zur großen, heiligen G o t t e s f a m i l i e. Wir beten und singen ja auch wirklich, so wie die Engel gesungen haben, jedesmal, wo wir das Gloria anstimmen: „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Friede den Menschen guten Willens." Engelsworte in Gegenwart der Engel legt uns die Kirche jedesmal beim Sanktus der heiligen Messe auf die Zunge, wenn wir beten und jubeln:

„Es ist in Wahrheit würdig und recht, billig und heilsam, Dir immer und überall Dank zu sagen, heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott: durch Christus unsern Herrn. Durch Ihn loben die Engel Deine Majestät, die Herrschaften beten sie an, die Mächte verehren sie zitternd. Die Himmel und die himmlischen Kräfte und die Seligen Seraphim feiern sie jubelnd im Chore. Mit ihnen laß, so flehen wir, auch uns einstimmen und voll Ehrfurcht bekennen: Heilig, heilig, heilig, Herr, Gott der Heerscharen. Himmel und Erde sind erfüllt von Deiner Herrlichkeit."

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Leben, Tod und Auferstehung des Eingebornen Gottes

Rosenkranzfest: 7. Oktober.

Das Rosenkranzfest ist eingesetzt worden zum Dank für einen glorreichen Sieg, den die Christenheit über die Türken bei Lepanto, im Jahre 1571, errungen hatte. Von diesem geschichtlichen Ereignis ist bei der Feier der heiligen Messe nicht die Rede, wohl aber wird in den begleitenden Gebeten der Rosenkranz erwähnt, dessen Kraft der Erfolg im Türkenkrieg zugeschrieben wurde.

Die K i r ch e spricht vom Rosenkranz mit großer Ehrfurcht und nennt ihn "hochheilig". Die Päpste haben das Gebet mit reichen Ablässen versehen, offenbar, um es dem Volk noch liebwerter zu machen. Im kirchlichen Gesetzbuch wird den Bischöfen nahegelegt, sie sollen dafür sorgen, daß die Priester (die doch die heilige Messe feiern und auf das Brevier verpflichtet sind) täglich den Rosenkranz der Gottesmutter beten. Irgendwelche Geringschätzung der frommen Uebung wäre offenbar unkirchlich. Man darf sodann nicht vergessen, wie im praktischen Leben viele heilige Männer und Frauen, die für die Sache Gottes und Seiner Kirche ganz Großes geschaffen haben, den Rosenkranz in Ehren gehalten, und es muß von vornherein verwegen erscheinen, über eine durch die Ueberlieferung geheiligte Andacht leichtfertig zu denken.

Der Wert und die Bedeutung des Rosenkranzgebetes liegt nach einem Ausdruck der Liturgie darin begründet, daß wir an ihm Leben, Leiden und Auferstehung des Eingeborenen Gottes glaubensvoll erwägen. Man darf Somit im Rosenkranz eine kurze Zusammenfassung des Kirchenjahres Sehen: den Advent und die Weihnachtszeit erleben wir in den freudenreichen Geheimnissen; Ostern, Pfingsten und die Vollendung der Schöpfung kommt uns innerlich zum Bewußtsein in den glorreichen Gesetzchen. Die Leidens-Zeit des Herrn aber betrachtet frommer Sinn im Schmerzhaften Rosenkranz.

Das Leben Jesu ist der Kern dieser heiligen Gebetsweise, aber alles, was am Heiland geschehen, ist hineingestellt in das Lebensbild Mariä, gleichsam hineingebettet in die Ave Maria. In dieser Anordnung liegt tiefe Weisheit, insofern die Erlösung und Heiligung des Menschengeschlechtes durch Maria vermittelt ist, durch den Engelsgruß Ave Maria. Und wenn Jesus vollkommen gut ist, so leuchtet aus Mariä das Abbild Seiner Heiligkeit, der Widerschein Seiner Demut und Seiner Reinheit, Seines Opfersinnes und Seiner Liebe. In der Gottesmutter ist uns das Lebensbild Jesu näher gerückt, und wir Schauen den Herrn mit den Augen Mariä und lieben Ihn mit dem Herzen Seiner Mutter. Eine tiefe Erkenntnis Jesu ist ja überhaupt erst möglich, wenn wir Mutter und Kind nebeneinander und miteinander andächtig betrachten.

Ist Somit der Inhalt des Rosenkranzes göttlich und erhaben, So ist es nicht minder Seine äußere Form, die Reihe der Vaterunser, Gegrüßt seist und Ehre sei. Das Vaterunser bleibt für alle Zeit das schönste Gebet, das uns der Herr selber gelehrt hat. Das Ave Maria enthält von Gott eingegebene Worte und ist wie das Ehre sei ein altehrwürdiges, allgemeines Gebet, das über unsere persönlichen Wünsche hinweg die Ehre Gottes und das gemeinsame Wohl Seiner heiligen Kirche sucht und erfleht.

Hüten wir uns nur vor dem gedankenlosen Hersagen der Gebetsformeln. Was dem Rosenkranz Würde und Kraft verleiht, sind die heiligen A n m u t u n g e n, die die einzelnen Geheimnisse für das Seelenleben fruchtbar machen: Gedanken und Empfindungen des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe und Reue, Hunger und Durst nach Gerechtigkeit. Wenn wir uns So - mit innerem Miterleben - in die Betrachtung des Heilandes vertiefen, wird sicher nach und nach Licht von Seinen Gedanken, Wärme von Seinen Empfindungen, Glut von Seiner Liebe in unser dürftiges, armes und kaltes Innenleben überspringen, so daß wir lebensvolle Abbilder Jesu werden - durch Maria.

In alter Zeit haben Männer und Frauen den Rosenkranz wie einen S ch m u ck um den Hals getragen. Trage ihn wenigstens immer bei dir. Nicht nur, wenn du den Gottesdienst besuchst. Bete den Rosenkranz auf dem Weg zur Arbeit, vor einem verantwortungsvollen Unternehmen. Er kürzt dir die schlaflosen Nächte. Wie manchem Kranken war es ein Trost, daß er die müden Gedanken zu einem Schmerzhaften Gesetzchen sammeln konnte. Mit dem Rosenkranz um die Finger wollen wir sterben und begraben werden.

Der Rosenkranz ist vor allem ein unvergleichliches Gemeinschaftsgebet. Weil wir es selber sind, die den Gebetsformeln den inneren Gehalt mitteilen, so wird der Rosenkranz, jedem Stand und jeder Bildung, jedem Alter und jedem inneren Erleben gerecht, und vereint uns doch alle in den Schranken der großen Glaubenswahrheiten. Möchte doch diese heilige Andacht besonders in den christlichen F a m i l i e n Hausrecht bekommen. Wo man allabendlich im Schoß der Familie Jesu Leben, Leiden und Auferstehung in Maria und mit Maria betrachtet, reift sicher ein glaubenstreues und begnadetes Geschlecht heran.

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Der Tag der Mutter

Fest der Mutterschaft Maria: 11. Oktober.

Dieses jüngste unter den Marienfesten hat der Heilige Vater Pius XI. der Kirche geschenkt. Wer mit offenen Augen in die Welt Schaut, erkennt darin das Walten der göttlichen Vorsehung, daß wir an einem eigenen Tag die Mutterschaft Mariens feiern. Unser Jahrhundert ist eine mutterarme Zeit. Man hat keine Ehrfurcht mehr vor dem Wort Mutterschaft und Mütterlichkeit, weil man die Keuschheit nicht mehr liebt, die Selbstlosigkeit und den Opfersinn. Es muß aber die Frau und Mutter in jenen Bereich zurückgeführt werden, der ihr von Gott zugewiesen ist. Und um den Mutterberuf wieder liebenswürdig zu machen, läßt uns die Kirche das Fest der Mutterschaft Mariä begehen.

Maria ist Mutter wie jede andere Frau, die ihrem Kind das Leben Schenkt; aber ihre natürliche Würde hat Vorzüge, die ganz einzig sind. Mariä ist u n v e r s e h r t e Jungfrau vor und in und nach der Geburt Jesu. Da läßt die Kirche auch nicht einen Schatten auf diese Mutter fallen, und sie schließt den von der Gemeinschaft der Gläubigen aus, der nicht daran festhält, daß Maria jungfräulich geblieben ist. So ernst und So groß Scheint ihr dieser Vorzug. Im Eingang zur Messe des heutigen Tages wird darum zuerst die J u n g f r a u s ch a f t der Gottesmutter gepriesen: ,,Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären." Maria wurde nur einmal Mutter, und diesen erstgeborenen Sohn, den sie ohne Schmerzen und unversehrt geboren, hat sie vom Heiligen Geiste empfangen. Sie ist wie ein geweihter Meßkelch, der nichts anderes fassen darf als den Gottessohn Jesus Christus.

Aus der Re i n i g k e i t kommt jetzt noch die Würde jeder christlichen Mutter. Wo das Heiligtum der Unschuld schon im Mädchen verwüstet ist, und erst recht, wo man in der Ehe nicht keusch lebt, ist die Hoheit der Mutter nach christlicher Auffassung preisgegeben. Unantastbar und unberührbar bleibe reine Frauenwürde!

Wo die Mutter so ist, wie sie Gott haben will, trägt sie in ihrem Herzen unermeßlichen Reichtum. In Mariä war er so groß, daß er die ganze Welt mit Seinem Duft, Seiner Anmut, Seiner Liebe, Seinem Segen erfüllt hat. Darum legt ihr die Liturgie bei der Feier der heiligen Messe die Worte in den Mund: ,,Ich bringe wie ein Weinstock Süßen Wohlgeruch hervor, und meine Blüten, sie Sprossen schön und anmutig. Ich bin die Mutter der Schönen Liebe, der Furcht, Erkenntnis und der heiligen Hoffnung. In mir ist die Gnade jeglichen Weges und jeder Wahrheit; in mir ist alle Hoffnung des Lebens und der Tugend. Wer auf mich hört, wird nicht zu Schanden; wer sich um mich bemüht, wird nicht in Sünden fallen. Die mich zur Leuchte nehmen, werden das ewige Leben haben."

Liegt nicht in jedem christlichen Mutterherzen etwas vom gleichen Reichtum, der in Maria ist? Unerschöpfliche Güte, Anmut, Freude, Segen? Jede fromme Mutter weist den gnadenvollen Weg zur Wahrheit, zur Tugend, zum Himmel. Und wie sicher und fest gibt eine wackere Mutter die Rechtung für das ganze Leben. Was sie einmal in das Herz des Kindes gepflanzt, reißt niemand heraus. Und das Andenken an eine betende, gute Mutter lebt fort in späte Geschlechter. Einer der letzten großen Papste hat das Wort gesprochen: ,,Gebt mir gute Mütter, und ich will das Angesicht der Erde erneuern.''

Aber der Segen, der von der Mutter ausgeht, ist teuer erkauft. Mutter sein, heißt Opfer bringen. Die vollkommenste Mutter auf Erden (Maria) ist diejenige, welche am meisten Opfer gebracht hat. Im heutigen Evangelium wird jene große Muttersorge im Leben Marias erzählt, die alle andern in sich schloß und vorbereitete: der Schmerz um den verlorenen Jesusknaben in Jerusalem. Maria hat alles Mutterleid ausgekostet, getragen, geheiligt. Sie war eine starkmütige Frau, die wirklich Opfer gebracht hat. Und bei der Opferung der heiligen Messe am heutigen Marienfest legt jede brave christliche Mutter ihr Opfer auf den Altar: zu empfangen und zu tragen, was Gott gibt, und Liebe und Güte auszuteilen in unermüdlicher Geduld.

Im Gebet nach der heiligen Kommunion heißt es in der Mutter-Gottes-Messe: "Selig der Leib der Jungfrau Maria, der den Sohn des ewigen Vaters getragen hat." Das Los der christlichen Mutter ist Seligkeit. Mariä wird selig gepriesen, weil sie den Sohn Gottes getragen hat. Darf man aber nicht von jeder christlichen Mutter sagen, daß etwas Heiliges aus ihr geboren ist, das Kind Gottes genannt wird? Jede christliche Mutter wird Mutter von Gotteskindern, wenn einmal das Taufwasser über den Scheitel ihrer Leibesfrucht geflossen ist. Aus der Würde Marias kommt eine erhabene Bestimmung jeder Mutter zu: Sie soll Gott Kinder schenken. Wahrhaft, das Los der Mutter ist Seligkeit.

Das Fest der Mutterschaft Mariä soll für uns Katholiken ,,d e r Tag d e r M u t t e r" sein. Da wollen wir im Schoß der Familie Gott danken, wenn Er uns eine religiöse Mutter geschenkt hat. Und wir versprechen ihr dann in ihre liebe, gute Hand Gehorsam und Ehrfurcht aus gläubiger Gesinnung. Ist aber die Mutter schon heimgegangen, so beten wir heute bei der heiligen Messe für ihre Seelenruhe. - Die rechte geordnete Liebe zur Mutter ist mehr als ein edles Empfinden, das schließlich auch die Heiden haben. Sie bedeutet einen wertvollen sittlich-religiösen Halt und erwächst in ihrer ganzen Tiefe nur auf dem Boden der Religion, aus der Liebe zu Gott und Seiner heiligen Mutter.

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Friede diesem Hause !

 

Fest des heiligen Evangelisten Lukas: 18. Oktober.

Im heutigen Evangelium spricht unser Herr von der großen Ernte und den wenigen Arbeitern, und dann entsendet er zweiundsiebzig Jünger vor Sich her: "Nun geht hin ... So oft ihr in ein Haus kommt, sagt zuerst: Friede diesem Hause, und wenn dort ein Kind des Friedens ist, wird euer Friede auf ihm ruhen."

Diese große Sendung gilt zunächst sicher vom mündlichen Lehrauftrag Christi. Durch die Predigt wird in erster Linie der Glaube verkündigt. Aber wir können Gott nicht genug danken, daß uns Sein Wort auch s ch r i f t l i ch überliefert ist. Und heute, wo soviele Bücher und Zeitschriften alle Welt überschwemmen, verlangt die Heilige Schrift mit doppelter Dringlichkeit in deinem Hause Einlaß. Sie will in jede Familie jenen Gottesfrieden bringen, von dem der Heiland spricht. So Gott will, bist nun auch du ein Kind des Friedens.

Papst Pius X., der in neuester Zeit so nachdrücklich auf die alten Quellen katholischer Frömmigkeit, auf das Meßopfer und die heilige Kommunion, hingewiesen, hat gleichzeitig mit großer Wärme zum Lesen der Heiligen Schrift aufgefordert: "Da wir alles in Christo erneuern wollen, ist uns sicher nichts wünschbarer, als daß die Gläubigen die Sitte annehmen, die Evangelien nicht nur zur häufigen, Sondern zur täglichen Lesung im Besitz zu haben, da man aus ihnen an erster Stelle lernen kann, auf welche Weise alles in Christo erneuert werden kann und muß." Nicht weniger deutlich erklärt der große Papst Benedikt XV.: "Wir werden unaufhörlich alle Christgläubigen ermahnen, daß sie insbesondere die heiligen Evangelien und ebenso die Apostelbriefe in täglicher Lesung immer wieder durchgehen und in Fleisch und Blut aufzunehmen sich bemühen mögen."

Man hat die Heilige Schrift einen Brief vom lieben Herrgott genannt. Es bleibt ewig Schade, wenn wir diesen Brief nicht lesen. Er enthält Gottes Wort. Seine Weisheit und Wahrheit sind Licht für den Glauben und jede religiöse Erkenntnis. Seine Sprache ist mit göttlicher Liebe, Kraft und Zartheit geformt. Die Heilige Schrift gibt auf die Fragen unserer Zeit die klare und überzeugende Antwort. So über Staat und Gesellschaft. Sie zeichnet die festen Grundsätze über das Berufsleben. Nie erschien eine vortrefflichere Aufklärung über die Ehe. Und was hier über die Erziehung der Kinder gesagt ist, hat unvergänglichen Wert.

Die Evangelien vorab sind ein einzigartiges Volksbuch, unter dem Volk und in Berührung mit dem Volk entstanden. Wie einfach und praktisch und packend hat Jesus gesprochen "vom Knecht und Säer und Zöllner, von der Wasserträgerin und von den Aussätzigen und von denen, die nicht Zinsen können, und von den Fischern und Winzern und Krämern und dann immer wieder von den Bauern". Aber wie Jesus nicht nur Volksprediger war, so schildern die Evangelien mit gleicher Treue, tief und klar, wie Er die Gebildeten Seiner Zeit belehrt hat.

Heute, wo das M i s s a l e so stark verbreitet ist, wird der Familie ein neuer Weg geebnet für die gemeinsame Bibellektüre. Wo immer möglich, sollte im Schoße des häuslichen Lebens an jedem Abend das Evangelium des folgenden Tages gelesen werden. Schließlich kann das eines der altern Schulpflichtigen Kinder tun. Nur geschehe es mit Würde und Andacht. Aus den Worten der Heiligen Schrift strömt überreiche Gnade, und durch sie ruht auf Stube und Haus eine religiöse Weihe, jener Friede, der den Kindern des Friedens versprochen ist. Wer die Evangelien im Meßbuch kennt, kennt bereits einen guten Teil der Schrift, und der Gebrauch des Missales wird sicher immer mehr Hunger nach dem Worte Gottes wecken.

Ein bedeutender Teil des öffentlichen Gottesdienstes ist täglich der Lesung der Heiligen Schrift geweiht, und die Frohbotschaft Gottes erhält bei der Feier des Meßopfers eine besondere Kraft. Was das Evangelium erzählt, wird auf dem Altar in geheimnisvoller Weise Leben und Wahrheit. Jesus, von dem die Schrift berichtet, wird gegenwärtig und wirkt aufs Neue innerlich, in unsern Seelen, was Er einst sichtbar auf Erden vollbracht hat. Wir werden überreich beschenkt bei der Feier der Liturgie: wir empfangen nicht nur die Frohbotschaft Gottes, Sondern Ihn Selber, der den Inhalt des Evangeliums ausmacht. Möge Gott, durch die Fürsprache des heiligen Evangelisten Lukas, was wir bei Seinem Altar in uns aufgenommen haben, zur Heiligung unserer Seelen gereichen lassen. - Amen!

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Hirten und Vorsteher

Fest der heiligen Apostel Simon und Judas: 28. Oktober.

Gott selber hat wiederholt Seine Sorge um uns am Bild des guten Hirten deutlich gemacht. Um dieses Gleichnis voll zu erfassen, sollten wir uns bewußt werden, was zur Zeit Jesu ein rechter Hirte seiner Herde war. Er trug zu seinen Pfleglingen die Liebe eines zärtlichen Vaters, und so ein Schäflein mochte "bei ihm aufwachsen zugleich mit seinen Söhnen und ihm sein wie eine Tochter". Der gute Hirt kannte alle aus seiner Herde mit Namen, zählte sie jeden Tag und gab sein Leben für seine Schafe. Hirt sein, bedeutet demnach, eine unerschöpfliche Sorge um die Seinen tragen.

Hirt sein, ist aber auch ein königlicher Beruf. Nicht umsonst nannte die alte Zeit ihren König: Hirt des Volkes. Der Beruf des Hirten reicht in die Anfänge des Menschengeschlechtes zurück, und der Hirtenstab war immer das Abzeichen von Autorität. Die heiligen Patriarchen waren Hirten. Aber wie sie über ihre Herden geboten, so auch mit unumschränkter, ehrwürdiger Gewalt über ihre Familien. Wenn Gott Sich selber den guten Hirten nennt, so will das heißen, daß Er voll Milde, aber auch voll Kraft und Macht über uns steht.

Gottes Vorsehung wollte Seine Herde äußerlich sichtbar d u r ch S t e l l v e r t r e t e r betreuen. Das geschah zunächst durch die Apostel, Männer mit starker Hand und gütigem Herzen. Zwei solcher auserwählten Hirten waren die heiligen Simon und Judas. Die Kirche betrachtet ihr Amt nicht als Last, sondern als Segen und fleht darum an ihrem Fest (wie an jedem Aposteltag): "Es ist in Wahrheit würdig und recht, billig und heilsam, Dich, Herr, demütig anzuflehen, Du wollest als ewiger Hirte Deine Herde nicht verlassen, sondern durch Deine Apostel sie immer schützen und schirmen."

Den Aposteln sind Nachfolger gesetzt, d i e B i s ch ö f e der heiligen Kirche. In ihnen dauert Amt und Würde Christi und der Apostel fort. Wenn wir darum um den Schutz der heiligen Apostel beten, so liegt darin eine Anerkennung der ehrwürdigen Autorität des Bischofs: "Gib, daß jene Männer Deine Herde führen und leiten, die Du ihr gegeben hast, auf daß sie als Hirten und Vorsteher Dein eigenes Wirken fortsetzen."

Die Kirchengeschichte kennt eine Schar wahrer Kraftgestalten unter den katholischen Bischöfen. Bekennermut und Führergröße hat sie immer wieder ausgezeichnet. Die Bischöfe bilden den sichtbaren geistigen Ausgangspunkt des religiösen Lebens im einzelnen Bistum. Die Handauflegung des Bischofs ist der Anfang des Gnadenwirkens in den heiligen Sakramenten, die Wurzel aller echten inneren Frömmigkeit und Heiligkeit. Eine Zeit, die das Wirken der Gnade in den Menschenherzen lebendiger und tiefer aufgefaßt hat, gab darum dem Bischof den bedeutungsvollen Namen "Vater". Blühendes katholisches Leben wird dort sein, wo das Volk im Bischof mit Liebe und Verehrung den Hirten sieht, der das Wirken Gottes und Seiner Apostel mit Kraft und Milde fortführt.

Unsere Kirche kennt nicht nur einen Unterschied zwischen Priester und Laien, die Vorsteher selber sind untereinander in verschiedener Rangordnung abgestuft. Die Kirche ist darin ein Abbild der Welt der Engel, die, verschieden an Macht und Rang, um den Thron des Allerhöchsten sich reihen. Ordnung und Gliederung ist das Werk Gottes. Wie Er in vielen Seiner Geschöpfe Seine eigene Vollkommenheit verschieden widerstrahlen läßt, so sollte deren Mannigfaltigkeit zum Hochgesang Seiner Majestät in wundervoller Harmonie zusammenklingen.

"Darum singen wir alle mit den Engeln und Erzengeln, mit den Thronen und Herrschaften und mit der ganzen himmlischen Heerschar und rufen ohne Unterlaß: Heilig, heilig, heilig, Herr, Gott der Heerscharen, Himmel und Erde sind erfüllt von Deiner Herrlichkeit. Hosanna in der Höhe!"

 

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In Christus Jesus erneuert

Christkönigsfest, am letzten Sonntag im Oktober.

Der Tag, der dem Königtum unseres Herrn und Heilandes gewidmet ist, bildet im kirchlichen Kalender den Abschluß der großen Christusfeste. Er faßt die Ereignisse aus dem Leben Jesu, die wir im Lauf eines heiligen Jahres betrachtet haben, zu einer großen, feierlichen Huldigung an unsern Herrn und Gott zusammen. Mit dieser unserer Weihe und Hingabe an den Christkönig verbindet aber die Kirche einen bestimmten Zweck.

Das Christkönigsfest wendet sich an Menschen, die einen großen Plan freudig erfassen, der nichts anderes ist, als die ch r i s t l i ch e Erneuerung der Welt. Die entchristlichten Völker und Staaten und Familien, die gottlos gewordenen Menschen sollen für die Sache Jesu Christi zurückerobert werden. Die Ansprüche des Heilandes auf die unumschränkte Herrschaft über die Welt sind für uns unbestritten. Aber das heutige Fest soll uns Zu Aposteln Seines Reiches bestimmen. Und wenn wir nicht mehr fähig sein sollten, persönlich, mit Wort und Tat, durch Gebet und Arbeit und Opfer in das Heer, das die Schlachten des Herrn schlägt, einzurücken, so hätte der Christkönigstag für uns seinen Sinn eingebüßt.

C h r i st i .R e i ch muß die ganze Welt umspannen und alle Völker. Nicht daß dadurch irgend ein Staat in seiner Macht oder in seinen guten Rechten bedroht würde, aber jeder Kaiser und König und jeder Staatsmann ist doch ein Geschöpf, das um Christi Blut erkauft ist. Im geistlichen Bereich unterstehen wir alle der Führung Gottes, den christlichen Grundsätzen der Wahrheit, der Gerechtigkeit und vor allem dem großen Gebote der Liebe. Diese Unterordnung unter die milde Herrschaft Christi ist es, die den Völkern Einheit und Frieden bringen wird. Tragen wir, jedes für seinen Teil, das heilige Evangelium in das öffentliche Leben, auf daß die Welt an der Gnade und Lehre Jesu Christi genese. "Die gute Welt vergrößern und die schlechte immer kleiner machen, dafür muß jeder aus uns leben und kämpfen, mit einem Herzen voll Liebe und einem unerschütterlichen Glauben an das Gute."

Die Sache Jesu Christi, für die wir uns einsetzen, ist aber die S a ch e Seiner heiligen katholischen Kirche. Zu allen Zeiten war der Kampf gegen das Christentum vor allem ein Kampf gegen die Kirche. In Wahrheit erstreckt sich das Reich Christi soweit als Seine heilige Kirche. Der Vorrang Christi auf Erden ist der Vorrang Seiner Kirche und ihres Oberhauptes. Wer treu zu Christus hält, der hält zum Papst. In Wirklichkeit weist dieser - im Namen und Auftrag Christi - den Weg Zur Erneuerung der Welt. Der Heilige Vater gab die Richtlinien zur christlichen Lösung der Arbeiterfrage. Er gab die Gesetze für die christliche Ehe. Er hat das Programm für die christliche Jugenderziehung entworfen. Es gibt kein großes Problem der Neuzeit, zu dem der Papst nicht irgendwie Stellung genommen hätte. Und um ihrer heiligen Lehre zum entscheidenden Durchbruch zu verhelfen, ruft die Kirche, eindringlicher denn je, die katholische Laienwelt auf, damit sie an der Seite der Priester für das Reich Christi arbeite, werbe und kämpfe.

Eroberung für das Reich Christi ist Eroberung der einzelnen Seelen. Nicht Gebiete oder Orte werden gewonnen oder verloren, sondern Seelen. Soweit siegt die Sache unseres Herrn Jesus Christus, als ein jeder Seinen Verstand dem Glauben, Seinen Willen dem Gehorsam und sein Herz der Gottesliebe gefangen gibt. Wo Heilige leben, da sind unsere Stützpunkte. Wo Heilige das Pro-gramm Christi vorleben, wird Vertrauen erweckt. Das Reich Gottes ist Gnade und Heiligkeit.

Beim Opfer der heiligen Messe sieht die Kirche mit ausdrücklichen Worten eine Erneuerung der Menschen in jener tiefsinnigen Zeremonie vorgebildet, wo der Priester, beim Offertorium, einen Tropfen Wasser in den Wein mischt. Der Tropfen Wasser geht unter im Wein und er bedeutet nichts anderes als das christliche Volk, das eins wird mit Christus. Wenn wir Christus anhangen und Seiner göttlichen Gnade treu sind, wird eine wahre Lebenserneuerung erstehen:

"Gott, Du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen und noch wunderbarer erneuert: Laß uns durch das Geheimnis des Wassers und Weines teilnehmen an der Gottheit dessen, der Sich herabgelassen hat, unsere Menschennatur anzunehmen, Jesus Christus, Dein Sohn, unser Herr, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. - Amen!"

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Eine Schar, die niemand zählen kann

Fest Allerheiligen: 1. November.

Wer nicht begreift, warum wir Katholiken die Heiligen verehren, der steht vor dem heutigen Fest wie ein Blinder vor Gottes Natur. Uns Katholiken bedeuten die Heiligen und die Gemeinschaft mit ihnen eine ganze Welt voll ungeahnter Größe und Schönheit, wo Gott Vater ist, wo die seligen Kinder Gottes unsere Brüder und Schwestern sind, wo die Engel wohnen und ihre Königin, wo uns eine Heimat erwartet, ein Reich der Gnade und Freude. Wir werfen heute einen Blick in den Himmel, wo die Erfüllung alles dessen ist, was wir ersehnen und lieben, um was wir kämpfen und leiden.

Allerheiligen ist ein G e m e i n s ch a f t s f e s t. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit mit andern gibt dem einzelnen Menschen Zuversicht und Kraft. Wenn das ganz allgemein gilt, wie muß dann eine Gemeinschaft mit den Edelsten und Besten unser Vertrauen stärken und unsern Mut heben. Als Glieder der heiligen Kirche sind wir lebensvoll verbunden mit den Engeln, mit den Patriarchen und Propheten, den Aposteln und Märtyrern, den heiligen Bischöfen und Priestern, mit all jenen, die auf Erden ein reines Herz bewahrt haben und Gott anschauen. Im Himmel ist der Weizen der Erde von allem Unkraut gesäubert. Wie viel Unschuld und Charaktergröße ist in den Heiligen, wieviel Erfahrung und Weisheit, wieviel Geist und Energie, Verdienst und Erfolg, die Frucht einer Unsumme von Arbeit und Opfern. "Wie herrlich ist das Reich, in dem Christus mit allen Heiligen Sich freut!" Und all diese Himmelsseligkeit ist unser, weil wir das gleiche glauben, was die Heiligen jetzt sehen, das gleiche hoffen, was sie erreicht, das gleiche lieben, was sie jetzt in überströmender Freude besitzen.

Aber es ist nicht bloß eine Art Gesinnungsverwandtschaft, die uns den Seligen eingliedert und die unsern Willen mächtig anspornt und zum gemeinsamen Ziele mit fortreißt; ein viel innigeres Band schließt Himmel und Erde Zusammen. Der heilige Johannes sah in der geheimen Offenbarung die Heiligen vor Gottes Thron: "Eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen, Stämmen und Völkern und Sprachen; sie standen vor dem Throne Gottes und vor dem Lamme, angetan mit weißen Kleidern, sie hatten Palmen in ihren Händen, und sie riefen mit starker Stimme und sprachen: Heil unserem Gott, der auf dem Throne sitzt, und dem Lamme. Lob und Herrlichkeit und Weisheit und Dank und Ehre und Macht und Kraft sei unserem Gott in alle Ewigkeit. - Amen!" Was der Seher auf Patmos schaute, ist die Liturgie des Himmels. Aber jedesmal, wenn wir die heilige Messe feiern, werden wir eingereiht in diesen heiligen Chor der Beter. Das Lamm, vor dem die Heiligen singen, wird auf dem Altar unserer Kirchen gegenwärtig, ganz so wie Es im Himmel umrauscht ist von den Liedern der Seligen. Die Millionen, aus allen Stämmen und Völkern, aus allen Nationen und Sprachen, die heute auf dem Erdenrund dem Gottesdienst der Kirche beiwohnen, bilden mit den Heiligen eine gewaltige Gebets- und Opfergemeinschaft. Es ist die gleiche Gnade, die uns alle erfüllt und die hervorgeht aus den Wunden des getöteten Lammes. Und diese gleiche Gnadenkraft schließt uns zusammen zum geheimnisvollen Leibe unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.

Auf diese Gnadengemeinschaft gründet ganz allgemein unser Vertrauen in die Fürbitte der Heiligen. Aber ihr Gebet und ihre Hilfe wird uns nie so wirksam zugesichert, als wie im gemeinsamen Gottesdienst, wo wir das Meßopfer zu Ehren der Diener Gottes feiern. Was wir dabei auf dem Altare verhüllt und im Glauben sehen, liegt offen und sichtbar vor dem verklärten Auge der Seligen. Sie erleben noch einmal vom Himmel her die Geheimnisse unserer Erlösung und schöpfen daraus tiefes inneres Glück und Wonne. Und weil das heilige Opfer von uns und aus unseren Gaben bereitet wird, schenken wir den Heiligen neue Freude und Seligkeit. Wir vermehren ihre Herrlichkeit. Sicher werden sie dafür dankbar am Throne Gottes unser eingedenk sein. Und wenn wir die Verdienste aller Heiligen in einer Feier verehren, wird Gott, ob der Schar der Fürbitter, die ersehnte Fülle Seiner Huld uns nicht vorenthalten.

In Kraft der Gnade Gottes und in Gebets- und Opfergemeinschaft mit Seinen Heiligen gehen wir mit neuem Mut einen Schritt weiter auf dem steilen Weg zur ewigen Heimat.

"Herr, wir bitten: gib dem gläubigen Volke, daß ihm die Verehrung aller Heiligen stets Freude bringe und es durch deren Fürsprache immerdar beschirmt werde. Durch unsern Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. - Amen!"

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Die in Christus ruhenden

Allerseelen: 2. November.

Es macht oft den Anschein, als ob d i e T o t e n die Geschicke der Lebendigen leiten. Im Schmerz um ein Verstorbenes haben schon manche mit Gott gehadert und sind vom religiösen Leben abgestanden. Manchmal hat im Gegenteil ein Todesfall das harte, ausgetrocknete und verwilderte Erdreich der Seele aufgepflügt und der Gnade Gottes geöffnet. Aus der Sorge um die Toten haben sich seit ältester Zeit Gebräuche entwickelt, die für das religiöse Leben der Völker von allergrößter Bedeutung geworden sind. Mit Weisheit hat die Kirche den Einfluß der Toten auf das Leben der Menschen erwogen. Sie steht nicht nur betend und segnend am Sterbebett, sie weiht auch die Erde, in der die Toten ruhen, und hat eigene Gebete und Gedenktage für die Abgestorbenen angeordnet. Vor allem aber lehrt sie über den Tod recht denken und gibt dadurch den Hinterlassenen überreichen Trost.

Die Heiden haben den Verstorbenen eine abgebrochene Säule als Denkmal gesetzt. Sie war ihnen ein Abbild des geknickten und zerstörten Lebens. Aus einem offenen oder versteckten Heidentum des Herzens sehen heute noch ungezählte im Tod vor allem die Auflösung. Sie kennen die beseligende Kraft des Glaubens nicht, nach dem der Tod nichts anderes ist als der Eingang Zur Ewigkeit. Für den Christen hat der Tod seinen Stachel verloren, weil die Toten zu neuem Leben auferstehen. Im Gottesdienst am Allerseelentag, bei der ersten heiligen Messe, wird darum die Frohbotschaft von der Auferstehung verkündet: "Es kommt die Stunde, da alle, die in den Gräbern sind, die Stimme des Gottessohnes hören werden. Und sie werden hervorgehen; die Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens; die aber Böses verübt haben, zur Auferstehung des Gerichtes." Die Auferstehung ist eine der tiefen Grundwahrheiten unseres Glaubens. Das Christentum ist hingeordnet und hingewendet auf die Endzeit unseres Lebens und die Endzeit der Welt. Nur die Auferstehung macht unser Leben wertvoll und sinnvoll. Darum haben die Heiligen den Tod begrüßt und die ersten Christen haben in der ersten Freude über den heiligen Glauben auf die Gräber ihrer Toten die knappen Worte geschrieben: "Bis zur Auferstehung."

Wir nennen den Ort, wo wir unsere Toten bestatten, Friedhof. Die Seelen der Gläubigen, deren Leib in der Erde ruht, sind in Gottes Frieden. Der Vater hat diejenigen, die Er geschaffen, zu Sich genommen, und jetzt ruhen sie im Frieden Christi. Was wir des öftern von den Lebenden gesagt, gilt auch für die Toten: Wir sind Christi Leib, das einzelne ist gleichsam ein Teilchen von Jesus Christus. Darum sterben wir i m H e r r n und ruhen in Jesus Christus. Durch das Evangelium, das heute bei der zweiten heiligen Messe verkündet wird, ist uns die Gewißheit gegeben, daß Christus um alle diejenigen Sorge trägt, die z u Ihm gehören. "Das ist aber der Wille des Vaters, der Mich gesandt hat, daß Ich nichts von dem, was Er Mir gegeben hat, verliere, sondern es am Jüngsten Tage auferwecke." Ein unerschütterliches Vertrauen auf Gottes Güte erfüllt uns um alle jene, die im Stand der heiligmachenden Gnade, in Christus Jesus, gestorben sind.

In der Liturgie des Allerseelentages wird zur dritten heiligen Messe das Evangelium vom "L e b e n d i g e n B r o t" verlesen. Jesus hat uns ein Brot hinterlassen, und wer von diesem Brote ißt, der wird auferstehen und hat das ewige Leben. Der Empfang der heiligen Sakramente und besonders der heiligen Wegzehrung ist die beste Gewähr für eine glückliche Ewigkeit. Wir dürfen getröstet sein über das Los jener Verstorbenen, die auf Erden oft mit dem Brot der Engel genährt wurden. Die Armen Seelen sind vollständig unfähig, aus sich selber vor Gott Gnade und Erbarmen zu finden; einzig ihr Leiden vermag der göttlichen Gerechtigkeit Sühne zu tun. Aber die Kommunion, die sie auf Erden empfangen, hat sie in die Gemeinschaft der Heiligen versetzt. Als Glieder eines geheimnisvollen Leibes kommen wir durch Gebet und gute Werke, besonders aber durch die gemeinsame Feier der heiligen Messe den leidenden Brüdern im Fegfeuer Zu Hilfe. "Das eucharistische Opfer ist im Himmel die Glorie der Auserwählten und wäscht im Fegfeuer durch das Blut des Erlösers die Makel jener Seelen ab, die mit Jesus in Glaube, Hoffnung und Liebe vereint sind."

"Herr, wir bitten: gib, daß die Seelen Deiner Diener und Dienerinnen, durch das heilige Opfer gereinigt, Vergebung erlangen und ewige Ruhe. - Amen!"

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Die Wohnung des Heiligen Geistes

Fest Mariä Opferung: 21. November.

Nach der Ueberlieferung wurde Maria, noch im Kindesalter, von ihren Eltern in Jerusalem Gott geweiht, um als Tempel Jungfrau dem Heiligtum zu dienen in Gebet und Arbeit. Die Legende hat den geschichtlichen Kern von Mariä Opferung mannigfach umsponnen. So wird berichtet, daß Joachim und Anna das Mädchen schon im Alter von drei Jahren dem Herrn Zugeführt haben. Der heilige Erzbischof Germanus von Konstantinopel schildert umständlich den Vorgang, so wie ihn etwa im achten Jahrhundert frommer Sinn ausgemalt hatte. Wir folgen seiner Erzählung. Kostbarer als die Worte der Legende ist das Marienlob, das durch jeden Satz durchschimmert.

Kaum war Maria soweit h e r a n g e w a ch s e n , daß sie der Mutter entbehren konnte, entließen sie die Eltern, durch ein Gelübde vor Gott gebunden. Die Mutter Anna scharte die Jungfrauen der Nachbarschaft um sich, gab ihnen brennende Fackeln in die Hände und ordnete sie zu einer Prozession, die Maria voranging. Das Kind, von Anna und ihrem Gatten geführt, folgte, ohne umzuschauen, dem Glanz der strahlenden Lichter. Und die heilige Mutter pries laut den Herrn, so wie es der Feier entsprach. Inzwischen war man an die Schwelle des Tempels in Jerusalem gekommen. Die Tore öffneten sich, um diejenige aufzunehmen, die in geistiger Weise die Pforte des Herrn genannt wird. Die Schwelle wurde geheiligt, da sie die Fuße Mariens betraten. Es schimmerte der Tempel im Licht der Lampen, aber viel heller sind die Strahlen, die aus Maria, der lebendigen Gotteslampe, das Heiligtum erfüllen. Sie verleiht der alten Zier des Gotteshauses neuen Glanz. Aus dem Kleid der Jungfrau bricht ein Leuchten, wie Purpur, das den Opferaltar überzieht. Es freut sich der Priester Zacharias, der heilige Joachim frohlockt, und es jubelt die ehrwürdige Mutter Anna. So wird das Gotteskind zum Altar geleitet, zwischen den segnenden Eltern und dem betenden Priester.

Nun wandten sich Joachim und Anna an den Priester und sagten: Nimm diejenige auf, die das unsichtbare Feuer vom Himmel empfangen wird! Nimm sie auf, die wie ein Gefäß den Einen Gott aufnimmt! Fuhre diejenige Zum Altare, die uns ins Paradies zurückgeleitet! Halte sie, die den Tod und den Fürsten der Holle bezwingt! Schließe sie in deine Arme ein, die unsere schmählich beraubte und entblößte Natur zudeckt! Fasse sie bei der Hand, die denjenigen in Windeln wickeln wird, der die Gewalt der sündigen Leidenschaft bricht! Weihe sie Gott, die unsere Stütze und unsere Hoffnung ist.

Und Zacharias nahm Maria auf. Und zuerst pries er die Eltern eines solchen Kindes glücklich. Dann aber grüßte er die neue T e m p e l j u n g f r a u : Tritt heran, Mädchen, erhabener als der Himmel. Du scheinst nur ein Kind zu Sein, wirst dich aber als Gottes Werkstatt offenbaren. Schaue hinein in das heilige Gemach, dessen kostbares Kleinod du Sein wirst. Reich mir die Hand, aber Sei mir Stütze. Schreite um den Altar, die du allen Wohlgeruch verbreitest, duftender als Weihrauch. Sitz nieder, Herrin, die du selber ein erhabener Thron Gottes bist. Höre, Tochter, und sieh, und neige dein Ohr! Vergiß dein Volk und das Hans deines Vaters, und der König der Herrlichkeit wird Verlangen haben nach deiner Schönheit. - So sprach der Greis. Die Eltern zogen sich inzwischen zurück. Das Mädchen aber blieb als Gottgeweihte im Tempel.

Soweit die Legende. Das Fest Mariä Opferung feiert aber ein wirkliches Geheimnis im Leben der Gottesmutter, nämlich ihre volle Hingabe an den Herrn von frühester Jugend an. Was äußerlich durch die Weihe im Tempel geschah, hat Maria innerlich durch ein freiwilliges, heiliges Gelübde vollendet. Nach der allgemeinen Lehre unserer Kirche hat Maria als erste unter den Menschen das Gelübde unversehrter Jungfräulichkeit abgelegt. Ohne je die leiseste Regung der Begierlichkeit zu erfahren, hat sie die Blüte ihrer Jugend Christus geopfert und ist so zum Vorbild geworden für eine große Schar aus beiden Geschlechtern, die Leib und Seele unversehrt für Gott bewahren, um für Gott Frucht zu bringen. Als Jungfrau geht sie den Priestern des Neuen Bundes voran, die für den Dienst am Heiligtum, für den Dienst am Leibe Christi die Verpflichtung zu jungfräulicher Keuschheit übernehmen. Der Aufblick zu Maria wird immer wieder in gesunden und starken Menschen das Verlangen wecken, um des Himmelreiches willen, an Leib und Seele unversehrt zu bleiben.

Als Maria im Tempel Gott geweiht wurde, war sie durch die Unschuld selber schöner als jedes Gotteshaus. Bewahre deinen Leib in Keuschheit als Wohnung des Herrn, auf daß du würdig werdest im Heiligtum des Himmels Gott zu schauen:

"Gott, Du wolltest, daß die heilige, allzeit reine Jungfrau Maria, die Wohnung des Heiligen Geistes, am heutigen Tag im Tempel Deinem Dienste geweiht werde; wir bitten: verleihe, daß wir auf ihre Fürsprache dereinst vor Dir erscheinen dürfen, im Tempel Deiner Herrlichkeit. - Amen!"

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Die Wohnung Gottes

Fest der Kirchweihe.

Inmitten der menschlichen Siedelung erhebt sich die Kirche. Ihren Grundstein und ihre Mauern hat der Bischof gesegnet. Das Herz der Kirche ist der Altar. Auch er ist geweiht und mit heiligem Oel gesalbt. Er stellt den Brennpunkt des religiösen Lebens in der Gemeinde dar, weil auf ihm das Opfer Jesu Christi vollzogen und weil er wie aus einer Quelle die heiligen Sakramente speist, die unser kostbarer Kirchenschatz und der innerste Wert unserer heiligen Religion sind. Die Sakramente machen die Kirche zum Haus Gottes und zum Haus der Gnade. Durch die heilige Eucharistie wird Gott gnadenvoll wahrhaft, wirklich und wesenhaft gegenwärtig auf dem Altar. Die heilige Taufe gibt uns Hausrecht in der Wohnung Gottes, gliedert uns ein in Seine heilige Familie. Die heilige Kommunion ist das Brot der Kinder Gottes, die innigste Vereinigung mit Gott. Eine wunderbare Werkstatt Gottes ist die heilige Beicht, wo das Sündhafte und Fehlerhafte au uns abgewaschen, und die Seele, geläutert und geheiligt, für neue Gnaden zubereitet wird. Im Sakrament der Firmung werden wir befähigt, die Gnaden, die wir aus dem Gotteshaus ins Leben hinaus tragen, kraftvoll zu schützen. Das Sakrament der Ehe endlich weiht die Eltern zu ihrem hohen Beruf, der nichts anderes ist, als der Kirche neue Glieder zu schenken, denen sie von neuem ihre unerschöpflichen Gnaden austeilen wird. So ist der Altar mit unserem heiligen Opfer tatsächlich der Mittelpunkt allen religiösen Lebens und die Kirche "eine Stätte voll heiliger Schauer, deren Name ist: Wohnung Gotte s".

Die Kirche ist aber nicht nur die Opferstätte Christi, sie ist auch der sinnenfällige Ausdruck unserer eigenen Opferbereitschaft und Opfergemeinschaft. Die Kirche erhebt sich aus den Gaben und Spenden des Volkes. Schon bei der Grundsteinlegung der Kirche erfleht der Bischof Gottes Segen für alle, die "in reiner Absicht" zum Baue beitragen. Es liegt darin ausgesprochen, daß die Kirche eine Weihegabe der gläubigen Gemeinde ist.

Nicht umsonst haben erfahrene Seelsorger die Beobachtung gemacht, daß dort religiöses Leben blüht, wo das Volk zum Bau und zum Unterhalt des Gotteshauses materielle Opfer bringt. Die ungezählten Dome und Kathedralen und Kirchen, die über den Erdboden zerstreut sind, bedeuten in tief religiösem Sinn Denkmäler katholischer Opferbereitschaft und Opfergemeinschaft. Wo das Volk keinen Willen hat, zur Schönheit des Gotteshauses und Gottesdienstes beizutragen, fehlt ein Kernstück im religiösen Leben der Pfarrgemeinde, und man sollte dort am Tag der Kirchweihe das Offertorium aus dem Meßbuch nicht singen dürfen: "Herr, Gott, in meines Herzens Einfalt hab ich alles freudig dargebracht; auch sah ich das Volk in übergroßer Opferfreude; Gott Israels, bewahre diesen Willen. Alleluja."

Wo das Volk die Bausteine herschafft, hängt es an seiner K i r ch e. Die Kirche ist ja tatsächlich nicht bloß die Wohnung Gottes, sondern auch das Haus Seiner heiligen Gemeinde. Sie schließt die Pfarrgemeinde Zusammen. Nicht bloß äußerlich. Die Pfarrgemeinde, die sich zur Feier der heiligen Glaubensgeheimnisse im Gotteshaus einfindet, bildet den e r st e n katholischen Verein. Sie stellt einen lebendigen Zusammenschluß dar, lange bevor wir durch irgendwelche Statuten zu einer Sonderbestrebung aneinander gereiht werden. Unabhängig und vorgängig jedem Verband sind wir Katholiken eins durch den gleichen Glauben und durch die nämlichen Sakramente. Wir Sind "organisiert" durch die Gnade, in Jesus Christus. Auf dieses Gemeinschaftsband sollten wir uns mehr besinnen. Unsere gemeinsame Kraft liegt für uns Katholiken in der Gnade.

Dabei ist nicht bloß die große Weltkirche "in Christus organisiert", sondern überall dort, wo in der Gemeinschaft der Kirche eine besondere Autorität sich rechtlich geltend macht, ersteht eine gesonderte, in sich geschlossene Einheit. Dem gläubigen Volke ist der nächste Stellvertreter Gottes der Pfarrer der Gemeinde. Und um ihn schließt sich als Gottesfamilie die Pfarrei. In der Anerkennung des vom Bischof gesandten Pfarrers und in der Gemeinschaft mit den Gliedern der Pfarrgemeinde ergibt sich praktisch der Boden für das religiöse Leben des einzelnen Christen. Die Treue zur Pfarrkirche und die Anteilnahme am gemeinsamen Gottesdienst ist der natürliche Ausdruck einer gesunden christlichen Religiosität. Die Pfarrkirche mit der täglichen heiligen Messe zieht den einzelnen wirksam in das geheimnisvolle Leben und Opfer Jesu Christi hinein. In ihr vollziehen sich die heiligen Sakramente, die Gewähr und Vorgeschmack der Himmelsseligkeit sind.

"Gott, hilf Deinem Volke, und wenn Deine Gemeinde durch den Bau des Gotteshauses an äußerem Räum gewonnen hat, So laß sie eben dadurch an innerem Wachstum reich werden. - Amen!"

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Heilige Predigt

Fest des heiligen Apostels Andreas: 30. November.

Man hat einmal einen Mann von niederer Herkunft, der sich zu hoher Würde aufgeschwungen, nach seinen Ahnen gefragt. Und der Emporkömmling gab zur Antwort: "Ich bin mir selber mein Ahne." Das war ein brutales Selbstbewußtsein. Aber etwas von diesem Geist war einst das Kennzeichen einer ganzen Generation. Man wollte ganz allgemein die Vergangenheit durch eigene Werte ersetzen, mit der Ueberlieferung brechen und die alte Zeit zum alten Eisen werfen. Man war sich selber Lehr- und Schulmeister und Ahne geworden. Der Franzose Rousseau hat im achtzehnten Jahrhundert geradezu die Losung ausgegeben: "Tut das Gegenteil von dem Herkömmlichen, und ihr werdet fast immer das Rechte treffen!" Diese wurzellose und rücksichtslose Unabhängigkeit ist nicht christlich. Uns bedeutet Geschichte und Ueberlieferung und Erfahrung etwas Heiliges. Ehrwürdig ist uns die Schule, der Unterricht, die Predigt, wo man hört und lernt und glaubt. Daran erinnert die Lesung am heutigen Aposteltag: "Wie sollen die Menschen Gott anrufen, an Den sie nicht glauben? Oder wie sollen sie an Den glauben, von Dem sie nichts gehört haben? Und wie sollen sie von Ihm hören, wenn nicht gepredigt wird?"

Freilich nicht jeder hat das Recht, daß man auf ihn hört, und nicht jeder vermag eine Ueberlieferung zu begründen, sondern nur derjenige, der r e ch t m ä ß i g g e s a n d t ist. Einer aus dieser Zahl der Gesandten Christi ist der heilige Andreas. Weil unser Glaube auf der Predigt der Apostel beruht, gilt der Apostelberuf dem christlichen Volke als etwas überaus Heiliges. Die Aposteltage waren ehedem Feiertage. In ungewöhnlicher Gehobenheit preist die Liturgie die Würde des Apostelamtes mit den Worten: "Wie schön sind die Füße derer, die den Frieden verkünden, die Frohbotschaft bringen." Nie haben Füße etwas in die Welt hinausgetragen, was uns glücklicher machen könnte. Nie wurde den Menschen bedeutungsvollere Botschaft gebracht, als die Predigt der Apostel. Mit großem Dank gegen Gott werden wir heute die Gnade erwägen, daß wir durch die Apostel und die apostolische Kirche zur Erkenntnis der Wahrheit geführt sind. Vom heiligen Andreas ist überliefert, daß er das Evangelium in Kleinasien und im Balkan verkündet und so für seinen Teil mitgewirkt hat, daß der Ruf der Apostel an viele, an die ganze Welt erging und ihr Wort bis an die Grenzen der Erde drang.

Die Macht der zwölf Männer, die den Erdkreis dem Evangelium unterworfen haben, bleibt ewig denkwürdig. Ein paar Arbeiter sind die "Fürsten der Erde" geworden und brachten es zustande, die Welt über Nacht christlich zu machen. Der Predigterfolg der Apostel war ja ohne Zweifel Gottes Werk. In etwa aber auch Menschenwerk. Ihr Wort hat gezündet und eingeschlagen, weil es von der ganzen Hingabe an den Beruf getragen war. Sie hingen an ihrem Beruf mit dem Eifer der Liebe, den der Apostel schildert: "Wie eine Mutter ihr Kind hegt, so waren wir voll zärtlicher Liebe zu euch und waren darauf bedacht, euch nicht nur das Evangelium Gottes mitzuteilen, sondern unser ganzes Herz euch zu schenken, weil ihr uns so lieb geworden wäret." Die Hingabe der Apostel an den Beruf war restlos, bis zum blutigen Opfer des Lebens. Das hat ihre Worte fruchtbar gemacht, das war das Höchste und Letzte im Leben des Jüngers - ganz gleich wie einst im Leben des Meisters.

Wir begehen das Fest des heiligen Andreas durch die Feier der heiligen Eucharistie. Aus dem Opfer Jesu Christi wurde dem Apostel die Gnadenkraft zu seinem hohen Berufe. Alles aber, was das Leben und Wirken des Heiligen einst wertvoll gemacht hat, wird in der heiligen Messe am heutigen Tag aufs neue gegenwärtig und wirksam. Im Opfer Jesu auf dem Altar ist das Opfer des heiligen Apostels enthalten wie die Frucht im Samenkorn. Es ist e i n Opfer, das des Heilandes und das des Apostels, weil der Jünger in Jesus bleibt, wie der Rebzweig mit dem Weinstock verbunden ist. In der gleichen Feier sind wir nicht nur eingedenk des heilbringenden Leidens, der Auferstehung von den Toten und der glorreichen Himmelfahrt unseres Herrn Jesus Christus, sondern auch des Martyriums und der Verherrlichung Seines Heiligen, und in Jesus Christus wird auch der Apostel Andreas zur reinen, heiligen, makellosen Opfergabe vor der erhabenen Majestät Gottes.

Es sei unser ständiges Gebet an jedem Aposteltag, daß aus der Kraft der heiligen Messe neue Apostel unter uns erstehen, die ihre Predigt durch ihr Opfer wirksam machen. Tatsächlich erscheint der Herr bei der Feier der heiligen Geheimnisse unter uns, wie einst am Galiläischen Meere, und tatsächlich beruft Er wieder Apostel, und immer wieder öffnen sich großmütige Seelen dieser Gnadengabe.

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Von Ewigkeit vorherbestimmt

Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariä: 8. Dezember.

Heute ist das erste Marienfest, der Anfang und der Ausgang der Marienverehrung im Kreislauf des Kirchenjahres. Die Empfängnis Mariä ist der erste Augenblick in einem wundervollen Dasein, die Knospe, aus der sich reich und schön ein heiliges Leben entfaltet. Mariä Empfängnis ist wie ein Morgen, der still und voll Erwartung aufgeht, rein und unberührt.

Maria ist der Natur gemäß in das Leben eingetreten wie jedes andere Menschenkind, und doch hebt schon ihre Empfängnis sie weit über ihresgleichen hinaus und stellt sie vor die ganze Schöpfung. Gott gibt Seine Gaben und Gnaden nach dem Maß der zugewiesenen Lebensaufgabe. Die Bestimmung der allerseligsten Jungfrau ist so erhaben, daß ihr von Anfang an eine ungewöhnliche Gnadenfülle zuteil wird. Demzufolge steht sie zunächst über dem Gesetz der Erbsünde, das sonst alle Menschen erfaßt und auf der ganzen, sichtbaren Schöpfung schwer und drückend liegt. Diesen ersten Gnadenerweis Gottes an Seinem auserwählten Kind feiert heute die heilige Liturgie.

Es gab Menschen, die haben auf Erden eine Zeitlang nach ihrem Gutdünken, im großen Stil geschaltet und gewaltet. Sie haben Landesgrenzen verschoben, Königreiche von der Hand weg verteilt: die Welt aus den Angeln gehoben. Freilich, über kurz oder lang hat sich dann herausgestellt, daß sie nur die Wege gegangen sind, die Gott gewollt hat. Und mochten sie schließlich auch die Menschen nach ihrem Willen beugen, die Fundamente der Erde blieben unerschüttert. Es ist nur ein Einziger, der stand am Anfang aller Wege Gottes und war dem Vater zur Seite und setzte die Sterne an den Himmel und grub die Tiefen der Meere und türmte die Bergmassen auf und ordnete alles. Das ist die Ewige Weisheit, der Sohn Gottes, der vom Vater ausgegangen und sichtbar und leibhaftig auf Erden erschienen ist, Jesus Christus, hochgelobt in Ewigkeit. Christus, der Gottmensch, ist der Anfang und das End-Ziel der Schöpfung, nach Würde und Rang ihr Erstgeborener. Alles ist für den Sohn Gottes und durch Ihn erschaffen.

Aber mit Jesus ist ein Geschöpf lebendig und innig verbunden, so daß es in Ihm und mit Ihm und durch Ihn über dem Weltall steht, die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria. Wie Jesus vorherbestimmt war, Sohn Gottes zu sein, so war Maria in einem und demselben Ratschlusse auserwählt, Seine Mutter zu werden. Gott hat Jesus und Maria von Ewigkeit her zu ununterbrochener Lebensgemeinschaft verbunden.

Was im Plane Gottes für Jesus galt, daran nahm Maria in ihrer Weise Anteil. So war sie in den ewigen Ratschlüssen am Anfang bei Gott. Als der Vater die Himmel durch Christus und für Christus schuf und durch Ihn und für Ihn die Grundfesten der Erde legte, da war auch Maria zugegen.

Was Gott von Ewigkeit her mit Maria vorhatte, ließ Er in der Fülle der Zeiten Wirklichkeit werden. Die alte Schöpfung war durch die Sünde Adams zerrüttet und in ihrer Bestimmung verkehrt. Da hat Gott eine neue Schöpfung ins Leben gerufen, ein neues Menschengeschlecht voll Gnade und Heiligkeit. Und der wirkliche Anfang dieser Neuschöpfung ist Maria. Sie war gleichsam ein anderes Paradies, aus dessen Erde Gott einen neuen Adam formte, nämlich Jesus Christus. Ihr Fleisch wurde das Fleisch des Gottessohnes, unseres Erlösers, der der Vater all derer ist, die der Apostel "aus Gott Geborene" nennt. Maria ist die geheimnisvolle Wurzel eines heiligen Reiches und Volkes. Und deshalb ist sie selber sündenrein und makellos. Gott hat die Welt für jene geschaffen, die in der heiligmachenden Gnade leben. Und deshalb nennt der heilige Bernhard Maria die Mitte der Erde, den Urgrund aller Dinge, die große Angelegenheit aller Jahrhunderte, auf die alles hinschaut, was im Himmel auf Erden und unter der Erde ist. In ihr fanden die Engel Freude, die Gerechten Gnade, die Sünder Verzeihung. In ihr ist alles neu gemacht, was Gott von Anfang an geschaffen hat.

Jetzt erst verstehen wir den tiefen und vollen Sinn des Engelsgrußes im heutigen Evangelium: "Gegrüßt seist du, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Weibern." Gegrüßt seist du, Maria, du Quelle der Gnade und der Unsterblichkeit. Du bist der Sitz der Ewigen Weisheit, der vollkommenen, reinen göttlichen Majestät. An der Seite Jesu bist du das erste und gepriesenste unter allen Geschöpfen, du gabst so wunderbares Leben wie keine andere Frau und Mutter. - Ave Maria!

Es kommt alles darauf an, daß auch wir eingegliedert werden in dieses heilige Gottesreich, das in Mariä seine Wurzel hat. Wie erhebend schildert es der heilige Petrus als "ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, einen heiligen Stamm, ein Gott zu eigen erworbenes Volk". Einst bei der heiligen Taufe wurde unserer Seele die Bestimmung und Eignung zu diesem Gottesvolk unvergänglich eingeprägt. Möge die Feier der heiligen Glaubensgeheimnisse die Wirkung des Sakramentes in uns erneuern.

"Herr, unser Gott, die Sakramente, die wir empfangen haben, mögen in uns die Wunden jener Schuld heilen, wovor Du Maria, die heilige, in ihrer unbefleckten Empfängnis einzigartig bewahrt hast. - Amen!"

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